Und jetzt, Frau Eymann?

Die Missstände bei der Basler Kantonspolizei sind so gravierend, dass selbst die Polizeidirektorin schockiert ist. Im Kurzinterview spricht sie über die Rücktrittsforderungen an den Polizeikommandanten, die Notwendigkeit eines grundlegenden Kulturwandels und welche Massnahmen schon bald umgesetzt werden könnten.

Stephanie Eymann
Stephanie Eymann (LDP) stehen hohe Erwartungen an Reformen bei der Polizei bevor. (Bild: Keystone/JSD - Collage: Bajour)
Grosser Polizeieinsatz an der Kundgebung gegen die von der Pnos (Partei national orientierter Schweizer) organisierten Demonstration gegen den UNO-Migrationspakt in Basel, am Samstag, 24. November 2018. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Missstände bei der Basler Polizei

Der umfassende Bericht zur Befragung von 372 aktuellen und ehemaligen Polizist*innen zeichnet das Bild einer personell überlasteten Kantonspolizei, die geprägt ist von einer Kultur der Angst, autoritärem Führungsstil, mangelnder Wertschätzung sowie strukturellen Problemen im Umgang mit weiblichen Mitarbeiterinnen und Rassismus.

Zum Bericht

Frau Eymann, wie geht es Ihnen?

Es war ein fordernder Tag. Ich war auch beschäftigt mit der Lektüre des Berichts, der mich im ersten Moment ein bisschen sprachlos gemacht hat. 

Was beschäftigt Sie besonders?

Die Vielfalt und die Tragweite der Themen, das ist ja eine breite Palette an Missständen, die aufgezählt werden. Die konkreten Punkte des mangelnden Vertrauens und der Kultur der Angst höre ich nicht zum ersten Mal. Aber ich hätte nicht mit diesem massiven, strukturellen Ausmass gerechnet. 

Von vielen Seiten wird jetzt bereits von personellen Konsequenzen in der Polizeileitung gesprochen. Was sagen Sie dazu?

Wie auch Sie habe ich den Bericht heute zum ersten Mal gesichtet. Es wäre nicht seriös, nun zu sagen: «Folgende Köpfe müssen rollen.» Ich will auch die Möglichkeit nutzen, noch Rückfragen an Markus Schefer zu stellen, um wohlüberlegt zu handeln. Aber ich will nicht ausschliessen, dass es auch personelle Massnahmen geben wird.

Wie wollen Sie den im Bericht geforderten Kulturwandel in die Wege leiten?

Die Angstkultur und der Umgang mit Frauen wird eindrücklich beschrieben, das müssen wir professionell aufarbeiten. Einen wirklichen kulturellen Wandel erhalten wir aber nicht per Kippschalter oder indem wir einen Kopf auswechseln. Ohne jetzt schon Details nennen zu können, bewegen wir uns aber in einem Kulturprozess, der bestimmt eher langfristig angelegt ist.

Welche Probleme könnte man denn mit kurzfristigen Massnahmen sofort anpacken?

Bei den rein planerischen Problemen, die nicht die Führungskultur betreffen, müssen wir schauen, ob wir wirklich alles rausgeholt haben, um Entlastungen zu schaffen. Das betrifft das Themenfeld Freizeit, Zusatzdienste und Dienstplanung. 

Wann werden die Prozesse losgehen?

Wir werden übermorgen noch keine Entlastung haben, aber ich werde mir die 30 Empfehlungen von Markus Schefer übers Wochenende nochmal genau anschauen und Sofortmassnahmen identifizieren. Auch hier will ich die Gelegenheit nutzen, bei ihm Rückfragen zu stellen. Dann müssen wir uns ein Drehbuch überlegen, was sich mit welchem Zeithorizont umsetzen lässt. Darüber werde ich zeitnah in einer Medienkonferenz informieren.

Das könnte dich auch interessieren

David Rutschmann und Christophe Schneider

David Rutschmann am 18. November 2024

«Ich habe mir für die Einbürgerung keinen Timer gestellt»

Deutsche sind die grösste ausländische Diaspora in Basel, sie machen neun Prozent der Basler Bevölkerung aus. Zwei von ihnen: Christophe Schneider, der sich seit sechs Jahren nicht einbürgern lässt, und David Rutschmann, der noch acht Jahre warten muss. Ein Gespräch über das Ausländer*innenstimmrecht, Bürokratie und Zugehörigkeit.

Weiterlesen
Christophe Haller (FDP), Tamara Hunziker (FDP), Markus Grob (SVP), Franziska Stier (BastA), Christian Heuss (SP), Emélie Dunn (Grüne), Alexander Gröflin (SVP), Miriam Dürr (SP), Hannes Hui (SP), Marina Schai (Mitte) und Martin Leschhorn (SP).

Ernst Field,David Rutschmann am 13. November 2024

Das Nachrückenden-Parlament

In der kommenden Legislatur werden wahrscheinlich einige altgediente Grossrät*innen wegen der Amtszeitsbeschränkung zurücktreten. Wir haben jetzt schon jene Politiker*innen getroffen, die für sie nachrücken würden.

Weiterlesen
Trump ist wieder da Kommentar

Ina Bullwinkel am 08. November 2024

Die Abgehängten an Bord holen

Auch die US-Wahlen zeigen: Die progressive Linke findet kein Mittel mehr, die zu erreichen, die sich wirtschaftlich zunehmend abgehängt und moralisch unterlegen fühlen: Männer. Ein Kommentar von Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Weiterlesen
Gastkommentar Patricia von Falkenstein-1 (1)

Patricia von Falkenstein am 08. November 2024

Für faire Regeln und gegen Missbrauch!

Die beiden Mietrechts-Vorlagen zur Untermiete und zum Eigenbedarf sorgen für faire und klare Regeln, schaffen Rechtssicherheit und schützen vor Missbrauch. Davon profitieren insbesondere auch Mieterinnen und Mieter, schreibt Nationalrätin Patricia von Falkenstein.

Weiterlesen
David Rutschmann

Das ist David (er/ihm):

Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitk. Way too many Anglizismen.

Kommentare

IMG_0275
Lilian Schär
MTRA/HF in Pension

Missstände bei der Basler Polizei

Frau Eymann wird sicher einen Weg finden, um diese Probleme zu lösen, die ja leider nicht neu sind ... Mein Vertrauen hat sie 100% und wünsche ihr viel Glück ein gutes Gelingen mit konstruktiven Ideen und Lösungsvorschlägen.