Flugzeug ein «sehr sauberes Verkehrsmittel» – echt jetzt?
Das Basler Parlament schickt ein Zeichen nach Bern und stellt sich hinter die Nachtzugverbindung nach Skandinavien. In der Debatte wollte die SVP das Image des Fliegens aufpolieren. Ein Faktencheck.
In Basel in den Zug steigen und nach 1400 Kilometern und 16 Stunden Fahrzeit in Malmö aussteigen – das versprechen die SBB mit der geplanten Nachtzugstrecke ab Frühling 2026. Weil die zuständige Ständeratskommission die dafür geplanten Subventionen gestrichen hat, ist unklar, ob die Verbindung überhaupt zustande kommt. Dies hat am Mittwoch den Grossen Rat auf den Plan gerufen, der sich in einer Resolution für die Realisierung des Nachtzugs ausspricht.
Der Grosse Rat sprach sich deutlich mit 68 zu 25 Stimmen für die Resolution aus der SP aus – weil Nachtzüge einen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnten und weil internationale Zugverbindungen zur Attraktivität und der Vernetzung der Stadt beitrügen. Gegen die Resolution argumentierten FDP und SVP. Während Basel aus Sicht des Freisinns zu viel fordere (Stichwort: Herzstück), ging es der SVP auch darum, das negative Image des Flugverkehrs aufzupolieren. Dem Faktencheck hält ihre Argumentation aber nicht stand.
So behauptete SVP-Grossrat Lorenz Amiet im SRF-Regionaljournal am Mittwochmorgen unwidersprochen: Das Flugzeug sei «deutlich ökologischer, als wir das Gefühl haben». Es sei «ein sehr sauberes Verkehrsmittel». Und in der Grossratsdebatte zum Thema zweifelte er eine von SP-Grossrat Tim Cuénod gezeigte Grafik an mit den Worten: «Frei nach dem Motto: Traue keiner Grafik, die du nicht selbst gefälscht hast», und sagte, er habe es nachgeschaut: Easyjet fliege mit weniger als einem Viertel des CO2-Ausstosses, der in der Grafik gezeigt wurde.
Weder im Regi noch im Grossen Rat folgte eine ausführliche Einordnung der Fakten. Das holen wir an dieser Stelle nach:
Sauber ist anders
Entgegen der Behauptung von Amiet ist das Flugzeug keineswegs ein «sehr sauberes» Verkehrsmittel. Flugverkehr ist die klimaschädlichste Art der Fortbewegung – und der Flugverkehr nimmt zu. Das veranschaulichen die Zahlen des Bundes:
- 2023 betrug der Treibhausgas-Ausstoss der Schweiz insgesamt 40,85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (diese Masseinheit wird verwendet, um die Klimawirkung verschiedener Treibhausgase vergleichbar zu machen).
- Davon geht rund ein Viertel (10,53 Millionen Tonnen) auf die Kappe des Personenverkehrs wie PKWs und Reisebusse.
- 0,57 Millionen Tonnen entstehen in der Kategorie «übriger Verkehr» – zu dem neben der Bahn auch die Schifffahrt und Militär gehören.
Angemerkt sei auch: Im Total der fast 41 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente noch nicht eingerechnet sind die Emissionen des internationalen Flugverkehrs. Sie werden mit weiteren rund 5 Millionen Tonnen ausgewiesen, wobei aus Basler-Optik ironischerweise die Emissionen des Euro-Airports nicht gezählt werden. Er steht schliesslich auf nicht auf Schweizer Boden.
Welche Emissionen werden berücksichtigt?
Zum zweiten Punkt Amiets bezüglich der unterschiedlichen Angaben beim verursachten CO2: Diese lassen sich mit Messwerten erklären. Wer «nur» die Folgen des CO2-Ausstosses durch das Verbrennen von fossilen Brennstoffen (z. B. Kerosin) berücksichtigt, denkt zu wenig weit. Neben klimaschädlichem CO2 werden beim Fliegen auch noch weitere Emissionen verursacht – etwa Wasserdampf, Stickoxide oder Schwefeloxide – die das Klima belasten. Es sei angemerkt: Diese Berechnungen sind äusserst komplex. Der Bundesrat räumte mit Blick auf eine Empfehlung der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz ein, die CO2-Emissionen des Luftverkehrs müssten mit Faktor 3 gewichtet werden, um die weiteren Nicht-CO2-Emissionen zu berücksichtigen.
Gemäss eigenen Angaben aus dem neuesten Annual Report stösst Easyjet pro Passagier-Kilometer knapp 67 Gramm CO2 aus. Auf die Strecke Basel – Kopenhagen hochgerechnet wären das mit einer Luftlinie von 965 Kilometern 64 Kilogramm CO2. Nicht berücksichtigt sind hier die eben erwähnten weiteren schädlichen Emissionen, die in CO2-Äquivalenten eingerechnet werden könnten.
Die von Tim Cuénod gezeigte Grafik stammt von der Beratungsfirma ESU-Services, die anlässlich der politischen Debatte die Klimabilanz der verschiedenen Reiseoptionen von Bern nach Kopenhagen, Malmö und Stockholm vergleicht (für die Strecke zum Flughafen ist jeweils eine Taxifahrt eingerechnet). Sie rechnet die zusätzlichen Emissionen mit ein und weist deshalb CO2-Äquivalente aus. Das erklärt die um ein Vielfaches höheren Zahlen beim CO2-Ausstoss. Die dort aufgeführten Emissionen decken sich etwa mit den Berechnungen des CO2-Rechners der Stiftung Myclimate.
Es lässt sich also festhalten: Fliegen ist nicht ökologischer als gedacht und auch kein sauberes Verkehrsmittel. Im direkten Vergleich kommen Züge immer deutlich besser weg.