Gleichstellung am Start, nicht Gleichheit im Resultat
Die FDP Basel-Stadt geht mit Eva Biland ins Regierungsratsrennen. Dass die Medien ihr Geschlecht in den Vordergrund stellen und so Frauen als Quote oder Wahltaktik wahrgenommen werden, stört Tamara Alù. Die Vizepräsidentin der FDP wünscht sich einen Wandel in der Wahrnehmung. Eine Replik.
Vergangene Woche hat die FDP Basel-Stadt ihre Regierungsratskandidatin nominiert. «Und dann ist da natürlich die Frauenkarte, die Biland geholfen haben dürfte» oder «Die Fasnachtsclique Stainlemer entdeckt die Frauen. Genauso wie die Basler FDP», lauteten in diesem Zusammenhang die Schlagzeilen auf bajour.ch. Die vorherrschende öffentliche Wahrnehmung, nicht nur der FDP Basel-Stadt als Partei, sondern auch der Frauen als Quote oder Wahltaktik, erscheint mir ebenso sinnbildlich wie stossend. Dies nicht nur als Präsidentin der FDP Frauen Basel-Stadt und Vizepräsidentin der FDP Basel-Stadt, sondern vor allem als Frau.
Die Fasnachtsclique Stainlemer entdeckt die Frauen. Genauso wie die Basler FDP. Aber Lückenbüsserei bei Männer-Mangel ist 2024 keine nachhaltige Zukunftsstrategie mehr, schreibt Chefredaktorin Ina Bullwinkel in ihrem Kommentar.
Quotenfrau, Feigenblatt, Frauenkarte – um nur einige Schlagworte zu nennen, die vor und nach der Nomination in den Basler Medien und Kommentaren zu lesen waren. Sinnbildlich für dieses Narrativ, das von den Medien immer wieder neu befeuert wird, ist, dass nicht mehr die Chancengleichheit als solche gefordert wird, sondern bewertet wird, wie authentisch diese nun erfolgt ist. Aussagen, die engagierten Politikerinnen unterstellen, sie seien nur «Lückenbüsserinnen» oder «Quotenfrauen», spielen dabei eine kontraproduktive Rolle.
Die Unterstellung eines Frauenbonus stellt die Qualifikation von Frauen in Frage und reduziert sie darauf. Zudem wird ein solches Urteil meist nur auf weibliche Personen projiziert. Oder haben Sie in diesem Zusammenhang schon einmal von einem Männer-Bonus gelesen?
Tamara Alù ist Präsidentin der FDP Frauen Basel-Stadt und Vizepräsidentin der FDP Basel-Stadt. Zudem leitet sie den Bereich Politik beim Gewerbeverband Basel-Stadt.
Das Narrativ vom «wenig attraktiven Männerverein» ist überholt, wie die Fakten zeigen. Die FDP Basel-Stadt hat viele hochqualifizierte und engagierte Frauen in ihren Reihen, die in verschiedenen Funktionen erfolgreich tätig sind. 80 Prozent unserer Gerichtssitze sind mit Frauen besetzt, mit Fabienne Beyerle stellen wir eine kompetente Bürgerrätin, der Vorstand der Kantonalpartei besteht mit dem – demnächst wieder zu besetzenden – ex-officio-Sitz der FDP Frauen zu 40 Prozent aus Frauen, das Vizepräsidium ist mit Eva Biland und mir besetzt, mit Alexandra Leake präsidiert eine Frau die Jungfreisinnigen, die FDP Riehen stellt je eine Frau im Einwohnerrat und im Bürgerrat und mit Silvie Schweizer haben wir nicht nur eine kompetente Riehener Gemeinderätin, sondern neu auch wieder eine Grossrätin in unseren Reihen.
Die Aussensicht auf die FDP Basel-Stadt ist verstaubter als ihr Ruf und viel verstaubter als die heutige Parteirealität. Die Frauen in der FDP Basel-Stadt haben heute nicht nur das Gefühl, dass sie einen festen Platz in der Partei haben – sie haben ihn auch.
«Die Aussensicht auf die FDP Basel-Stadt ist verstaubter als ihr Ruf und viel verstaubter als die heutige Parteirealität.»Tamara Alù
Eine Partei kann kompetente und sympathische Menschen zur Wahl vorschlagen, aber letztlich entscheidet die Wählerschaft, welche Personen in ein Amt gewählt werden. Ich bin ganz klar der Meinung, dass das Frausein dabei nicht belanglos ist. Es gibt eine geschlechtsgefärbte Sichtweise auf viele politische Herausforderungen, die unbedingt politisch repräsentiert werden muss.
Angesichts der Vielfalt der (Wahl-)Bevölkerung ist es daher nicht nur wünschenswert, sondern auch logisch, dass alle Sichtweisen politisch repräsentiert sind. Pauschale Vorwürfe und polemische Formulierungen bringen uns diesem Ziel allerdings keinen Schritt näher. Gerade in der Politik sollte gelten: Gleichstellung am Start, nicht Gleichheit im Resultat. Erkennen wir das Geschlecht nicht als Definition der Kandidatur, sondern als ein Merkmal des Profils, wie wir es beispielsweise mit der Lebenserfahrung oder dem Werdegang machen.
Dieser Wandel in der Wahrnehmung braucht Zeit. Dass dies die Geduld der Berichterstatterinnen und Berichterstatter auf eine harte Probe stellt, ist bedauerlich, aber wir werden uns damit abfinden müssen. Es ist zu hoffen, dass auch die Medienlandschaft dies erkennt und ihre Berichterstattung aus Gründen der Fairness und des Respekts gegenüber den Frauen im Allgemeinen und auch gegenüber den Frauen in unserer Partei in Zukunft anpasst.