«Es ist essentiell, dass es mit den Bilateralen III gut kommt»
LDP-Nationalrätin Patricia von Falkenstein erklärt im Interview zur Initiative «Zämme in Europa» weshalb es diese braucht und wieso sie das Zögern der FDP in der Europafrage nachvollziehen kann.
Patricia von Falkenstein, in Basel ist die Stimmung gegenüber der EU sehr gut, wie man auch an den vielen anwesenden Parteien sehen konnte. Wieso braucht es die Initiative trotzdem?
Es braucht sie, damit die Bevölkerung sagen kann, wie wichtig die Zusammenarbeit mit der EU für den Kanton Basel-Stadt, aber auch für die ganze Schweiz ist.
Das Wort «Signal» fiel sehr oft an der Pressekonferenz. Die Initiative will, dass Basel ein Signal gegen innen und gegen aussen sendet. Gibt es auch etwas Konkretes, das die Initiative für die Stimmbürger*innen greifbar macht?
Etwas Konkretes nicht unbedingt. Das hat aber damit zu tun, dass der Kanton Basel-Stadt, mit seinem Präsidialdepartement und seinem Präsidenten, jetzt schon den Kontakt zu Frankreich und Deutschland sucht. Es würde mehr bedeuten, wenn man das nicht machen würde. Wenn es in der Verfassung festgeschrieben wird, ist es eine klare Verpflichtung für die Regierung, dass sie nicht nur in der Schweiz, sondern auch mit Europa gute Kontakte pflegt. Das würde heute, morgen, aber auch in zehn Jahren gelten.
«Wenn es in der Verfassung festgeschrieben wird, ist es eine klare Verpflichtung für die Regierung»Patricia von Falkenstein
Das Leben hört nicht an der Grenze zu Deutschland auf, aber auch nicht an jener zu Baselland. Dort hat sich die Baselbieter Regierung gegen eine gleichlautende Initiative ausgesprochen. Welche Wirkung hätte eine Annahme in Basel-Stadt auf die Beziehung zum Kanton Baselland, wenn dort die Initiative abgelehnt wird?
Ich glaube nicht, dass das eine Rolle spielt. Ich glaube auch nicht, dass die Baselbieter Regierung das abgelehnt hat, weil sie keine gute Beziehung zur EU will, sondern, weil sie es vielleicht nicht so nötig findet oder denkt, dass so etwas nicht in die Verfassung gehört. Die Initiative ist auch nicht so weit, wie hier. Dort ist das Geschäft noch in der Kommission – sie entscheidet vielleicht etwas anderes. Der Kanton Basel-Stadt ist extrem eng mit der EU verbunden. 50 Prozent unserer Exporte gehen in die EU. Für uns ist es essentiell, dass das gut kommt mit den Bilateralen III. Darum ist die Initiative für uns noch wichtiger. Es ist trotzdem ein Signal an die ganze Schweiz: Man wird hören und denken: «Der Kanton Basel-Stadt hat das tatsächlich in der Verfassung aufgenommen, das ist eigentlich eine gute Sache.» Für uns geht es aber hauptsächlich darum, aufzuzeigen, wie wichtig die Verbindungen unseres Kantons mit Europa sind.
Sie sind im nationalen Parlament in der FDP-Fraktion. Die FDP Basel-Stadt ringt mit den Bilateralen III. Sie weiss noch nicht genau, was sie machen wird. Können Sie, die beide Seiten kennt, das Zögern nachvollziehen?
Die FDP sagt, dass es eine sehr komplexe Materie ist. Es sind über tausend Seiten, die man eigentlich lesen und kennen muss – und die FDP will einfach besser informiert sein. Am 18. Oktober fasst die FDP Schweiz ihre Parolen und das will sie auf einem fundierten Niveau tun. Dass sie jetzt zögert, hat, denke ich, nichts damit zu tun, dass es gewisse bei der FDP gibt, die nicht für die Verträge sind. Bei der LDP gibt es auch Leute, die gegen die Verträge sind. Ich gehe davon aus, dass es in fast jeder Partei beide Seiten gibt, einfach prozentual mehr oder weniger. Aber ich kann durchaus verstehen, dass Sie sich noch nicht entscheiden wollen. Wir sind in der Vernehmlassung und noch lange nicht bei der eidgenössischen Abstimmung. Da kann man auch sagen, dass man zuerst genau wissen muss, um was es geht, bevor man sich dazu äussert.
Das Initiativkomitee von «Zämme in Europa» ist politisch breit aufgestellt, ihre Argumente sind es auch. Aber passt diese Potpourri-Allianz auch zusammen? Ein Kommentar.
Müssen Sie nicht genau wissen, um was es geht, um sich äussern zu können?
Doch, ich muss auch wissen, um was es geht. Aber ich muss vor allem wissen, wo die Knackpunkte und was die Argumente sind, um zu sagen: Diese Knackpunkte gibt es, aber, so wie es geregelt ist, kann man diese Knackpunkte akzeptieren.
Waren Sie immer schon so EU-freundlich?
Ja, ich denke schon. Das ist eine Frage, die ich mir noch nie so überlegt habe. Für mich ist klar, ich würde nie der EU beitreten wollen. Aber man muss mit der EU zusammenarbeiten. Das geht jedoch nur mit diesen Bilateralen III. Damit unser Verhältnis stabilisiert und weiterentwickelt wird und wir eben auch von der EU profitieren können.