«Das stellt einen Bruch mit unseren Gepflogenheiten in der Schweiz dar»

Die Massnahmen, die Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann am Drogenstammtisch 2.1 von Bajour und dem Stadtteilsekretariat Kleinbasel angekündigt hat, sind teilweise massiv. Neu sollen öffentliche Schulhäuser bewacht werden. Die Grünen Grossrätin Fleur Weibel kritisiert das.

Drogenstammtisch 2.1 Fleur Weibel
Fleur Weibel mit Moderatorin Martina Rutschmann am Drogenstammtisch 2.1 (Bild: Ernst Field)

Sie waren am Drogenstammtisch anwesend. War es für Sie überraschend, dass Stephanie Eymann die Massnahmen bekannt gegeben hat?

Die Kommunikation war sicher nicht ideal, da die Massnahmen erst noch von der Regierung beschlossen werden müssen. Problematischer scheint mir aber viel mehr, dass Stephanie Eymann über sehr unterschiedliche Massnahmen gesprochen hat. Die Öffnungszeiten der Kontakt- und Anlaufstellen in Gross- und Kleinbasel zu ändern oder den Rangerdienst auszuweiten sind Massnahmen, die nicht besonders aufsehenerregend sind. Die Ankündigung, jetzt neu zwei öffentliche Schulhäuser des Kantons Basel-Stadt mit einem Sicherheitsdienst zu bewachen, kam hingegen sehr unvermittelt. 

Inwiefern? 

Diese Massnahme stellt einen Bruch mit unseren normalen Gepflogenheiten in der Schweiz dar. An sich benötigen die öffentlichen Schulhäuser hierzulande keine Bewachung. Wenn eine solche, doch ziemlich massive Massnahme getroffen wird, dann hätte ich mir eine sorgfältigere Kommunikation gewünscht. Man hat es auch an der Reaktion der Anwesenden des Drogenstammtischs gemerkt: Es ging ein Raunen durch den Saal. 

Sie finden die Massnahme also nicht nachvollziehbar?

Es geht mir nicht darum, die Massnahme an sich anzuzweifeln, es ist einfach noch sehr vieles unklar, weswegen eine Einschätzung der Angemessenheit zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich möglich ist. Es ist zum Beispiel nicht klar, auf was genau reagiert wird. Es ist offen, ab wann die Security im Einsatz ist und wie die Bewachung genau aussehen soll. Man darf nicht vergessen, dass so eine Massnahme auch etwas mit den Kindern macht. Es ist ja paradox: Die Bewachung vermittelt zum Einen mehr Sicherheit, zum Anderen vermittelt sie aber auch das Gefühl, bedroht zu sein. 

Drogenstammtisch 2.1 Stephanie Eymann
Stephanie Eymann hat am Drogenstammtisch 2.1 die Massnahmen kommuniziert. (Bild: Ernst Field)

Hätten Sie sich eine umfassendere Kommunikation gewünscht?

Stephanie Eymann hat als Vorsteherin des Justizdepartements kommuniziert. Es liegt noch keine Entscheidung im Namen der gesamten Regierung vor. Wenn die Massnahme im Rahmen der interdepartementalen Arbeitsgruppe diskutiert wurde, auf die Stephanie Eymann verwiesen hat, dann frage ich mich, warum nicht auch eine Begründung des Erziehungsdepartements oder eine Einschätzung der betroffenen Schulen kommuniziert wurde. Wurde das Bedürfnis nach Bewachung seitens der Schulhäuser geäussert? 

Es wurde ja erwähnt, dass auf dem Schulgelände gedealt wird und es zu sexuellen Übergriffen kam.

Das Problem ist: Wer hat das gesagt? Woher kommen diese Informationen? War das auf dem Schulhof, im Schulhaus, auf dem Schulweg, in den Schultoiletten? Wie oft kommt das vor? Das alles wissen wir nicht. Für mich ist nicht klar, auf welche Bedürfnisse von wem regiert wird. Es geht mir wie gesagt nicht darum, jetzt anzuzweifeln, ob diese Massnahme gerechtfertigt ist. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass bislang noch keine ausgewiesene Grundlage vorliegt, um eine Security an Schulen zu begründen. 

Aus welchem Grund haben Sie Ihre Bedenken nicht schon am Drogenstammtisch geäussert? 

Die Bedenken sind mir im Anschluss an den Abend gekommen. Im Gespräch mit einer Person, die in einem der betroffenen Schulhäuser arbeitet, wurde mir klar, dass die Massnahme auch für die Lehrpersonen offenbar überraschend kommt. Im Nachgang des Drogenstammtischs hatte ich den Eindruck, dass die Bewachung der Schulhäuser ein starkes, aber auch ein sehr ambivalentes Zeichen ist. Dafür fehlt mir die Einordnung. 

Wie kam es zu den Massnahmen?

Bajour hat beim Erziehungsdepartement (ED) nachgefragt, ob es sich zum geplanten Security-Einsatz an Basler Schulen äussern möchte. Gaudenz Wacker, Leiter Kommunikation ED, sagt: «Die Zuständigkeit bei Ihrer Frage liegt, solange die Regierung noch nicht definitiv über die Massnahmen beschlossen hat, beim Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt.» Deren Leiter Kommunikation, Toprak Yerguz, sagt auf Nachfrage: «Zu den Gründen hat unsere Vorsteherin am Anlass ausführlich Auskunft gegeben und die derzeitige Situation im Umfeld der Schulen geschildert. Wie Stephanie Eymann ausserdem ausgeführt hat, handelte es sich bei ihren Ausführungen um einen Ausblick auf das, worüber sich der Regierungsrat schon einig ist und was die Bevölkerung in etwa erwarten kann.» Da noch «technische» Aspekte wie Finanzierungsfragen oder die Klärung aller Zuständigkeiten im Regierungsrat beraten würden, werde über diese allgemeine Information hinaus noch nicht über die Massnahmen kommuniziert: «Wir und unsere Kolleginnen und Kollegen der anderen Departemente werden gerne informieren, sobald das Geschäft abschliessend behandelt wurde.»

Ist aus Ihrer Sicht noch offen, ob die Massnahmen überhaupt so umgesetzt werden können, wie am Drogenstammtisch verkündet?

Es wurde noch nichts beschlossen. Und es ist verwunderlich, dass jetzt kein Statement seitens des Erziehungsdepartements kommt. Es ist alles ein bisschen undurchsichtig. Es macht für mich einen Unterschied, ob eine bestehende Massnahme ergänzt oder eine neue, ziemlich drastische Massnahme eingeführt wird. 

Wurden von Lukas Engelberger bereits Massnahmen in der Budgetdebatte kommuniziert?

Hätte er sich da zu Security an den Schulen geäussert, dann wäre mir das aufgefallen. Das Thema betrifft mich auch, weil ich direkt neben diesen Schulen wohne. Für mich als Anwohnerin ist es nach wie vor schwierig, die Situation vor Ort wirklich einschätzen zu können. Das ist auch der Grund, weshalb wir von der Lokalgruppe der Grünen Kleinbasel gesagt haben, wir hätten gerne eine detaillierte Darlegung der verschiedenen Problemlagen im Kleinbasel, aufgrund derer dann eine informierte Diskussion geführt werden. Die aktuelle Kommunikation, insbesondere bezüglich der Bewachung von zwei öffentlichen Schulen, bestärkt unser Anliegen.

Herz Stern
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Nach dem Studium, freier Mitarbeit bei der Berliner Morgenpost und einem Radio-Volontariat hat es Valerie 2002 nach Basel gezogen. Sie schreibt seit fast 20 Jahren für das Jüdische Wochenmagazins tachles und hat zwischenzeitlich einen Abstecher in die Kommunikation zur Gemeinde Bottmingen und terre des hommes schweiz gemacht. Aus Liebe zum Journalismus ist sie voll in die Branche zurückgekehrt und seit September 2023 Senior-Redaktorin bei Bajour. Im Basel Briefing sorgt sie mit ihrem «Buchclübli mit Vali» dafür, dass der Community (und ihr selbst) der Lesestoff nicht ausgeht.

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