So reagiert Basel auf das Ja zur OECD-Steuer

Das Gesetz zur Umsetzung der OECD-Mindeststeuer wurde klar angenommen. Was bedeutet das für Basel-Stadt? Für Finanzchefin Tanja Soland heisst es, jetzt Massnahmen zur Standortattraktivität zu erarbeiten.

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Das war deutlich: Die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer wurde deutlich mit 81.32 Prozent der Stimmen in Basel-Stadt angenommen. 18.68 Prozent der Stimmberechtigten haben Nein gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 48 Prozent.

Schweizweit haben 78.45 Prozent der Stimmbürger*innen mit Ja gestimmt, hier lag die Stimmbeteiligung bei rund 42 Prozent.

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Wenig überraschend zeigt sich Basels Finanzdepartementvorsteherin Tanja Soland sehr zufrieden mit der Abstimmung zur Umsetzung der OECD-Mindeststeuer. «Das ist ein klares Ergebnis, auch im Kanton Basel-Stadt», sagt die SP-Regierungsrätin gegenüber Bajour. Damit, dass das Ergebnis so deutlich ausfällt, habe sie nicht gerechnet. Für Soland bedeutet die Annahme, dass ihr Departement Vorlagen erarbeiten muss, «wie wir den Standort attraktiv halten». Ziel sei es, die Massnahmen zur Standortattraktivität noch in diesem Jahr dem Grossen Rat präsentieren zu können.

Während das Gesetz ab 2024 in Kraft treten soll, könnte es laut Soland sein, dass es bei den Massnahmen nicht auf den 1. Januar reicht. «Die parlamentarische Debatte zur Umsetzung dürfte sich bis ins 2024 ziehen», sagt sie. Ob sich das negativ auswirke, wenn Steuer und Massnahmen nicht gleichzeitig kämen, beantwortet Soland nur indirekt. «Natürlich wäre es wünschenswert, wenn es gleichzeitig wäre. Aber das ist eher unrealistisch.»

Wie muss man sich die Massnahmen zur Standortförderung vorstellen? Laut Soland müssen sie vor allem «OECD-kompatibel» sein. «Ausserdem müssen wir schauen, was sie in anderen Ländern machen. Es ist wichtig, dass es sinnvolle Sachen sind. Wir könnten zum Beispiel Klimaschutzmassnahmen von Unternehmen fördern. Aber am Schluss müssen wir schauen, was die anderen Länder machen, weil wir mit ihnen in Konkurrenz stehen.»

«Wir haben probiert vor der Abstimmung zu vermitteln, dass das Geld nicht nur hier bei uns im Kanton landet, sondern dass es für die ganze Schweiz wichtig ist und die ganze Schweiz profitiert.»
Tanja Soland, SP-Finanzdepartementvorsteherin BS

Basel-Stadt wurde vor der Abstimmung wegen seiner starken Wirtschaftskraft und niedrigen Gewinnsteuern immer wieder in einem Atemzug mit Kanton Zug genannt, auch als egoistisch wurde der Kanton bezeichnet. Tanja Soland findet das nicht gerechtfertigt. «Wir haben probiert vor der Abstimmung zu vermitteln, dass das Geld nicht nur hier bei uns im Kanton landet, sondern dass es für die ganze Schweiz wichtig ist und die ganze Schweiz profitiert, genauso wie die Region, dazu gehören auch Deutschland und Frankreich.» Die grossen Unternehmen seien zwar wichtig für den Kanton, aber noch wichtiger für die ganze Schweiz. «Mit dem deutlichen Resultat denke ich, dass auch die Stimmbevölkerung das verstanden hat.»

In der Pflicht

Juso-Präsident Basel-Stadt, Nino Russano, sagt: «Mit dieser Reform wird Basel-Stadt Mehreinnahmen in einem dreistelligen Millionenbetrag haben.» Er findet, die SP Basel-Stadt stehe jetzt in der Pflicht, sich für mehr Krankenkassenverbilligungen, bezahlbare Kinderbetreuung und Forschungsförderung einzusetzen, damit diese Einnahmen den Menschen zugutekomme. «Diese Punkte sind auch relevant für die Standortattraktivität. Die Juso wird sich bei der Diskussion zur Verwendung der Mehreinnahmen dafür einsetzen, dass diese Elemente berücksichtigt werden. Ich habe Vertrauen in die SP, aber es ist sicher gut, wenn wir uns als Juso dafür besonders stark machen.»

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Nino Russano will mit der Juso ein genaues Auge auf die Verteilung der OECD-Mehreinnahmen werfen.

Zu Russanos Forderung, Basel-Stadt müsse sozialer werden, sagt Soland: «Ich glaube, der Kanton Basel-Stadt macht schon immer sehr soziale Politik. Die Krankenkassenbeteiligung ist jetzt schon sehr hoch, ausserdem erarbeiten wir Massnahmen zur Kita-Betreuung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. das Soziale ist unbestritten bei uns.»

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Ebenfalls erfreut zeigt sich Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte-Nationalrätin und Präsidentin der Handelskammer beider Basel. «Ich freue mich sehr über dieses deutliche Resultat. Das ist ein klares Zeichen für den Wirtschaftsstandort Schweiz, aber auch für den Wirtschaftsstandort Nordwestschweiz. Jetzt sind die Kantone gefordert, notwendige und zielführende Massnahmen in Form von Investitionen zu treffen.» Weil die Schweiz nicht mehr am europäischen Forschungsprogramm Horizon partizipieren könne, sei es umso wichtiger, dass mit der Steuer Standortförderung betrieben werde und «wir allfällige zusätzliche Mittel in Bildung, Forschung und Innovation investieren.»

Auf Twitter interpretiert FDP-Grossrat Luca Urgese das Ergebnis ähnlich wie Tanja Soland: Das klare Ja zeige, dass die Bevölkerung einverstanden war mit der Vorlage und insbesondere mit der Verteilung der Einnahmen. Anders als Juso-Präsident Russano setzt Urgese bei der Verteilung allerdings klar auf die Wirtschaft.

Die Massnahmen zur Standortattraktivität werden es sein, die Basel-Stadt nun mindestens bis zum Ende des Jahres beschäftigen werden.

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