Unfeministisch? Nein! Konsequent? Auch nicht!
Sind linke Feminist*innen verpflichtet, bürgerliche Regierungskandidatinnen zu wählen? Nein, schrieben an dieser Stelle zwei SP-Frauen letzte Woche in einem Gastkommentar. Bajour lud LDP-Präsidentin Patricia von Falkenstein zu einer Replik ein. Hier ist sie.
Vergangene Woche schrieben Jessica Brandenburger, Präsidentin der SP-Frauen* und ihre Parteikollegin Julia Baumgartner in einem Gastkommentar, es sei durchaus feministisch, die SP-Männer Kaspar Sutter und Beat Jans statt LDP-Regierungskandidatin Stephanie Eymann zu wählen. Sie argumentierten, dass ihre Kandidat*innen mit feministischen Inhalten punkten würden, während diese bei Eymann fehlten.
Was sagt LDP-Präsidentin Patricia von Falkenstein von dieser Argumentation? Das:
Die SP hat vor längerer Zeit eine Frauenquote eingeführt. Sie geht damit aber recht flexibel um. So setzte sie diese Quote kurzerhand ausser Kraft, bei der Nachfolge von Barbara Schneider und Ralph Lewin. Statt einen Mann und eine Frau zu nominieren, wurden die Herren Wessels und Brutschin portiert. Diese hätten die grössten Chancen, gewählt zu werden, und nur so könne man die linksgrüne Mehrheit im Regierungsrat sichern. Machtpolitik vor Frauenförderung. Schon damals.
Und heute? Die SP stellt eine Frau und zwei Männer. Zur Erfüllung ihrer eigenen Vorgabe braucht sie nun die weibliche Kandidatur ihrer linken Partnerpartei BastA!. Klar, dass nach dem Rückzug von Regierungspräsidentin Ackermann eine Frau nominiert werden musste. Selber muss man die Quote ja nicht erfüllen, die anderen sollen's richten!
«Kann eine Regierungsrätin nicht auch Einsatz für ausserfamiliäre Tagesbetreuung zeigen, wenn sie gegen Gratis-Kita-Plätze auch für Millionäre ist?»
SP-Grossrätin Jessica Brandenburger und Julia Baumgartner, ebefalls SP-Mitglied, versuchen verzweifelt und in argem Argumentationsnotstand zu erläutern, weshalb es nicht «unfeministisch» sei, die LDP-Kandidatin für das Präsidialdepartement, Stephanie Eymann, nicht zu wählen. Man kann ja mit ihnen einig sein, dass es nicht Aufgabe linker Frauen ist, bürgerliche Frauen zu wählen. Nicht redlich sind aber ihre Argumente: Gratis-Tagesheimplätze, eine neue Fachstelle für LGBTIQ-Anliegen und Elternzeit. Wer dafür ist, macht eine gute Gleichstellungspolitik, wer dagegen ist, eine schlechte.
Die beiden haben übersehen, dass die SP-Finanzdirektorin Tanja Soland gegen Gratis-Tagesheimplätze ist – also nach den Kriterien der beiden SP-Mitglieder eine schlechte Gleichstellungspolitik macht. Arrogant bemerken die beiden emsigen Wahlhelfer des linken Tickets, man könne von Stephanie Eymann «keine grossen Sprünge bei der Bekämpfung der Klimakrise oder bei gleichstellungspolitischen Anliegen erwarten».
Kann eine Regierungsrätin nicht auch Einsatz für ausserfamiliäre Tagesbetreuung zeigen, wenn sie – wie Tanja Soland – gegen Gratis-Kita-Plätze auch für Millionäre ist?
Dann gibt es im Kanton ja bereits eine Dienststelle, die sich mit der Gleichstellung der Geschlechter befasst. Deshalb darf man zu Recht der Meinung sein, dass es nicht noch eine zusätzliche Stelle braucht. Bei der Elternzeit ist eine erste Etappe mit dem Vaterschaftsurlaub erreicht. Es ist nicht «anti-feministisch», wenn jetzt abgewartet wird, wie die vom Volk beschlossene Errungenschaft, die von der LDP und Stephanie Eymann unterstützt wird, sich gestaltet, bevor die nächsten Ausbauschritte erfolgen.
«Die Behauptung fehlender Sensibilität für Anliegen der Gleichstellung bei Stephanie Eymann und Baschi Dürr läuft voll ins Leere.»
Es wäre ehrlich und auch für bürgerliche Frauen und Männer nachvollziehbar, wenn die Verfasserinnen des Rechtfertigungsversuchs dazu auffordern würden, nur die linken Kandidaturen zu berücksichtigen – zwecks Machterhalt. Die Behauptung fehlender Sensibilität für Anliegen der Gleichstellung bei Stephanie Eymann und Baschi Dürr läuft voll ins Leere.
Regierungsrat Dürr fördert im männerdominierten Justiz- und Sicherheitsdepartement Frauen konsequent. Für alle Abteilungen gibt es verbindliche Programme, es werden Vernetzungsanlässe und Weiterbildungen angeboten. Alle Stellen werden auch mit 80%-Arbeitspensen ausgeschrieben und bei Rekrutierungsrunden zwingend Männer und Frauen eingeladen.
Der Frauenanteil im Kader des JSD wuchs in Regierungsrat Dürrs Amtszeit von 15% auf 25% stark. Auch die Bekämpfung Häuslicher Gewalt steht bei ihm oben auf der Dringlichkeitsliste – nicht einfach als Schlagwort, sondern konkret umgesetzt: Von der Erweiterung der sogenannten Gefährderansprache und den polizeilichen Massnahmen im Bereich Häuslicher Gewalt bis hin zur intensiveren Zusammenarbeit mit dem Frauenhaus beider Basel und dem Männerbüro Region Basel. Dies sind nur Beispiele von tatsächlich erbrachten Leistungen im Bereich Gleichstellung.
Noch verständlich ist der Versuch, die Kandidatin der Bürgerlichen für das Regierungspräsidium schlecht zu machen. Beunruhigend ist aber die Tatsache, dass die beiden SP-Damen mit Heidi Mück eine Kandidatin empfehlen, die sich jahrelang im Umfeld einer fragwürdigen Organisation im Dunstkreis von Israel-Feindlichkeit und Antisemitismus bewegte* und von sich selber sagt, sie habe «ein schwieriges Verhältnis zu Polizisten».
Dieser Ausdruck von kaum verdecktem Misstrauen und sogar Geringschätzung gegenüber unseren Polizistinnen und Polizisten, die sich mit grossem persönlichem Engagement und auch in heiklen Situationen korrekt für die Einhaltung der Gesetze und den Schutz der Einwohnerinnen und Einwohner einsetzen, ist nicht nur eine Beleidigung für das ganze Polizeikorps, sondern disqualifiziert Frau Mück ganz klar für ein Regierungsamt.
Da kommt der Verdacht auf, dass Mück eben vor allem auf Grunde ihres Geschlechts das Kreuz auf dem Wahlzettel erhält, welches Stephanie Eymann aus linken Frauenkreisen aber partout vorenthalten bleiben soll. Wann zählt nun Inhalt, und wann Geschlecht?
*Anmerkung der Redaktion: Heidi Mück hat sich schon mehrmals von der Organisation BDS distanziert und sich für den Boykottaufruf von vor 14 Jahren entschuldigt.