Was sich bei Untermiete und Eigenbedarf ändern soll
Am 24. November stehen zwei nationale Abstimmungen zum Mietrecht an. Sie sollen Kündigungen für Eigenbedarf und bei unzulässiger oder missbräuchlicher Untermiete erleichtern. Was heisst das für WGs und Airbnb?
Das ändert sich bei der Untermiete
Wie muss ich heute vorgehen, wenn ich meine Wohnung untervermiete?
Schon heute haben Mieter*innen, sofern nicht anders im Mietvertrag geregelt, die Pflicht, ihre Vermieter*innen darüber in Kenntnis zu setzen, wenn sie die Wohnung oder Zimmer untervermieten wollen. Das kann aber bisher schriftlich, per Mail oder auch mündlich passieren. Die Basics sind: Wer soll da wohnen? Wie viel wird die Person zahlen? Wird der Mietzweck eingehalten?
Warum geht es Vermieter*innen etwas an, ob ich meine Wohnung untervermiete?
Sicherheitstechnisch wird es beispielsweise im Brandfall heikel, wenn die Vermieter*innen keine korrekten Angaben für die Feuerwehr haben, wer sich in einer Wohnung befindet. Aber es geht auch darum, die «geschäftsmässige» Untervermietung zu verhindern: Dass ein*e Mieter*in die Wohnung oder ein Zimmer nicht selbst bewohnt und einfach teurer weitervermietet (und damit Gewinn auf Kosten der Vermieter*innen macht).
Können Vermieter*innen heute schon die Untermiete verweigern?
Ja, allerdings nur in Ausnahmefällen: Wenn sich Mieter*innen weigern, die Konditionen der Untermiete offen zulegen, wenn diese missbräuchlich sind (also ein Zimmer zu teuer weitervermietet werden soll beispielsweise) oder den Vermieter*innen dadurch wesentliche Nachteile entstehen.
Kann ich schon heute gekündigt werden, wenn ich Vermieter*innen die Untermiete nicht angebe?
Zunächst würde eine Abmahnung erfolgen. Darin werden Mieter*innen beispielsweise aufgefordert, die Untermietkonditionen offenzulegen oder die missbräuchliche Untermiete zu beenden (in besonders krassen Fällen ist sogar eine fristlose Kündigung möglich). Erfolgt dies nicht nach einer angemessenen Frist (der Begriff ist Auslegungssache, aber in der Regeln zehn bis zwanzig Tage), können Vermieter*innen eine ausserordentliche Kündigung mit einer 30-Tages-Frist auf ein Monatsende aussprechen. Sie stützen sich dabei auf eine Verletzung der Sorgfaltspflicht gemäss Artikel 257f Obligationenrecht.
Die beiden Mietrechts-Vorlagen zur Untermiete und zum Eigenbedarf sorgen für faire und klare Regeln, schaffen Rechtssicherheit und schützen vor Missbrauch. Davon profitieren insbesondere auch Mieterinnen und Mieter, schreibt die Stadtbasler LDP-Nationalrätin Patricia von Falkenstein.
Was würde sich mit der neuen Regelung überhaupt ändern?
Was heute schon über Umwege mit der Argumentation einer Sorgfaltspflichtverletzung möglich ist, würde neu durch die Gesetzesänderung im Artikel 262 Untermiete ausgedeutscht: Für die Untermiete müssten Mieter*innen künftig eine schriftliche Zustimmung einholen. Bei Nichtbeachtung kann das Prozedere mit Abmahnung und ausserordentlicher Kündigung eintreffen.
Ich wohne in einer WG. Was müsste ich mit der neuen Regelung beachten?
Neben der schriftlichen Zustimmung ist ein weiterer Punkt relevant: Vermieter*innen könnten künftig die Untermiete verweigern, wenn diese länger als zwei Jahre dauern soll. Die Mitglieder einer WG könnten aber im Rahmen der Vertragsfreiheit eine abweichende Regelung treffen und zum Beispiel alle in solidarische Hauptmieter*innenschaft treten.
Kann mein*e Vermieter*in die neue Untermieter*innen-Regelung als Vorwand nehmen, um mir zu kündigen und die Wohnung teurer zu vermieten?
Angenommen, ein*e Vermieter*in würde gestützt auf die neue Regelung die Mieter*innen kündigen wollen, weil diese vergassen, die Untermiete schriftlich genehmigen zu lassen, weil die Angaben nicht komplett waren oder weil die Untermietdauer zu lang ist: Vor der Kündigung müsste zwingend eine Abmahnung mit angemessener Frist zur Wiederherstellung des Status Quo erfolgen.
Die Mieten sind der grösste Kaufkraftkiller der Schweiz. Neben den steigenden Krankenkassenprämien und Lebenshaltungskosten belasten die Mietzinsen die Haushalte am stärksten. Doch der massive Anstieg der Mieten ist kein Naturgesetz – im Gegenteil, schreibt die Baselbieter SP-Nationalrätin Samira Marti.
Könnte ich mich wehren, wenn mir wegen der Untermieter*innen-Regelung gekündigt werden soll?
Kündigungen können innerhalb der Frist von den Mieter*innen angefochten werden. Dann wird die Mietschlichtstelle oder ein Gericht den Fall beurteilen. Die Verhandlung dort ist kostenlos – ausser, man will sich eine*n Anwält*in nehmen (diese Kosten übernimmt eine Rechtsschutzversicherung, die auch Teil einer Mitgliedschaft beim Mieter*innenverband ist). Wenn die Mietschlichtstelle oder das Gericht eine missbräuchliche Kündigung feststellt, wird diese aufgehoben. Die Mieter*innen können dann innerhalb einer dreijährigen Sperrfrist keine ordentliche Kündigung erhalten.
Wird der Mieter*innenschutz durch die Gesetzesänderung eingeschränkt?
Die Gegner*innen warnen davor, dass die Untermieteregelung die Untermiete erschweren und ausserordentliche Kündigungen vereinfachen soll. Fakt ist: Die neue Regelung würde den administrativen Mehraufwand für Mieter*innen etwas erhöhen. Die ausserordentliche Kündigung ist heute schon bei unzulässiger beziehungsweise missbräuchlicher Untervermietung möglich, nun soll sie rechtlich aber klarer verankert werden. Für die Befürworter*innen profitieren hingegen auch die Mieter*innen vom Erfordernis einer schriftlichen Zustimmung – ein*e Vermieter*in könnte nicht mehr behaupten, eine mündliche Zusage zur Untermiete gar nicht getätigt zu haben. Sie sehen das als Rechtssicherheit für beide Seiten.
Was würde das Gesetz für mich bedeuten, wenn ich während des ESC meine Wohnung bei Airbnb vermieten will?
Die neue Regelung wird zum Teil auch als Massnahme gegen die Ausbreitung von Airbnb verstanden. Da der Grossteil der Angebote auf Airbnb (gemäss Tamedia-Auswertung) aber von Wohnungsbesitzer*innen und nicht von Mieter*innen stammt, wird der Effekt zur Regulierung von Airbnb eher gering sein. Wenn Mieter*innen ihre Wohnung oder Zimmer auf Airbnb anbieten, ist das eine Form von kurzfristiger Untermiete. Auch hierfür ist schon heute ist eine Zustimmung der Vermieter*innen notwendig. Wenn Mieter*innen während des ESC heimlich die Wohnung vermieten und Vermieter*innen davon erfahren, könnten sie mit einer Abmahnung eine zukünftige Airbnb-Untermiete untersagen – und womöglich sogar die Profite verlangen, welche die Mieter*innen durch unrechtmässige Untervermietung erzielt haben.
Das ändert sich beim Eigenbedarf
Wann kann mir heute die Wohnung wegen Eigenbedarf gekündigt werden?
Eine ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs ist mit der vertraglichen Kündigungsfrist (in der Regel drei Monate) möglich. Ein*e Mieter*in kann allerdings selbst bei einer gültigen Kündigung bei der Mietschlichtstelle eine Erstreckung bis zu maximal vier Jahre beantragen – beispielsweise weil sie IV- oder AHV-Bezüger*in ist und die Wohnungssuche daher nur erschwert möglich ist. Auch wenn die Vermieter*innen der Kündigungs-Sperrfrist (nach missbräuchlicher Kündigung) unterliegen, können sie drei Monate nicht ordentlich kündigen.
Gibt es Ausnahmen?
Ja. In beiden Fällen kann eine ausserordentliche Kündigung (mit Drei-Monats-Frist) möglich werden, wenn die Vermieter*innen nachweisen können, dass der Eigenbedarf für sie selbst, nahe Verwandte oder Verschwägerte «dringend» ist. Der dritte und häufigste Fall für eine ausserordentliche Kündigung ist die Handänderung: Wenn ein*e Käufer*in eine Wohnung mit Mieter*innen erwirbt und selbst nutzen muss. Wenn aber die Mieter*innen der dreijährigen Kündigungs-Sperrfrist unterstehen oder in ihrem Vertrag (der auch bei Besitzer*innenwechsel gleich bleibt) beispielsweise eine halbjährige Kündigungsfrist abgemacht ist, könnten die Käufer*innen nur durch diese Regelung innert drei Monaten kündigen.
Was würde sich mit der neuen Regelung ändern?
Um eine ausserordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs möglich zu machen, müssten Vermieter*innen bei Sperrfrist, Erstreckung und Handänderung künftig nicht mehr nachweisen, dass ihr Eigenbedarf «dringend» ist, sondern «bedeutend und aktuell».
Was ist unter «bedeutend und aktuell» zu verstehen?
Das würde erst die Praxis der Schlichtungsbehörden und Kantonalen Gerichte zeigen, am Ende würde das wohl das Bundesgericht entscheiden.
Wo ist denn das Problem?
Auch wenn die genaue Auslegung von «bedeutend und aktuell» noch nicht feststeht, hatten Parlament und Bundesrat eine gewisse Erleichterung für Eigenbedarfs-Kündigungen zum Ziel. Die Gegner*innen sehen das Problem darin, dass Vermieter*innen mit Eigenbedarf als Vorwand kündigen könnten, um danach mit höherer Miete neu vermieten zu können. Den Anfangsmietzins könnten Mieter*innen allerdings wie schon heute bei der Mietschlichtstelle überprüfen lassen und anfechten. Wenn die Vermieter*innen tatsächlich den Kündigungsgrund Eigenbedarf nur vorgeschoben haben, um teurer vermieten zu können, können die Mieter*innen, sofern sie sich nachträglich wehren, schadenersatzpflicht werden.