«Es braucht ein Miteinander zwischen Stadt und Land»

Wenn die städtische SP mehr Stadt fürs Land will – wie kann da die Antwort aus dem ländlichen Baselbiet aussehen? Mehr Zusammenarbeit mit der Stadt, heisst es von diversen Politiker*innen im Kanton Baselland.

My project-1 (4)
Was bringt urbane Politik dem Baselbiet? (Bild: Langenbruck: marcelkessler/Pixabay; Roche-Turm: Ricardo Gomez/Unsplash; Collage: David Rutschmann)

Die Nicht-Wahl von Eva Herzog zur Bundesrätin hat ein Thema bei der SP Basel-Stadt besonders in den Fokus gerückt: die Untervertretung der Städte in Bundesbern. SP-Regierungspräsident Beat Jans schrieb einen Gastkommentar in der NZZ und die Stadtpartei platzierte das Thema zum Wahlkampfauftakt zu den nationalen Wahlen (Bajour berichtete).

Ein «Haus der Städte», parallel zum Haus der Kantone, wird gefordert, für eine kräftige städtische Allianz zugunsten urbaner Anliegen. Denn: Man sei Wirtschaftsmotor des Landes, aus den Städten komme 80 Prozent Schweizer Wohlstand und zwei Drittel der Bevölkerung. Ein Thema, mit dem man auch in Zürich, in Winterthur und in Genf punkten könnte.

Doch wie sieht man das in Lauwil, Lampenberg und Burg im Leimental? Was sagt man zu solchen Forderungen im Nachbarkanton? Hier will man schliesslich Politik nicht nur für urbane Anliegen, sondern auch für die ländlichen Regionen machen.

Das ist schon immer eine Gratwanderung. Denn der Landkanton ist nicht nur ländlich, sondern auch von Agglomeration und städtisch geprägt. Die Ausgangslage ist hier nur schon deshalb anders, weil hier eben unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen.

Regula Meschberger

«Urbane Politik zu stärken, schwächt nicht die Anliegen der Landgemeinden.»

Regula Meschberger, ehemalige Landrätin (SP) und Präsidentin Verband Basellandschaftlicher Gemeinden

Keine weiss das so gut wie die SP-Politikerin Regula Meschberger, Präsidentin des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden. Die Anliegen ihrer Heimat Birsfelden mit 10.000 Einwohner*innen seien ganz andere als in einem 300-Seelen-Dorf wie beispielsweise Hersberg, sagt sie.

Was sagt sie dazu, wenn ihre Parteikolleg*innen in Basel-Stadt jetzt das urbane Profil schärfen wollen? «Das befürworte ich voll und ganz», sagt Meschberger. Die urbanen Anliegen würden in Bern tatsächlich zu wenig gehört. Diese zu stärken, schwäche nicht die Anliegen der Landgemeinden, sagt sie. Auch ihr Parteikollege Thomas Noack, der für die SP in den Regierungsrat möchte, plädiert für ein Miteinander zwischen Stadt und Land.

Thomas Noack

«Generell muss sich das Baselbiet – und insbesondere das Oberbaselbiet – als Teil der Metropolregion Basel verstehen.»

Thomas Noack, Landrat und Regierungsratskandidat Baselland (SP)

Als Bubendörfer Gemeinderat hat Noack am Regionalentwicklungskonzept von elf sehr unterschiedlichen Gemeinden im Frenkental, inklusive Liestal, mitgearbeitet: «Dort haben wir genau das ausformuliert: Wir sehen uns als Teil des Metropolitanraums Basel. Heisst: Wir sind Teil des Standorts, nicht nur Anhängsel.»

Das bedeutet für Noack auch: Das Land stellt eine wesentliche Qualität für die städtische Bevölkerung dar: «Erst durch die Einbettung in einen Erholungsraum mit hoher Qualität, wozu die Luftqualität, die landschaftliche Vielfalt, der Erholungswert und nicht zuletzt eine intakte Natur zählen, werden Städte attraktiv und lebenswert.» Wer urbane Politik fördern wolle, müsse also auch den ländlichen Raum mitbedenken.

Elisabeth Schneider-Schneiter

«Die gesellschaftlichen Trends und wirtschaftlichen Impluse kommen aus den Ballungsräumen.»

Elisabeth Schneider-Schneiter, Nationalrätin Baselland (Mitte)

Das sei in Basel allerdings gar nicht das Problem, findet die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter: «Der Stadt-Land-Graben ist hier nicht so ausgeprägt, auch wenn das regionale Zentrum und die Agglomeration durch die Kantonsgrenzen getrennt sind. In Bern werde ich als Baslerin bezeichnet.»

Anders als Noack oder Meschberger findet Schneider-Schneiter, die Baselstädtische SP ziehe die falsche Lehre aus der Nicht-Wahl Herzogs, wenn sie nun die Stadt-Land-Frage aufwerfe. Denn die Städte hätten heute schon grossen Einfluss: «Die gesellschaftlichen Trends und wirtschaftlichen Impulse kommen aus den Ballungsräumen.»

Für Schneider-Schneiter geht es nicht um einen urbanen Fokus, sondern um die Stellung der ganzen Region in der Schweiz: «Zürich und Bern kennen das Problem, im Bundesrat nicht vertreten zu sein, quasi nicht.» Die Antwort müsse also viel mehr ein Basler Zusammenarbeiten sein, findet Schneider-Schneiter, die 2014 auch die Kantonsfusion befürwortete.

Herz Tanz
Wir bieten Stadt und Land die Hand.

Unterstütze uns und werde Member.

Das könnte dich auch interessieren

Luca Urgese Kolumne-2

Luca Urgese am 23. Dezember 2024

Wehe, die Natur stört unseren Alltag

Die Zeit zwischen den Jahren ist Ferienzeit. Bald wird es auf unseren Social-Media-Kanälen wieder wimmeln von Fotos aus den Bergen, im Grünen oder am Meer. Wir suchen die Natur für Erholung. Aber wehe, sie kommt unserem Alltag in die Quere. Sind wir noch in der Lage, mit Naturphänomenen umzugehen?, fragt FDP-Politiker Luca Urgese in seiner Kolumne.

Weiterlesen
Wochenkommentar Leila Moon

Ina Bullwinkel am 13. Dezember 2024

Verlierer*innen, wo du hinschaust

Was bleibt übrig von der knapp einmonatigen Diskussion um die Vergabe des Kulturförderpreises an Leila Moon? Eine Jury, die sich und die Künstlerin angreifbar gemacht hat. Ein Amt für Kultur, das sich wieder einmal rechtfertigen musste. Und eine Künstlerin, an der nun ein Image haftet, das nur schwer zu revidieren ist. Ein Kommentar von Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Weiterlesen
Pekerman2

Valerie Zaslawski am 10. Dezember 2024

«Wir werden sehen, ob Syrien wirklich ein Land für alle sein wird»

GLP-Grossrat Bülent Pekerman sagt im Interview mit Bajour, die Freude über den Sturz von Assad in der kurdischen Community sei gross. Er äussert aber auch Bedenken: «Die Türkei wird nun versuchen, den Kurden in Syrien das Leben schwer zu machen.»

Weiterlesen
Elisabeth Schneider-Schneiter Ukraine

David Rutschmann am 06. Dezember 2024

«Uns allen geht es um die humanitäre Tradition»

Die Baselbieterin Elisabeth Schneider-Schneiter war eine der Ausscherer*innen aus der Mitte, die im Nationalrat die Verschärfung des Schutzstatus S möglich machten. Sie findet es richtig, den Sonderschutz auf die akuten Kriegsgebiete zu beschränken – und hofft, dass man damit die Zuwanderungspolemik der SVP bekämpfen kann.

Weiterlesen
David Rutschmann

Das ist David (er/ihm):

Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitik. Way too many Anglizismen.

Kommentare