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To pay or not to pay

(K)ein Corona-Bonus für Pfleger*innen?

Seit einem Jahr fordern die Pfleger*innen mehr Lohn oder wenigstens einen Corona-Bonus. Jetzt kommt das Geschäft in den Grossen Rat. Um was geht's, wer ist dafür und wie sieht's aus?

03/10/21, 03:54 AM

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Seit einem Jahr herrscht Corona. Eine strenge Zeit für das Pflegepersonal. Seit Beginn der Pandemie kritisieren die Pfleger*innen ihren harten Arbeitsalltag. Und den Lohn. Seit Monaten fordern sie deswegen einen Corona-Bonus, auch wir von Bajour haben immer wieder darüber berichtet. Alruna Stucki, Stationsleiterin des Pflegeheims Gellerthof in Basel, erzählt uns Mitte Dezember 2020: «Unser Alltag ist wahnsinnig aufwändig geworden. Wir messen bei allen 34 Bewohner*innen zwei Mal täglich Fieber. Beim Personal einmal täglich.»

Sie fühlte sich vergessen. Vor allem von der Politik. «Wertschätzung, Lösungen von der Politik – die habe ich in den letzten Monaten nicht gespürt. Es geschieht ja auch nichts.» Es brauche dringend mehr Personal. Gleichzeitig seien sie aber unterbezahlt, was die Attraktivität des Jobs erheblich schmälere. «Wir brauchen dringend mehr Leute.»

Die Pflegefachfrau Eveline Plattner-Gürtler geht einen Schritt weiter. In der Bajour-Rubrik «Aus meiner Sicht» fordert sie einen strukturellen Wandel im Gesundheitssystem. Auch für Eveline Plattner-Gürtler ist klar: «Wir steuern auf direktem Weg auf einen Gesundheitsnotstand zu. Langfristig wird ein Corona-Bonus nicht ausreichen.»

Gibst du uns eine Prämie? 🤑

Doch in den Spitälern und der Politik geschah wenig. Daniel Simon, der Präsident vom Pflegeverband SBK für Basel-Stadt und Baselland, rief im Januar aus: «Ausser einer Spitex-Organisation und eines Spitals wurden in der Region keine Boni gesprochen. Ein Kugelschreiber als Dankeschön kann es ja nicht sein.» 

Und Samira Marti, Baselbieter SP-Nationalrätin und Noch-Präsidentin des VPOD Region Basel erhob im Dezember schwere Vorwürfe gegen die Gesundheitsdirektoren der beiden Basel, Thomas Weber (SVP BL) und Lukas Engelberger (Die Mitte BS). Uns sagte sie: «Sie übernehmen keine Verantwortung, sondern zeigen auf die Institutionen und sagen: Die sind zuständig.» 

Jetzt will ein Teil der Basler Politik handeln und einen Pflegebonus fürs Gesundheitspersonal aussprechen. Die Gesundheitskommission des Grossen Rats hat eine entsprechende Motion eingereicht, jetzt steht sie auf der Tagesordnung.

Die Motion

Die «Motion betreffend Corona-Bonus für das Gesundheitspersonal während der COVID-19-Pandemie», wie sie mit vollem Namen heisst, kommt von der Gesundheits- und Sozialkommission des Grossen Rates. Sie wurde am 3. Februar 2021 eingereicht.

Die Motionär*innen fordern ein Corona-Bonus. Konkret beauftragt die Kommission den Regierungsrat einen Vorschlag für die Finanzierung eines solchen Bonus auszuarbeiten und diesen dem Grossen Rat zur Abstimmung vorzulegen. Die Höhe des Betrags habe die Kommission absichtlich offen gelassen, sagt uns Oliver Bolliger, Präsident der Gesundheits- und Sozialkommission. «Da wir eine möglichst breite Unterstützung aller Parteien erhalten wollen und dies konkret gar nicht beurteilen können, möchten wir die Regierung beauftragen, einen sinnvollen Betrag gemeinsam mit den Leistungserbringern auszuarbeiten.»

Die Kommission sei sich einig gewesen, dass es nötig sei, den Pfleger*innen ein Zeichen der Wertschätzung zu geben. Wer genau vom Bonus profitieren soll, hat die Kommission noch nicht endgültig festgelegt. «Sicherlich das Personal an der Front, die im direkten Kontakt mit den Erkrankten standen und dem Virus ausgesetzt waren – also in den Abteilungen der Kliniken mit Covid-Patient*innen, in den Pflegezentren, bei der Spitex und den Testzentren.» Konkreter sollen das aber auch die Spitäler und Organisationen bestimmen.

Von Links ist Unterstützung zu erwarten. Anders sieht es wohl bei den Bürgerlichen aus. Beispielsweise beim Basler SVP-Präsidenten Eduard Rutschmann. Er ist zwar Teil der Gesundheits- und Sozialkommission, die die Motion eingereicht hat. Aber er sprach sich noch im Dezember 2020 gegen den Bonus aus: «Bonuszahlungen sind der falsche Weg.»

Auch Lydia Isler-Christ (LDP), ebenfalls in der Gesundheitskommission, fand: «Lohnverhandlungen liegen nicht in der Verantwortung der Politik.» Das sei Sache der Spitäler. 

Und was sagen die Spitäler selbst? 

Im November liess das Unispital verlauten, es sei nicht in finanzieller Not, aber: «Aus der ersten Welle ist dem Universitätsspital Basel ein spürbarer finanzieller Schaden entstanden. Dieser konnte noch nicht ausgeglichen werden. Die finanziellen Folgen der zweiten Welle kommen jetzt aber obendrauf.» Eine Lohnerhöhung für gewisse Berufsgruppen, wie zum Beispiel die Intensivpflegekräfte, war damals trotzdem geplant. Eine Corona-Prämie hingegen nicht.

Ob sich die Meinung der Bürgerlichen mittlerweile geändert hat und ob die Politik doch in die Arbeit der Spitäler eingreift, sehen wir diesen oder nächsten Mittwoch im Grossen Rat. Oliver Bolliger sagt dazu: «Ich erwarte, dass die Bürgerlichen mehrheitlich für die Übergabe der Motion stimmen werden.» Er gehe davon aus, dass nach einem Jahr Pandemie klar sein sollte, das ein Corona-Bonus gerechtfertigt sei. Wir werden die Debatte in Realtime live begleiten. Du findest unseren Pflegebonus-Ticker auf Bajour.ch.

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