Szene isch plant-based
Immer mehr Menschen leben vegan, auch in Basel. Ob Restaurants, Food-Messen oder Festivals, Veganer*innen und Interessierte kommen auf ihre Kosten. Ein Blick in die vegane Szene.
Anfang September hat der Bund seine Klimastrategie für die Landwirtschaft vorgestellt. Das Ernährungssystem soll nachhaltiger und die Ernährungssicherheit gestärkt werden. Wie das genau aussehen soll, bleibt vage: Die Landwirtschaft soll «klima- und standortangepasst» produzieren und eine Selbstversorgung von mindestens 50 Prozent soll erreicht werden. Eine gesunde sowie ausgewogene Ernährung steht ebenfalls als Ziel fest. Der Nachhaltigkeitsgedanke bei der Ernährung ist demnach ein grosses Thema – auch in Basel.
Vor allem die vegane Bewegung in den sozialen Medien wird hier immer grösser, wie Zita Zanier Kommunikationsbeauftragte von «Basel Vegan» weiss. 2009 bestand die «Community» noch aus wenigen 100 Menschen, heute gehören knapp 3000 Interessierte in die dazugehörige Facebook-Gruppe «Vegan in Basel und Umgebung».
«Basel Vegan» ist eine Organisation, die 2009 gegründet wurde. Die Mitglieder setzen sich für «eine tierfreundliche, nachhaltige und gesunde Lebensweise in der Region Basel ein», indem sie der «interessierten Bevölkerung sensibilisierte und evidenzbasierte Informationen liefern». Die Organisation bietet ein Netzwerk für alle, die sich mit dem Thema auseinandersetzen möchten, egal ob Gastrounternehmen, Einzelperson oder Detailhandel. Auf Social Media sind sie vertreten, aber auch unterschiedliche Events werden im öffentlichen Raum und privat organisiert.
Auch ausserhalb der sozialen Medien wird das Thema präsenter: Immer mehr Restaurants mit pflanzlichem oder sogar komplett veganem Angebot werden eröffnet, letzte Woche fand beim Bahnhof SBB das vegane Festival statt, und diesen Samstag beginnt die zweitägige «Basel Vegan Messe».
Organisiert wird die Messe, die 2019 das erste Mal stattfand, von Hans-Jürg Däppen und seiner Partnerin Petra Lorenz. Das Ziel der Beiden: Das Thema Tierwohl in der Region grösser zu machen. Während im ersten Jahr noch acht Aussteller*innen ihre Produkte vorstellten, sind es heuer – bei der fünften Ausgabe der Messe – bereits 87 Aussteller*innen.
Dieses Wochenende findet die «5. Internationale Basel Vegan Messe» in Münchenstein statt. Die Schwerpunkte sind «Tierwohl, Natur und Umwelt, alternativen Ernährungsformen & Life Style», aber auch für NGOs und Konsument*innen bietet sie einen Treffpunkt. Über 80 Food- & non-Food-Aussteller*innen aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Österreich und England sind mit ihren veganen Produkten vor Ort.
Auch Bajour begleitet das Spektakel mit dem rosa Mikrofon. Auf Instagram kannst du am Sonntag mit dabei sein.
Nicht nur bei Veganer*innen sei die Messe beliebt, sondern vor allem auch bei sogenannten Flexitarier*innen, weiss Däppen. Die vegane Messe bezeichnet er als «ein grosses Herzensprojekt», in dem auch viel «Herzblut» stecke. Einmal im Jahr wolle er tierfreien Produkten eine Plattform bieten. Gleichzeitig kritisiert er, dass, obwohl die Messe stetig wächst, die finanzielle Unterstützung von Grossunternehmen wie Banken grosszügiger sein könnte. Bis jetzt finanziert Däppen nämlich alles selbst, was ihn aber nicht davon abhält, weitere Messen zu planen.
Diese Entwicklung sei für «Basel Vegan» sehr positiv, sagt Zanier von der Organisation.
Handelt es sich dabei um einen Trend? «Als Trend möchte ich es eigentlich nicht benennen, weil der Begriff so negativ behaftet und kurzlebig ist, aber wenn man die Zahlen der Veganer*innen anschaut, gehen diese eindeutig nach oben.» 2022 ernährten sich 0,7 Prozent der Schweizer Bevölkerung vegan. Dies klingt nach wenig, aber Zanier bleibt optimistisch: Sie merke, dass das Interesse vorhanden sei, auch wenn die Entwicklung des veganen Angebotes im Vergleich zu anderen Städten wie Zürich oder Bern in Basel etwas langsamer voranschreite.
Wenn der vegane Detailhandel und die Gastro-Welt in Basel gut aufgestellt ist, warum braucht es dann die Bewegung hier überhaupt noch? So gut sehe es dann doch nicht aus, meint Zanier. «Ein Grossteil der Bevölkerung ist noch nicht genügend informiert, zu viele unterstützen weiterhin Tierleid und nehmen Umweltschäden in Kauf», findet Zanier. Solange sich hierbei nicht grundlegend etwas verändert, macht «Basel Vegan» weiter. Ihnen sei es aber wichtig, niemals aufdringlich oder aggressiv aufzutreten. «Es werden nur Leute informiert, die auch wirklich Interesse an uns zeigen», erzählt Zanier.
Dass das vegane Business hier nicht immer klappt, weiss auch die Gründerin und Geschäftsführerin des «Gingi», Renée Winkler. Sie betrieb den veganen Laden in der Schneidergasse, der 2022 schliessen musste. «Vor und während Corona lief es eigentlich ganz gut», meint Winkler, aber danach blieb die Kundschaft vermehrt aus. Der Detailhandel habe so gut mit veganen Produkten aufgestockt, dass die Nachfrage eines rein veganen Geschäftes in Basel immer kleiner geworden sei. Ganz vorbei ist das «Gingi» aber nicht, denn einen Onlineshop mit Haushaltsartikeln und veganen Schuhen vertreibt Winkler weiterhin.
Auch wenn eine komplett vegane Welt ziemlich sicher eine Wunschvorstellung bleiben dürfte, sagt Zanier von «Basel Vegan»: «Ich möchte, dass sich die Menschen bewusst werden, was sie täglich konsumieren. In vielen Produkten steckt Tierleid, obwohl das mit den heutigen Entwicklungen gar nicht nötig wäre, sodass die stetige Aufklärung im Vordergrund unserer Arbeit steht.»
Däppen von der Basel Vegan Messe ist ebenfalls überzeugt davon, dass sich der vegane Lebensstil etablieren wird: «Vor 20 Jahren haben auch alle über Bio-Produkte gelacht und heute sind sie etabliert.» Wie diese Etablierung genau aussieht, wird die Zukunft zeigen, aber dass sich etwas verändert, merkt man am wachsenden veganen Angebot – auch in Basel, wie der Stadtplan von Veganaut zeigt:
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