Wahlen in Riehen: Links jubelt und die Bürgerlichen wunderts
Die SP jubelt über zwei gewonnene Sitze im Riehener Einwohnerrat. Die Mehrheit bilden aber wie gehabt die Bürgerlichen. Weshalb feiert die Linke sich als Wahlsiegerin und spricht von einen «Linksrutsch»? Eine Analyse.
Riehen hat gewählt. Und wie die bisherige Gemeinderätin und Präsidiumskandidatin Christine Kaufmann (EVP) vorhergesagte, haben die Riehener*innen keine Revolution angezettelt – im Gegenteil. Es bleibt, im Grossen und Ganzen, alles beim Alten: Die Bürgerlichen verteidigen weiterhin die Mehrheit im Einwohner*innenrat und im Gemeinderat wurden alle Bisherigen bestätigt. Noch offen ist ein Sitz im Gemeinderat und das Gemeindepräsidium.
Trotzdem spricht die SP von einem Linksrutsch im Einwohner*innenrat, Polit-Grössen wie Jacqueline Badran und sogar Partei-Co-Präsident Cédric Wermuth jubeln auf Social Media und gratulieren der SP Riehen zu ihren gewonnenen Sitzen.
Es stimmt, die SP bildet inzwischen die stärkste Fraktion. Die Partei konnte zwei zusätzliche Sitze im Einwohner*innenrat holen – einen davon auf Kosten der SVP, den anderen luchsten sie ihrer Bündnispartnerin, der EVP, ab.
Zudem schaffte der SPler Guido Vogel problemlos die Wiederwahl in den Gemeinderat. Entzückt frohlockt seine Partei: Beim ersten Wahlgang! Das gab’s noch nie! «Das ist eine Sensation, das ist einem SP-Kandidaten in Riehen schon seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr gelungen», reagiert Vogel stolz.
Diese Kandidat*innen schafften bereits im ersten Durchgang den Gump in die Regierung:
- Felix Wehrli (SVP), bisher
- Silvia Schweizer (FDP), bisher
- Daniel Hettich (LDP), bisher
- Christine Kaufmannn (EVP), bisher
- und Guido Vogel (SP), bisher
Newcomer*innen wie Edibe Gölgeli (SP) oder David Moor (GLP) hatten kaum einen Stich gegen die alten Hasen. Gerade Gölgeli, die in Wirtschaftsfragen eher am liberalen Flügel der SP politisiert, hatte sich gute Chancen ausgerechnet.
Der Präsidiumsposten bleibt noch unbesetzt, keine*r der Kandidat*innen schaffte es, das absolute Mehr zu erreichen. Daniel Albietz (Mitte) gelang das beste Ergebnis, gefolgt von Christine Kaufmann (EVP) und an dritter Stelle, mit weniger als halb so vielen Stimmen wie Albietz, SP-Kandidat Guido Vogel.
Der zweite Wahlgang für den offenen Gemeinderatssitz und fürs Gemeindepräsidium ist auf den 20. März angesetzt.
Vor lauter Herzliaugen ist aber das eigentliche Ziel der Mitte-Links-Allianz, die Verhältnisse im Parlament immerhin ausgeglichen hinzubekommen, in den Hintergrund geraten.
SP-Kandidatin Edibe Gölgeli verpasste im Rennen um den verbliebenen Gemeinderatssitz das absolute Mehr und landete, nach Daniele Agnolazza (EVP) auf dem siebten Platz.
Kein Grund zur Betrübnis, findet Gölgeli. Die SP sei die einzige Partei, die im Einwohner*innenrat zulegen konnte. Die Sozialdemokrat*innen konnten ihre Wähler*innen erfolgreich mobilisieren. «Unter anderem auch wegen Guido Vogel und meiner Kandidatur», ist Gölgeli überzeugt. Den Sitzgewinn sieht sie als gutes Omen für den zweiten Wahlgang für den Gemeinderat: «Die Wahlen sind noch nicht vorbei, wer die Mehrheit im Gemeinderat hat, ist Stand heute nicht klar.»
SVP: Von Linksrutsch kann nicht die Rede sein
Pascal Messerli politisierte lange in Riehen, mittlerweile beschränkt der SVP-Grossrat seine politische Arbeit auf den Kanton. Von Linksrutsch zu sprechen, sei falsch, findet er.
«Es stimmt, dass die SP zwei Sitze gewonnen hat, die SVP hat einen Sitz verloren. Uns als SVP tut der Sitzverlust weh», sagt Messerli. An der bürgerlichen Dominanz im Einwohner*innenrat ändere das aber nichts, hält der SVP-Grossrat fest: «Mitte, FDP, LDP und SVP haben nach wie vor eine Mehrheit, ohne auf die unzuverlässige GLP angewiesen zu sein.» Dies sei insbesondere in finanz- und steuerpolitischen Fragen wichtig.
Wer für den verbliebenen Sitz im Gemeinderat und für das Gemeindepräsidium kandidiert, entscheiden die beiden Bündnisse in den kommenden Tagen.
Riehener SP-Parteipräsident Martin Leschhorn ist zuversichtlich, dass sie den Ausgleich im Gemeinderat schaffen werden. Den Sitzgewinn und Vogels prompte Wiederwahl wertet Leschhorn als gutes Zeichen: «Riehen ist eben nicht einfach bürgerlich dominiert», sagt er. In Zukunft werde sich das im Einwohner*innenrat und bei Vorstössen bemerkbar machen, ist sich Leschhorn sicher: «Die Bürgerlichen sind geschwächt, es wird in Zukunft anders laufen, linke und grüne Begehren werden nicht mehr so einfach abgekanzelt werden können.»
Der zweite Wahlgang findet am 20. März statt. Dann zeigt sich, ob der Linksrutsch tatsächlich gelingt.