Warum ich trotz Bedenken Ja sage zum Rheintunnel

Mitte-Co-Präsidentin Sara Murray wird am 24. November für den Ausbau der Nationalstrassen stimmen – weil sie findet, dass die Region Basel den Rheintunnel braucht. Ihr geht es dabei vor allem um die Entlastung der Quartiere.

Sara Murray Rheintunnel
(Bild: Adobe Stock/Collage: Bajour)
Die Politik hat das Wort

Was denken die Politiker*innen aus Basel-Stadt und Baselland über die kantonalen Abstimmungen vom 24. November? Wir gewähren einigen von ihnen im Vorfeld den Platz und überlassen ihnen das Wort. Heute Sara Murray zum Thema Autobahnausbau und Rheintunnel. Sie ist Co-Präsidentin der Mitte Basel-Stadt.

Ich wohne im Breite-Quartier. Jeden Morgen und jeden Abend stauen sich Autos und Lastwagen vor meiner Haustür. Jeden Morgen und jeden Abend müssen wir im Quartier speziell aufpassen – denn bei so viel Verkehr ist auch die Fahrt in die Stadt mit dem Velo oder Gang über den Fussgängerstreifen potenziell gefährlich. Jeden Morgen und jeden Abend haben wir Lärm und Abgase.

Und nun können wir in Basel und der Schweiz am 24. November über die Lösung abstimmen: Mit der Engpassbeseitigung auf den Nationalstrassen soll von Birsfelden bis unteres Kleinbasel der Rheintunnel gebaut werden und den Transitverkehr, inklusive der vielen Lastwagen, schlucken und unter der Stadt hindurchführen. In der Breite erhoffen wir uns davon eine Beruhigung, eine Erhöhung der Sicherheit und mehr Lebensqualität. Das ist auch der Grund dafür, dass der neutrale Quartierverein Breite-Lehenmatt klar für ein Ja einsteht.

Ich verstehe zwar auch jene, die mit der aktuellen Vorlage unzufrieden sind. Auch ich halte mehr Strassen für nicht nachhaltig und stimme nur deshalb zu, weil es hier um bestehende Autobahnen geht, die chronisch überlastet sind und dadurch die umliegenden Quartiere und Gemeinden belasten. Auch ich halte es für nötig, die Osttangente teilweise zurückzubauen oder zumindest das Tempo auf 60 Stundenkilometer zu reduzieren, sobald der Rheintunnel in Betrieb ist. Denn dadurch erhalten auch die direkten Anwohnerinnen und Anwohner eine grössere Entlastung.

Und trotzdem ist es falsch, aufgrund des nicht gemachten Versprechens zu flankierenden Massnahmen auf der Osttangente seitens des Bundes Nein zu stimmen. Denn eines ist sicher: Wenn der Rheintunnel nicht gebaut wird, gibt es garantiert keine Entlastung auf der Osttangente. Mit dem Rheintunnel können wir uns weiter für unser Anliegen einsetzen und mit voller Härte dafür kämpfen.

«Mit dem Rheintunnel wird gerade der Transitverkehr nicht mehr durch die Stadt fahren. Dies ist für die Anwohnenden und für uns in den umliegenden Quartieren besonders entscheidend.»

Apropos kämpfen: Der geplante Rheintunnel zeigt exemplarisch, dass es sich lohnt, sich in der Politik für gute Lösungen einzusetzen. Es war nämlich die baselstädtische Regierung, angeführt vom damaligen SP-Baudirektor Hans-Peter Wessels, die es geschafft hat, den ursprünglich geplanten oberirdischen Ausbau mitten durch Basel zu verhindern. Würde diese Vorlage zur Abstimmung gebracht, würde ich Nein stimmen. Die Basler Regierung hat es aber geschafft, Bundesbern zu überzeugen, dass der Verkehr nicht durch die Stadt, sondern unter der Stadt hindurchgeführt werden soll.

Mit dem Rheintunnel wird nämlich gerade der Transitverkehr nicht mehr durch die Stadt fahren. Dies ist für die Anwohnenden und für uns in den umliegenden Quartieren besonders entscheidend, weil Lastwagen zehnmal lauter sind als normale Autos. Alleine mit der Verlagerung der vielen Transitlastwagen steigt die Lebensqualität in der Stadt damit spürbar.

«Wenn wir ein Zentrum sein wollen für Kultur, für Sport aber auch für Wirtschaft, dann müssen wir in unsere Infrastruktur investieren.»

Neben meiner Quartiersicht versuche ich jedoch auch das grosse Ganze im Auge zu behalten. Ich bin im Wallis aufgewachsen und weiss daher sehr genau, wie wichtig Infrastrukturprojekte für die Regionen weit weg von Zürich und Bern sind. Und hier haben wir in der Region erheblichen Nachholbedarf.

Wenn wir als Basel eine Stadt sein wollen (und ich hoffe fest, dass wir das wollen) – wenn wir ein Zentrum sein wollen für Kultur, für Sport aber auch für Wirtschaft, dann müssen wir in unsere Infrastruktur investieren. Nur dann sind wir für Wirtschaft und Gesellschaft aus der Region aber auch von weiter her gut erreichbar.

Dazu gehört für mich neben einem Bau des Hafenbeckens 3 (wie lange dauert das eigentlich noch?) und dem Bau des Tiefbahnhofs und des Herzstücks eben auch der Bau des Rheintunnels. 

Das könnte dich auch interessieren

Portemonnaie

Valerie Wendenburg am 20. Januar 2025

Thesen statt Fakten

Im Hinblick auf die Abstimmung im Kanton Baselland vom 9. Februar kocht das Thema Mindestlohn auch in Basel hoch. Mitten im Wahlkampf publizierte die Uni Basel eine nicht repräsentative Studie zum Thema. In Auftrag gegeben wurde sie vom Gewerbeverband Basel-Stadt und vom Arbeitgeberverband Region Basel.

Weiterlesen
Wochenkommentar Velovorzugsroute

Ina Bullwinkel am 17. Januar 2025

Die Möchtegern-Velostadt

Bald müssen die Basler Stimmberechtigten über Velovorzugsrouten abstimmen. Wer diese Idee für radikal hält, sollte sich echte Velo-Städte im Ausland anschauen – und von ihnen lernen. Etwa wie man trotz Parkplatzabbau das Gewerbe mitnimmt. Ein Kommentar von Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Weiterlesen
FDP/SVP Migrationspolitik

David Rutschmann am 14. Januar 2025

Wie der Freisinn mit der Asylpolitik hadert

Einzelne FDP-Politiker aus Basel wechseln zur SVP. Ein Trend ist das noch nicht, heisst es im Präsidium. Derweil fordern die Freisinnigen auf nationaler Ebene eine strengere Migrationspolitik. Politologin Denise Traber ist skeptisch, dass sich so liberale Wähler*innen zurückgewinnen lassen.

Weiterlesen
Wochenkommentar EU Schweiz

Ina Bullwinkel am 02. Januar 2025

Aufklärung statt Polemik

Die Verhandlungen mit der EU sind abgeschlossen. Ausruhen kann sich der Bundesrat nicht. Der Kampf ums Abkommen beginnt jetzt erst so richtig. Am Ende muss das Volk nüchtern nachvollziehen können, was das Ganze unter dem Strich bringt, kommentiert Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Weiterlesen

Kommentare

d162d4f4-15b4-4db3-a2fa-3851c8e39ec2
Axel Schubert
Dipl.-Ing. Arch, Stadtplaner / Dozent Nachhaltigkeit

Entlastung sofort statt 16 Jahren Lärm in Breite und Birsfelden!

- Gemäss Umweltverträglichkeitsbericht Rheintunnel (S.57) gibt es KEINE wahrnehmbare Lärmveränderung auf der Osttangente (Breite/Gellertdreieck). Haben die Befürwortenden die Unterlagen vom ASTRA wirklich nicht gelesen? - ASTRA: Rheintunnel belastet (!) das untergeordnete Netz (KWA) - Wird der Rheintunnel nicht gebaut, kann es dennoch Entlastung auf der Osttangente geben: durch Tempo 60, sofort. Das bringt mehr, als den Verkehr um 1/3 zu reduzieren, wie vorgesehen (logarithmische Zusammenhänge). - Sollen Breite und Birsfelden noch mind. 16 Jahre warten? Wirklich? Die Quartiere haben heute schon Massnahmen verdient, zB temporäre Durchfahrtssperren für Nichtanlieger*innen. - Hafenbecken 3 führe zu einer 80% Verlagerung von LW auf Schiene (so die Handelskammer auf einem Podium diese Woche). Das macht den Rheintunnel vollends obsolet. - dito mit flankierenden Massnahmen im Stadtnetz - denn ca. 80% sind heute lokal-regionaler Verkehr. u.a. wegen all dem: ein ganz klares NEIN am 24.11.

Ruedi Basler
13. November 2024 um 11:25

Täuschungen

Die NZZ zeigte auf, dass der Autobahn-Ausbau deutlich teurer wird als geplant. Der SonntagsBlick deckte auf, dass das Astra im letzten Jahr 5,4 Millionen Franken für PR-Agenturen ausgegeben hat, um den Autobahn-Ausbau schönzureden. In der SonntagsZeitung wurde publik, dass das Departement von Karin Keller-Sutter davon ausgeht, dass es zusätzliche Abgaben zur Finanzierung des Milliarden-Ausbaus braucht. Fazit: Der Ausbau der Autobahn wird 20 % mehr, als im Abstimmungsbüchlein steht. Aber ohne Teuerung und Mehrwertsteuer. Die im Autobahn-Ausbau enthaltenen Tunnelprojekte werden aufgrund Erfahrungen bisheriger Projekte 20 % teurer. Neutrale Kommunikation gehört zu den Kernaufgaben von Verwaltungen. Das Astra lagert dies für 5,4 Millionen Franken an PR-Agenturen aus, um das richtige «Framing» zu erzeugen. Ein unsäglicher Skandal. Autostrassen-Ausbau torpedieren zukunfstorienterte Lösungen.