«Wir brauchen kurzfristige Lösungen für vulnerable Personen»

Sind Klimaanlagen ein No-Go? Die Bajour-Community ist unentschlossen. FDP-Grossrat Daniel Seiler kündigt einen Vorstoss an, mit dem er die Regeln für den Einbau von Kühlgeräten lockern will.

Daniel Seiler Klimaanlage
Daniel Seiler, FDP-Grossrat seit 2023 und Geschäftsführer beim ACS beider Basel. (Quelle: Grosser Rat BS/Unsplash)

Daniel Seiler, wie heiss wird es im Sommer in Ihrem Büro?

Mein Vorteil ist, dass ich auch einen Arbeitsplatz ausserhalb des Kantonsgebiets habe. Da habe ich eine Klimaanlage.

Dann müssen Sie im Gegensatz zu Erziehungsdirektor Conradin Cramer, der seine nach Basler Gesetz verbotene Klimaanlage wieder abgeben muss, nicht schwitzen.

Darum geht es mir gar nicht. Es geht um das effektive Problem, dass für Pflege- oder Altersheime und Arztpraxen gleiche Umweltschutzregeln gelten wie für andere Gebäude. Wenn es dort aber zu heiss wird, kann das gefährlich werden. 

In Altersheimen wird zu wenig gut gekühlt im Sommer?

Neubauten haben gute Gebäudekühlungen. Aber in Altbauten mit schlecht gedämmten Gebäudehüllen ist es extrem schwierig, die Temperatur ohne Klimaanlagen runterzukriegen. Der Bau 1 des Unispitals wird extrem heiss im Sommer. 

In solchen Fällen werden auch in Basel Bewilligungen für Klimaanlagen erteilt.

Die Gesetzgebung ist zu streng, sie lässt wenig Spielraum. Deshalb will ich mit einem Vorstoss, den ich im März einreichen werde, zur Diskussion stellen, ob wir das Umweltschutzgesetz nicht lockern müssen. 

2024-02-15 Frage des Tages Klimageräte-2
Und was denkst du?

Ein Klimagerät im Büro von Erziehungsdirektor Conradin Cramer sorgt für Aufsehen. Im Altbau an der Leimenstrasse wird es im Sommer sehr heiss. Bis jetzt sorgten zwei mobile Klimageräte für Abkühlung. Dies steht aber ziemlich quer zur Ausrufung des Klimanotstands durch den Grossen Rat und zum Basler Netto-Null-Ziel. Abklärungen – ausgelöst durch BaZ-Nachfragen – ergaben dann auch, dass das Klimagerät in Cramers Büro seit Herbst 2022 nicht mehr zulässig ist. Das Problem bei solchen Klimageräten: Sie fressen viel Strom und kostet damit nicht nur potenziell viel Geld, sondern belasten auch die Umwelt.

Zur Diskussion

Das wird vielen umweltsensiblen Ratskolleg*innen nicht gefallen. Klimaanlagen fressen viel Strom.

Meine linken Kollegen haben zur Zeit der Abstimmung über die Stadtklimainitiativen oft über Hitzeschutz gesprochen. Aber wenn wir heute einen Baum pflanzen, hilft das vulnerablen Personen in Innenräumen nicht. Klimaanlagen kann man installieren und sofort einen Kühlungseffekt erzielen. 

Das in Basel entstehende Fernwärmenetz kann dank einer Wärmetauscher-Anlage der IWB auch «Fernkälte» liefern. Das ist doch eine alternative, umweltfreundliche Lösung, für die man das Gesetz nicht ändern muss.

Wie gesagt: Die Hitzesommer sind jetzt schon ein Problem und die Fernwärme ist noch nicht überall in Basel verfügbar. Wir brauchen kurzfristige, pragmatische Lösungen.

Also eine Gesetzesanpassung zuungunsten des Klimas?

Mein Vorstoss wird vom Regierungsrat verlangen, Möglichkeiten zu prüfen, wie die vulnerablen Gruppen vor der Hitze geschützt werden können. Vielleicht findet der Regierungsrat dann andere Lösungen, aber ich finde, wir müssen auch über die Lockerung des Gesetzes reden, um den Einbau von Klimaanlagen einfach zu ermöglichen.

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