«Wir sparen, wo wir können»
Am Freitag startet die BuchBasel. Die Leiterin des internationalen Literaturfestivals Marion Regenscheit spricht mit Bajour über Highlights, gute Besucherzahlen und finanzielle Sorgen.
Wie geht es Ihnen im Endspurt kurz vor der Eröffnung der BuchBasel?
Wir sind müde und vorfreudig, und es geht uns alles in allem sehr gut. Ich sage «wir», weil ich die Frage gar nicht für mich alleine beantworten kann. Ich starte mit der Organisation Anfang des Jahres, aber je näher das Festival rückt, desto wichtiger ist unsere Zusammenarbeit im Team und mit allen Helfer*innen. Wir freuen uns zusammen auf drei Tage Literatur und das feiern wir.
Was ist das Highlight des diesjährigen Festivals?
Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten, weil die Geschmäcker verschieden sind. Lesen ist höchst individuell. Jemand mag den Krimiautor Sebastian Fitzek, andere mögen die Sachbücher von Eva von Redecker und andere kommen, um Daniel Kehlmann oder die Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk zu erleben. Für mich ist schon das diesjährige «Ich – Du – Wir» ein Highlight. Wir wollen darüber nachdenken, wie wir von einem Ich und einem Du zu einem gemeinschaftlichen Wir kommen.
Die BuchBasel findet an vielen Orten in Basel statt, wie viele Spielstätten gibt es?
An der Buchbasel selbst bespielen wir zwölf Orte in der Stadt. Dazu gehören das Volkshaus als Festivalzentrum, der Jazzcampus und die Kaserne, aber auch ein Manor-Schaufenster und der Keck-Kiosk. Und das Kinderbuchfestival ist in der Klara zuhause. Als Auftakt des Festivals finden gerade die Basler Buchwochen in Basel-Stadt und Baselland statt. Wir wirken da unterstützend und ermuntern Buchhandlungen oder Bibliotheken, mitzumachen und bewerben diese Anlässe auch. Insgesamt sind es 36 Spielstätten.
Das internationale Literaturfestival findet vom 17.-19. November in Basel statt. Es ist ein Ort des literarischen Austauschs, ein Treffpunkt zwischen Autor*innen aus der ganzen Welt und Literaturfreund*innen aus dem Dreiländereck. Die BuchBasel ist das grösste kuratierte Festival mit internationaler Ausrichtung in der Schweiz.
Dieses Jahr stehen 107 Anlässe auf dem Programm, die über die ganze Stadt verteilt stattfinden. Jeweils am Festival-Sonntag wird im Rahmen des Festivals der Schweizer Buchpreis verliehen. Die BuchBasel wird – ebenso wie das Literaturhaus Basel – vom Trägerverein LiteraturBasel betrieben. Der Verein wird in der laufenden Staatsbeitragsperiode vom Kanton Basel-Stadt mit 430'000 Franken unterstützt.
Was bieten Sie den Kindern für ein Programm?
Das Kinderbuchfestival wird von Urs Schaub, Co-Leiter der Buchkinder Basel, kuratiert. Der Schwerpunkt liegt in der Vielsprachigkeit und im kulturellen Austausch. In Workshops wird zudem handwerklich gearbeitet. Alle Anlässe sind gratis, wir bieten Znüni, Zmittag und Zvieri an. Wir haben die Klara als multikulturellen und offenen Ort gewählt, um möglichst viele Leute anzusprechen und es freut mich besonders, dass das Kinderprogramm extrem viel Zulauf findet.
Und die Jugend? Holen Sie diese auch ins Boot?
Wir haben eine langjährige Kooperation mit dem Gymnasium Oberwil, deren Schüler*innen Texte auf der Bühne vortragen. Darüber hinaus besuchen auch viele Jugendliche und Schulklassen das Festival. Eine Klasse vom Gymnasium Leonhard ist meine Feedbackgruppe. Nach dem Festival treffen wir uns und sie sagen mir was sie doof gefunden haben. Die Perspektive der Schüler*innen ist total spannend. Eine Rückmeldung war: «Dieser dicke rote Vorhang ist einfach doof.» Oder: «Lieber keine Blumen als solche hässlichen». Es stimmte, die Jugendlichen hatten recht, es gibt jetzt weder diesen roten Vorhang noch diesen Blumenschmuck.
Ein Programmpunkt ist auch die Digitale Literatur. Was kann ich mir darunter vorstellen?
Digitale Literatur gibt es seit den 1990er-Jahren, es ist also kein neues und auch kein Pandemie-Phänomen. Erst sprach man von Netzliteratur, in der vor allem mit Hyperlinks gespielt wurde. Digitale Literatur hat nichts mit Ebooks zu tun. Sie ist eine Nische im Literaturbetrieb, in der viel experimentiert wird, die aber auch extrem teuer ist. Es braucht Programmierer*innen ebenso wie Technik, Visuals oder Musik. Wir nehmen dieses aufwändige Projekt mit im Programm auf, weil wir zusammen mit dem Publikum schauen möchten: Was ist das genau und taugt es was? Ist es zukunftsweisend?
Als Abschluss der BuchBasel wird der Schweizer Buchpreis verliehen. Dort kam es schon zu kleineren Eklats, als zum Beispiel der Preisträger Christian Kracht nach der Verkündung im Jahr 2016 einfach verschwunden ist…
Der Schweizer Buchpreis ist der Anlass mit der grössten Wirksamkeit in der Öffentlichkeit. Wir als Festival profitieren davon, dass wir Teil des Buchpreises sind. Weil der Anlass so professionell von Nina Mavis Brunner moderiert wird, sehe ich ihm aber recht gelassen und mit Freude entgegen.
Das Programm steht, die Stunden sind gezählt. Haben Sie Sorge vor spontanen Absagen und Programmänderungen?
Ja und Nein. Im Jahr 2020 haben wir maximal geübt, was Spontanität betrifft. Damals hatten wir das Festival komplett organisiert und dann änderten sich zwei Wochen vor Festivalstart die kantonalen Corona-Richtlinien. Schliesslich mussten wir alles wegen Covid absagen. Das Schöne ist ja, dass wir mit Menschen zusammenarbeiten und da ist klar, dass sich die Dinge immer ändern können. Wer meine Planungswand anschaut, sieht, dass wir beweglich sind.
Kommen wir zum Finanziellen. Der Verein LiteraturBasel, zu dem die BuchBasel gehört, hat Ende Oktober eine Erhöhung der Staatsbeiträge 2024-2027 um jährlich 124’000 Franken gewünscht. Warum?
Der Verein LiteraturBasel wird zur Hälfte von den Kantonsgeldern und zur anderen Hälfte von privaten Geldern finanziert. Die Kulturbotschaft des Bundes 2025-2028 besagt, dass es bessere Löhne für Künstler*innen geben muss. Das können wir nur unterstützen. Wir erhalten vom Kanton auch einen Zuschlag, damit wir die höheren Löhne an die Künster*innen zahlen können. Das aber reicht nicht aus, da fast alle anderen Kosten, die wir haben, auch steigen.
Was heisst das konkret?
Alles ist teurer geworden. Die Mieten für das Büro, das Literaturhaus und das Volkshaus während der BuchBasel. Ich zahle dieses Jahr rund 10’000 Franken mehr an Hotelkosten für die Mitwirkenden an der BuchBasel als letztes Jahr. Zudem schnellen die Technik- und Energiekosten in die Höhe. Es ist sehr schwierig, Eventtechniker zu finden und auch deren Preise sind stark gestiegen. Dazu kommen steigende Papier- und Druckkosten für Kommunikationsmittel. All diese Ausgaben können wir nicht beeinflussen.
Was können Sie beeinflussen?
Wir sparen, wo wir können: Dieses Jahr frühstücken unsere Gäste teilweise nicht im Hotel, sondern wir bereiten dies zusammen mit der Bäckerei Bachmann vor. Für unsere Helfer*innen kochen wir selbst Suppe. Dem Verein ist es seit Jahren nicht möglich, dem Team einen Teuerungsausgleich oder Weiterbildungen zu bezahlen. Das BuchBasel Team hat insgesamt 200 Stellenprozent zur Verfügung und das ist für ein Festival in dieser Grösse sehr wenig. Viele arbeiten mit kleinen Pensen für den Verein, weil die Arbeit auf viele verteilt werden kann und mehr Schultern mehr tragen können.
Wie geht es weiter, hat die Bildungs-und Kulturkommission Ihnen schon geantwortet? Nein, noch nicht. Der Verein hofft auf eine Einladung zum Gespräch, damit wir unsere Punkte darlegen können.
Wie läuft der Vorverkauf? Sind Sie optimistisch, was die Besucher*innenzahlen angeht?
Der läuft zum Glück super. Besonders bei den grossen Namen, die ich schon teilweise genannt habe. Festivals funktionieren hier ganz anders als das Literaturhaus mit seinem monatlichen Programm. Dort sind die Publikumszahlen seit Covid eingebrochen. Diese Entwicklung spüren wir beim Festival zum Glück gar nicht. Wir haben viel bessere Vorverkaufszahlen als vor der Pandemie. Im letzten Jahr hatten wir an der BuchBasel ein so grosses Publikum wie noch nie und es sieht auch dieses Jahr bisher vielversprechend aus. Das ist für uns die schönste Anerkennung unserer Arbeit.
Bist du dabei? Unterstütze uns und werde Member!