Basel sucht Platz für 260 Container
Die Regierung kauft Wohncontainer mit Platz für 600 Geflüchtete. Die Suche nach einem Standort läuft. Aber warum dauert das so lang?
Für 4,9 Millionen hat die Regierung Basel-Stadt Wohnmodule zur Unterbringung von 600 Geflüchtete aus der Ukraine gekauft. Mögliche Standorte werden zurzeit evaluiert. Bis erste Ukrainer*innen einziehen, muss mit einem Zeithorizont von sechs bis acht Monaten gerechnet werden.
Das Staatssekretariat für Migration sagte Mitte Mai, in der Schweiz kommen täglich zwischen 300 und 500 Geflüchtete an. 2,3 Prozent der Ukrainer*innen landen laut dem Verteilschlüssel des Kantons Basel-Stadt in Basel. Wohnraum tut Not. Die Behörden in Bern haben bereits vor Wochen entschieden, ein Containerdorf zu bauen und wie die SDA berichtet, wurde dieses unweit des Stadtzentrums «quasi über Nacht» aus dem Boden gestampft. So sehen die Container in Bern aus.
Eine Bewilligung wurde nachträglich eingereicht, was in Bern auch auf Kritik stiess. Insgesamt wird das Berner Containerdorf 450 Wohnmodule, umfassen und ist damit grösser als die geplante Anlage in Basel. Bezugstermin der ersten Etappe ist Mitte Juni.
In Basel darf frühestens ab Dezember mit den ersten Betten gerechnet werden.
Warum dauert das so lange? Schliesslich hat die Regierung in ihrer Mitteilung selbst darauf hingewiesen, dass «absehbar hunderte Frauen und Kinder über längere Zeit unterirdisch untergebracht» werden müssten, sollten die Modulbauten nicht rasch realisiert werden.
«Es gibt im Kanton Basel-Stadt gar nicht so viele optimale Standorte für ein Containerdorf.»Ruedi Illes, Leiter Sozialhilfe Basel-Stadt
Ruedi Illes, Leiter der Sozialhilfe Basel-Stadt sagt, die Beschaffung der Wohnmodule sei das eine. Das Aufstellen das andere. Aktuell werde unter Hochdruck an Standorten gesucht, doch so lange kein definitiver Entscheid vorliegt, könne nicht kommuniziert werden.
Dabei stellen sich Fragen nach der Voraussetzungen, die der Standort für das Containerdorf erfüllen soll. Wird der Ort beispielsweise mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar sein? «Auch darauf wird geachtet», sagt Illes, «aber es gibt im Kanton Basel-Stadt gar nicht so viele optimale Standorte.» So dürfen die Container beispielsweise nicht in einer Bauzone stehen.
Sobald der Standort feststeht, kommt ein üblicher Bewilligungsprozess in Gang. Illes sagt, von der Einreichung des Baugesuchs, über die Bewilligung bis zum Aufstellen werden «mindestens 6-8 Monate» vergehen. Dieser Prozess beansprucht also am meisten Zeit. Ausserdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu Einsprachen kommt. Dann würde der Bauprozess noch einmal verlängert.
Wie gross wird das Basler Containerdorf?
Zur Dimension der Basler Containersiedlung war bislang wenig bekannt, doch beim Nachfragen wird klar: Es könnte gross werden.
Bei den gekauften Containertypen handelt es sich um zwei verschiedene Modelle.
Das eine Modell wurde früher vorübergehend als Pflegeheim genutzt. «Man kann sich das vorstellen wie ein grösseres Spitalzimmer», sagt Illes. Die Zimmer sind zirka 22-24 Quadratmeter gross und verfügen über ein Badezimmer und eine Toilette. Theoretisch könnten in so einem Zimmer vier Personen unterkommen, sagt Illes. Insgesamt sollen diese Wohnmodule Platz bieten für maximal 140 Personen. Mit einer maximalen Belegung von vier Personen wäre folglich mit 35 Containern zu rechnen. Dieser Containertyp ist im Aufbau unflexibel. Er muss so wiederaufgebaut werden, wie er am früheren Standort stand. Wo die Container herkommen, wird nicht kommuniziert. Nur so viel: Die Container kommen aus der Schweiz.
Zweiter Containertyp: Kleiner und ohne Bad
Beim anderen Containermodell handelt es sich um einfache, isolierte Standardcontainer «wie man sie von der Baustelle kennt» (Illes) mit Fenster und Türen. Sie sind 14,4 Quadratmeter gross und verfügen über keine sanitären Anlagen. Diese müssen zusätzlich erstellt werden. Die kleineren Einzelcontainer lassen sich unterschiedlich gruppieren und stapeln. Theoretisch könnten sie auch an unterschiedlichen Standorten platziert werden. Das bedeutet, es gäbe in und um Basel verschiedene Containerdörfer für Geflüchtete.
Für den zweiten, kleineren Containertyp rechnet Illes mit einer Belegung von zwei Personen, zum Beispiel einer Mutter mit einem Kind. Insgesamt können in diesem zweiten Containertyp maximal 450 Personen untergebracht werden. Bei dieser Auslastung wäre also mit 225 Containern des zweiten Typs zu rechnen. Weitere Container mit sanitären Anlagen oder Aufenthaltsräumen sind da noch nicht eingerechnet.
Zum Vergleich: Das «Migrationszentrum Dreispitz», das im Kontext der sogenannten «Flüchtlingskrise» 2017 am Walkeweg bezogen wurde, umfasste damals 40 Container mit 250 Plätzen und unterschiedlichen Wohnmodulen. Nach einem Teilabbau 2020 sind es heute ein Viertel weniger. Es ist aktuell die einzige temporäre Wohnsiedlung für Geflüchtete im Kanton Basel-Stadt.
Für das geplante Containerdorf wird mit Wohnfristen von einem bis drei Jahre gerechnet. Im Optimalfall wohnt dort aber niemand für drei Jahre. Ukrainer*innen können jederzeit in eine reguläre Wohnung ziehen, wenn sie eine finden. Zur Zeit verfügt die Sozialhilfe über 500 freie Wohnungs-Plätze für Geflüchtete in Basel-Stadt.
Illes sagt, vor dem Krieg in der Ukraine hatte die Sozialhilfe knapp 1700 Geflüchtete zu betreuen. Die Zahl hat sich nun innert dreier Monaten verdoppelt. Die Hilfe von Privaten sei wertvoll, sagt Illes, nur dürfte man zum Beispiel im Hinblick auf die Unterbringung nicht überstrapazieren. Darum wird nun vorgesorgt. Der Aufbau einer Infrastruktur für Geflüchtete von dieser Dimension ist ein Novum in Basel-Stadt. Die Zahl von 6000 Geflüchteten bis Ende Jahr sei dabei das Worst-Case-Szenario. Wie der Krieg weitergeht, weiss niemand.