Über Rücktritt will keine*r mehr reden

Einen Tag nach der eskalierten Demo am 8. März forderte ein linkes Bündnis, inklusive SP, den Rücktritt des Polizeikommandanten Martin Roth. Steht die Mehrheit der SP-Fraktion hinter dieser Forderung? Die Fraktionschefin Michela Seggiani will den Fokus lieber auf den Polizeieinsatz legen.

Michela Seggiani Demo
Soll Polizeikommandant Roth zurücktreten? Michela Seggiani will nichts zur Haltung der Fraktion sagen.

Fordert die SP nun den Rücktritt des Polizeikommandanten Roth oder nicht?

Am 9. März liess die Partei, zusammen mit dem GAB und Gewerkschaften, eine entsprechende Medienmitteilung raus. Absenderin für die SP: Die Co-Präsidentin Jessica Brandenburger. 

Das ist bemerkenswert für die grösste Partei Basel-Stadts, die selbst drei Regierungsrät*innen stellt. Entsprechend gab es Kritik von bürgerlicher Seite. Am Dienstag wollte Brandenburger gegenüber dem SRF nicht Stellung nehmen, sie wolle zuerst die Sitzung der SP-Fraktion am Dienstagabend abwarten. Nach der Sitzung liess Co-Präsidentin Jessica Brandenburger in der BaZ verlauten, die Mehrheit der Fraktion stehe hinter der Rücktrittsforderung.

Stimmt das?

In der Grossrats-Debatte klingt das beim Votum von SP-Grossrat Tim Cuénod anders: «Nicht einig waren wir uns in unserer Fraktionssitzung bei der Forderung nach dem Rücktritt des Polizeikommandanten. Wir haben auch nicht darüber abgestimmt.» Er sei sehr froh, dass am Mittwoch im Grossen Rat niemand die Forderung wiederholte.

Auch Fraktionschefin Michela Seggiani zögerte, als Bajour sie um ein Statement bat. Sie wolle zur Haltung der Fraktion zum Rücktritt nichts sagen. «Wir wollen den Fokus nicht auf den Rücktritt legen, sondern auf den Polizeieinsatz am 8. März», den das Justizdepartement zu verantworten habe. Die Polizei habe präventiv Gummischrot eingesetzt «und auf Frauen geschossen, die friedlich und nicht gewalttätig waren». 

Fordert sie einen Rücktritt von Regierungsrätin Stephanie Eymann? «Nein, ich wünsche mir den Dialog.» Statt über Rücktritte müsse man jetzt den Einsatz aufarbeiten und schauen, dass unbewilligte Kundgebungen auch in Zukunft noch möglich seien und die Grundrechte so gewahrt würden.

Die Polizei sieht keinen Grund für Kritik am Einsatz des 8. März. Pressesprecher Adrian Plachesi beschrieb den Einsatz von Gummischrot als verhältnismässig. Die Teilnehmenden seien vorher mehrfach abgemahnt und aufgefordert worden, die Kundgebung zu verlassen. Im Nachgang zur Demo habe die Polizei verschiedenste Vermummungsgegenstände, Spraydosen für Sachbeschädigungen und Schutzmaterial sichergestellt. ​​

Herz Musik
Hier spielt die Musik

Jetzt Bajour-Member werden und unabhängigen Journalismus unterstützen.

Basel Briefing

Das wichtigste für den Tag
Jetzt Abonnieren
Jetzt Member Werden

Das könnte dich auch interessieren

Vorher Nachher Dreispitz Nord Arealentwicklung

David Rutschmann am 26. April 2024

Alles unter einem Dach

Mit dem «Basel-baut-Zukunft»-Kompromiss im Rücken geht das Arealentwicklungs-Projekt «Dreispitz Nord» in die Planauflage.

Weiterlesen
Der neu als Kantonalpraesident gewaehlte Peter Riebli jubelt am Rednerpult an der Generalversammlung und am Parteitag der SVP Baselland in Aesch, am Donnerstag, 25. April 2024. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Michelle Isler am 26. April 2024

Alle für Riebli

Die Baselbieter SVP hat einen neuen Parteipräsidenten: Dem kürzlich geschassten Fraktionspräsidenten Peter Riebli gelang der Turnaround – er liess seinen moderaten Konkurrenten Johannes Sutter links liegen. Zwischen Schlagerhits und vielen geschüttelten Händen kam in Aesch Hoffnung für einen Neuanfang auf.

Weiterlesen
Dominik Straumann Pantheon Muttenz

David Rutschmann am 22. April 2024

«Eine Abspaltung wäre für beide Seiten sehr dumm»

Dominik Straumann gilt als moderater SVPler, den jetzt der extreme Regez-Flügel als Parteichef im Baselbiet zu Fall gebracht hat. Hat er die Hardliner*innen selbst zu lange geduldet? Ein Interview über chaotische Tage in der Kantonalpartei, den Weg aus der Krise und warum es bei der SVP kein Co-Präsidium geben wird.

Weiterlesen
Familie Geburtenrate

Ina Bullwinkel am 19. April 2024

Angst vor Kindern

So wenige Kinder wie jetzt sind noch nie in der Schweiz geboren. Es ist höchste Zeit, dass das Land familienfreundlicher wird, meint Chefredakteurin Ina Bullwinkel. Besonders attraktiv ist das Elternwerden nämlich nicht, und eine Gesellschaft, die sich nicht reproduziert, verarmt.

Weiterlesen

Kommentare