Regierung beharrt auf Musicalbad

Das Musical Theater soll dem geplanten Hallenbad weichen, dafür hat sich der Regierungsrat nun definitiv ausgesprochen. Neben dem Umbau steht auch ein Neubau zur Diskussion – Gesamtkosten rund 100 Millionen Franken.

Pressekonferenz zum Musicalbad
Die Regierungsrät*innen Conradin Cramer (LDP), Tanja Soland (SP) und Esther Keller (GLP) präsentieren ihre Pläne für das Musicalbad. (Bild: Helena Krauser)

Die Nachricht kam nicht besonders überraschend, aber dafür umso deutlicher. Der Basler Regierungsrat sieht keine Zukunft für das Musical Theater und befürwortet daher den Bau eines Hallenbads mit 50-Meter-Schwimmbecken an dessen Stelle. Damit setzt er ein deutliches Zeichen, nach einer langen medialen und politischen Diskussion. Entschieden ist aber noch nichts. Erstmal müssen die Details geplant werden. Dafür beantragt der Regierungsrat beim Grossen Rat 7 Millionen Franken. Mit diesem Budget soll der Wettbewerb für den Bau durchgeführt und das Projekt ausgearbeitet werden. Die hängige Initiative für den Erhalt des Musical Theaters empfiehlt die Regierung daher zur Ablehnung.

Musicalbad – what?
  • Basler Schwimmer*innen warten seit Jahrzehnten auf ein 50-Meter-Hallenbad. Im Februar 2022 reichte das Komitee «50 Meter Hallenbad für Basel! ‒ jetzt» eine entsprechende Initiative ein. Sie fordert eine «zeitgemässe Schwimmhalle» mit Sportbecken.
  • Nur zwei Monate später präsentierte die Regierung Pläne für eine solche Schwimmhalle am Standort des Musical Theaters im Kleinbasel. Der Vertrag mit dem Betreiber des Musical Theaters, dem Freddy Burger Management, sei einvernehmlich gekündigt worden.
  • Sofort formierte sich Widerstand: Ein Komitee rund um Toni Kleimann protestierte gegen das Ende des Musical Theater.
  • Im September 2023 reichte das Komitee die Initiative «Für den Erhalt des Musical Theaters ein.
  • Im Dezember 2023 informierte die Regierung dann, der Vertrag mit dem Betreiber sei nochmals bis Ende 2026 verlängert worden. 

An der Medienkonferenz am Donnerstagmorgen begründen die Regierungsrät*innen ihren Entscheid vor allem mit zwei Argumenten. Erstens sei das Musical Theater wirtschaftlich nicht rentabel. Sowohl die geringe Auslastung als auch die notwendigen Sanierungsarbeiten würden dazu beitragen, dass der Erhalt nicht rentabel wäre und der Kanton den Betrieb subventionieren müsste, um ihn aufrechtzuerhalten. In der Vergangenheit musste der Kanton bereits Baukosten subventionieren. Das möchte die Regierung in Zukunft aber nicht mehr tun.

Einblick in die genauen Zahlen des Betriebs und somit in die Wirtschaftlichkeit und Auslastung des Musical Theaters hat der Kanton zwar nicht. Katrin Grögel, die Leiterin des Amts für Kultur Basel-Stadt, weiss aber: «Die Auslastung ist sehr gering. Nur an hundert Tagen im Jahr ist das Musical Theater belegt, inklusive Ab-, Aufbau und Proben.» Die Spielstätte sei eigentlich mal als Projekt zur Standortförderung gedacht gewesen, der erwünschte Effekt sei aber nicht eingetreten. Auch das erhoffte Publikum aus dem Einzugsgebiet, insbesondere aus dem nahegelegenen Ausland, sei ausgeblieben, gibt Finanzdirektorin Tanja Soland (SP) zu bedenken.

Katrin Grögel
Katrin Grögel, Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt. (Bild: Keystone-SDA)

Grögel als Vertreterin der Kulturszene gibt sich angesichts des wahrscheinlich schwindenden Kulturangebots zurückhaltend: «Ich wäre froh, wenn das Musical Theater rentabel betrieben werden könnte. Aber danach sieht es nicht aus und es gibt auch keine Aussicht darauf, dass sich das bald ändern wird.» Für Veranstaltungen in den Bereichen Comedy und Musik gäbe es alternative Standorte, zum Beispiel das Stadtcasino oder die St. Jakob-Halle, dort könnten auch «klassische» Musicals aufgeführt werden, sagt sie. Es gäbe aber sicherlich auch Events, die dann nicht mehr in Basel stattfinden könnten.

Teure Sanierung

Die notwendigen Sanierungsarbeiten begründen die Regierungsrät*innen mit der Historie der Liegenschaft. Das Musical Theater wurde vor 30 Jahren in die Messehalle eingebaut. Die Gebäudehülle ist daher bereits 65 Jahre alt und sei genauso wie das 30 Jahre alte Theater sanierungsbedürftig. Um das Gebäude für zehn Jahren weiter zu betreiben, seien Investitionen von rund 20 bis 30 Millionen Franken notwendig. Für den langfristigen Betrieb müssten sogar mit weiteren rund 38 bis 57 Millionen gerechnet werden.

All diese Faktoren lassen Soland zum Schluss kommen: «Selbst wenn das geplante Hallenbad nicht zustandekommen sollte, würden wir das Musical Theater so nicht weiterführen wollen.»

«Selbst wenn das geplante Hallenbad nicht zustande kommen sollte, würden wir das Musical Theater so nicht weiterführen wollen.»
Tanja Soland, Finanzdirektorin

Geht es nach dem Regierungsrat, steht dem «Musicalbad» allerdings nichts im Weg. Sein zweites Hauptargument lautet: Das jetzige Musical Theater ist der optimale Standort für das geforderte Hallenbad mit 50-Meter-Becken. Man habe 22 alternative Standorte untersucht und geprüft, erzählt die Finanzdirektorin Tanja Soland. Keiner davon sei aber geeigneter gewesen als die Liegenschaft am Riehenring. Ausschlaggebend für die Evaluation der Orte waren vor allem die Kriterien: Guter Standort und hohe Realisierbarkeit. Und die Realisierbarkeit sei entscheidend höher beziehungsweise einfacher, wenn der Boden, auf dem das Schwimmbad einmal stehen soll, dem Kanton gehört. Dies ist beim Standort des Musical Theaters der Fall. Das Gebäude selbst hat der Kanton der MCH Group im Jahr 2020 abgekauft. Das Grundstück gehörte dem Kanton aber schon zuvor. Die MCH Group hielt es zuvor im Baurecht. 

Einbau oder Neubau

Der Regierungsrat empfiehlt dem Grossen Rat, entweder das Hallenbad in das bestehende Gebäude einzubauen oder es abzureissen und neu zu bauen. 

Der Vorteil des Einbaus wäre, dass ein Teil der Gebäudefassade erhalten bleiben könnte. Dafür gäbe es allerdings grössre Einschränkungen bei der Ausgestaltung. Der Neubau würde mehr Möglichkeiten bieten. Neben einem 50-Meter-Becken, dem Sprungbecken, Wasserflächen für Kinder und der Zuschauertribüne wären zusätzlich ein Wellness-Angebot und Wasserrutschen möglich. Aufgrund der Grösse wäre gemäss Regierungsrat der Neubau teurer – allerdings nur, wenn die Rechnung ohne Berücksichtigung der Lebensdauerkosten gemacht würde. Bezieht man diese mit ein, sei die Differenz wieder geringer. Erste Schätzungen der Gesamtkosten kommen beim Einbau auf bis zu 95 und beim Neubau bis zu 108 Millionen Franken. Die Nachhaltigkeit wird bei beiden Varianten als gleichwertig angegeben.

2024-03-07 Frage des Tages Musicalbad
Frage des Tages

Der Basler Regierungsrat sagt es deutlich: Er sieht keine Zukunft für das Musical Theater und befürwortet daher den Bau eines Hallenbads mit 50-Meter-Schwimmbecken an dessen Stelle. Entschieden ist aber noch nichts. Was meinst du?

Zur Diskussion

Das Initiativkomitee «Erhalt des Musical Theater Basel» kritisiert den Beschluss des Regierungsrats. Die Notwendigkeit von zusätzlicher Wasserfläche sei unbestritten. Eine Realisierung sei aber auch an anderen Orten denkbar, schreiben die Verantwortlichen in einer Stellungnahme. Ausserdem stellt das Komitee die Undurchsichtigkeit der finanziellen Situation des Musical Theaters infrage und möchte wissen, ob die Besucher*innen des Musical Theaters kein Anrecht auf Kulturförderung hätten. 

Das Volk entscheidet

Das letzte Wort hat nun das Volk. Die Abstimmung über den Erhalt des Musical Theaters steht voraussichtlich im kommenden Herbst an. Bis dahin wirbeln die Tänzer*innen von Schwanensee und Dirty Dancing weiterhin über die Bühne des Kulturhauses. Der aktuelle Nutzungsvertrag läuft noch bis Ende 2026. 

Sollte sich die Stimmbevölkerung gegen den Erhalt entscheiden, würde es allerdings noch mindestens acht Jahre dauern, bis das Hallenbad fertiggestellt wäre. Baudirektorin Esther Keller (GLP) rechnet mit mindestens acht Jahren bis zur Fertigstellung.

Und was wenn die Basler*innen dem Erhalt zustimmen? «Dann müssen wir uns überlegen, wie wir weiterhin in das Musical Theater investieren oder ob wir es im Baurecht abgeben. Und natürlich würden wir dann andere Standorte für das Hallenbad prüfen», sagt Soland.

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