Q&A: Ich möchte Ukrainer*innen aufnehmen. Was muss ich tun?

Viele Basler*innen haben Zimmer oder eine Wohnung vorig und möchten sie Geflüchteten überlassen. Gehörst du dazu? Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammen getragen.

Ein Kind aus der Ukraine wird auf einer Schaukel von einer Frau angeschubst, am Freitag, 11. Maerz 2022, vor der nationalen Gedenkstaette fuer Heim- und Verdingkinder in Muemliswil. In der Gemeinde Muemliswil-Ramiswil betreibt Guido Fluri, der dort als Heimkind aufgewachsen ist, im ehemaligen Kinderheim eine Gedenkstaette fuer Verdingkinder. Diese wird nun zur Fluechtlingsunterkunft umfunktioniert. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch konnte die Guido Fluri Stiftung mit einem Evakuierungsflug Fluechtlinge in die Schweiz bringen.
(Bild: KEYSTONE/Anthony Anex)
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Wo kann ich mich als Gastfamilie melden?

Wenn du Platz hast, um Geflüchtete aus der Ukraine bei dir Zuhause aufzunehmen, kannst du dich bei mehreren Stellen melden:

  • Der Kanton Basel-Stadt verweist offiziell an GGG Benevol. Dort kannst du dich via Kontaktformular anmelden. Nach der Besichtigung deines Wohnangebots und einem Gespräch vermittelt die GGG Benevol dir die passenden «Gäste». 
  • Ähnlich läuft es bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) ab. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) verweist direkt auf die SFH. Diese sucht gemeinsam mit der Kampagnenorganisation Campax private Unterkünfte, wo Geflüchtete aus der Ukraine unterkommen. Mit diesem Formular kannst du dich dafür anmelden. Auch hier wird «im Regelfall» ein Kennelerngespräch vereinbart. 
  • Neben den grösseren Organisationen nehmen auch private Vereine Angebote für Unterkünfte entgegen. Dazu gehört der Verein Ukrainer in Basel. Ihre Webseite dafür ist noch im Aufbau. Momentan sammelt der Verein Angebote via der globalen Plattform Shelter 4 Ukraine und verbindet dann die Geflüchteten, die sich über das vereinsinterne Netzwerk melden, mit den Gastfamilien.
  • Bei der Organisation TerraNea kannst du dich per Mail melden und deine Unterkunft anbieten. TerraNea organisiert Reisecars, die Flüchtlinge von der polnischen oder ungarischen Grenze abholen und verteilt sie dann auf die Gastfamilen.
  • Im Kanton Baselland sind die Gemeinden für die Unterbringung und Betreuung zuständig. Als Privatperson kannst du dich bei deiner Gemeinde melden und deine Unterkunft da anbieten.
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Was passiert, wenn ich mich angemeldet habe?

Deine Angaben werden von der entsprechenden Stelle geprüft. Die meisten Organisationen werden dich direkt kontaktieren und eine Art Kennenlerngespräch mit dir führen. Erst dann wird dir eine geflüchtete Person oder eine Familie zugewiesen.

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Kann ich mir aussuchen, wer bei mir wohnen darf?

Jein, du kannst bei der Anmeldung Präferenzen abgeben, also ob du Platz für Einzelpersonen hast oder für Familien, aber das heisst nicht, dass diese Präferenz auch berücksichtigt werden kann. In beiden Basel wie auch schweizweit übersteigt die Nachfrage das Angebot.

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Wie wird denn die passende Familie für mich ausgewählt?

Auch diese werden zuerst evaluiert und es wird abgeklärt, welche Art von Unterkunft für sie passt. Die GGG Benevol erklärt den Ablauf so: «Wir schauen uns den angebotenen Wohnraum an und führen vor Vermittlung ein Gespräch mit den Gastgebenden, um konkrete Fragen zu beantworten und um zu überprüfen, für wie viele Personen der Wohnraum auch mittelfristig realistisch genutzt werden kann. Sorgfältige und qualitative Prüfungen sind wichtig, um nachhaltige Vermittlungen vornehmen zu können.»

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Werden auch unbegleitete Minderjährige und/oder Waisenkinder vermittelt?

«Vulnerable Personen, unbegleitete Minderjährige oder Personen mit spezifischen gesundheitlichen Bedürfnissen werden in der Regel nicht in Privathaushalte vermittelt», schreibt die SFH. Für sie sorgt der Bund oder die Kantone für die notwendigen Betreuungsangebote.

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Wie lange soll ich mein Zuhause anbieten?

Mindestens drei Monate oder länger. Dieie Geflüchteten brauchen ein einigermassen stabiles Umfeld haben.

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Was mache ich, wenn es Probleme gibt?

Die meisten Organisationen, der Kanton oder die Gemeinde stehen dir und deinen Gästen auch nach der Vermittlung für Hilfestellung zur Verfügung. Bei Problemen kannst du dich also direkt bei ihnen melden.

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Was muss meine Unterkunft bieten?

Rückzugsräume. Idealerweise hast du mindestens ein abschliessbares Zimmer oder zumindest eins, das vom Rest der Wohnung abtrennbar ist. Deine Gäste brauchen zudem Zugang zu einem Bad und einen Ort, wo sie kochen können.

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Was muss ich sonst noch beachten?

Bevor du dich dafür entscheidest, schutzbedürftige Personen bei dir aufzunehmen, musst du dir über einige Dinge im Klaren sein:

  • Die Personen brauchen ein stabiles Umfeld: Zum einen ist es möglich, dass die geflüchteten Personen Traumatisches erlebt haben, deshalb ist ein stabiles Umfeld hier in der Schweiz wichtig. Deshalb sollen Gastfamilien auch mindestens drei Monate ihr Zuhause anbieten. 
  • Sei offen: Gerade wenn du deine eigene Wohnung zur Verfügung stellst und mit deinen Gästen zusammen wohnst, ist es nur normal, dass du als Ansprechpartner*in angesehen wirst. Die SFH empfiehlt, dass du dir als Gastgeber*in auch etwas Zeit einplanst, um den Geflüchteten im Alltag zu helfen und sie zu unterstützen.
  • Kläre vorher, wie du dir das Zusammenleben vorstellst: Wenn du dein Zuhause mit anderen teilst, ist es wichtig, dass du dir im Voraus überlegst, wie dieses Zusammenleben im Alltag aussehen kann, sagt Mira Schwarz von der GGG Benevol. Dazu gehört die generelle Vorstellung des Zusammenlebens, aber auch so spezifische Fragen wie: Wie sieht die gemeinsame Nutzung von Küche und Bad aus? Dabei sei es auch wichtig, dass du weisst, wo die Grenzen deiner Ressourcen liegen.
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Muss ich meine*n Vermieter*in oder die Verwaltung fragen, wenn ich Geflüchtete bei mir Zuhause aufnehmen will?

Es ist zu empfehlen. Streng nach Mietrecht kannst du zwar Menschen bei dir gratis wohnen lassen, ohne dass du das der Verwaltung meldest. Aber alle Organisationen empfehlen, dass du in diesem Punkt transparent bist. Spätestens wenn du für die Unterbringung der Geflüchteten entschädigt wirst, also die Behörden dir einen Anteil an die Miete zahlen oder dir sonstwie Geld dafür geben, handelt es sich um eine Untermiete und du musst das Okay von Verwaltung oder Vermieter*in haben.

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Franziska ist fast seit Beginn Teil der Bajour-Family. Sie ist unser Organisationstalent, gestaltet Dienstpläne, schreibt Anleitungen (mit Freude!) und kümmert sich als stellvertretende Chefredaktorin darum, dass alle Ecken und Enden zusammenhalten. Sie betreut die Praktikant*innen, macht den Feinschliff in der Produktion und schreibt regelmässig Basel Briefings. Zuvor war Franziska im Online-Team der bz.

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