JSD soll bei Demo-Statistik über die Bücher
Im letzten Jahr hat sich die Geschäftsprüfungskommission unter anderem mit den Demos in Basel befasst. Sie fordert eine Anpassung der Demo-Statistik.
Wenn die Verwaltung oder die Regierung Mist bauen, muss die Geschäftsprüfungskommission hinschauen. Die 13-köpfige Kommission ist das oberste kantonale Aufsichtsorgan. Am Donnerstagmorgen hat sie ihren Jahresbericht 2023 vorgestellt und bei verschiedenen Themen des staatlichen Handelns Kritik angebracht. Während rund 20 Minuten erläuterte GPK-Präsident Tim Cuénod (SP) einige der Schwerpunkte des über 60-seitigen Berichts, in dem die GPK insgesamt 54 Feststellungen, Empfehlungen und Forderungen an den Regierungsrat richtet.
Eine davon betrifft die Demonstrationen im Kanton. An der Pressekonferenz blieb das eine Randnotiz. Dass sich die GPK mit dem Thema befasst hat, ist allerdings keine Überraschung. Letztes Jahr gaben gleich mehrere Demos aufgrund von Polizeieinsätzen zu reden. Prägnantestes Beispiel ist die 1.-Mai-Demo 2023, bei der die Spitze der bewilligten Demonstration nach wenigen Minuten von der Polizei eingekesselt wurde. Bajour berichtete.
Auch wenn diverse Fragen diesbezüglich noch offen sind (auch Bajour hatte in einer Recherche versucht, Antworten zu finden), hat sich die GPK weder mit dem letztjährigen 1. Mai noch mit einer anderen Demo im Einzelfall befasst. Der Grund: Diverse juristische Verfahren sind noch hängig.
Was wurde im Vorfeld der Demonstration auf politischer Ebene besprochen? Welche Fragen standen im Raum? War man sich bewusst, dass die Einkesselung einer bewilligten Demo als Provokation wahrgenommen werden könnte? Solchen Fragen versuchte Bajour mithilfe des Öffentlichkeitsgesetzes nachzugehen. Protokoll einer schwierigen Recherche.
«In einem Hearing wollten wir deshalb generell schauen, wie sich die Demopraxis entwickelt hat und wie das JSD ihre Umsetzung der Demo-Praxis bilanziert», erklärt Pascal Pfister. Der SP-Grossrat ist in der GPK für das Justiz- und Sicherheitsdepartement zuständig.
Teilgenommen am Hearing mit der GPK hatte neben Regierungsrätin Stephanie Eymann auch der Generalsekretär Martin Ritschard und der Polizeikommandant Martin Roth. Gemäss GPK-Bericht betonte das JSD im Gespräch die Wichtigkeit von Ansprechpersonen für die Kantonspolizei. Das ist keine Überraschung, wird doch JSD-Vorsteherin Stephanie Eymann nicht müde, immer wieder auf Dialog bei Demonstrationen zu pochen.
In ihrer Antwort auf eine Interpellation der ehemaligen SP-Grossrätin Toya Krummenacher nach der 1.-Mai-Demo sagte Eymann: «Der Dialog zwischen den Demonstrationsveranstaltenden und der Kantonspolizei beginnt immer mit der Einreichung eines Gesuchs.» Polizeikommandant Roth und seine Departementsvorsteherin hielten gemäss GPK-Bericht im Hearing fest, dass Ansprechpersonen nicht für das Verhalten anderer Demoteilnehmer*innen haftbar gemacht werden können, sofern sie sich nicht «aktiv an Übertretungen» beteiligen oder dazu aufrufen.
... sagte Stephanie Eymann am Tag nach der 1.-Mai-Demo und dem Polizeieinsatz im Interview.
Die GPK empfiehlt in diesem Zusammenhang die Prüfung «von Rahmenbedingungen, welche den Demonstrierenden den Dialog mit der Polizei erleichtern». Ob das bedeutet, die Rahmenbedingungen würden heute den Dialog erschweren, spezifiziert der Bericht nicht. Allerdings nennt er ein positives Beispiel: «Der Dialog habe sich im Falle des feministischen Streiks 2023 konkretisiert und bewährt», hält der GPK-Bericht eine Erkenntnis des JSD aus dem Hearing fest. Tatsächlich war der friedliche Verlauf des letztjährigen 14. Juni im Vergleich zur (ebenfalls) bewilligten 1.-Mai-Demo oder den unbewilligten Demos am 11. Februar oder am 8. März augenfällig.
Gefehlt hätten der GPK bei der Bilanz des JSD «Zahlen, wie gross die Einsätze der Polizei waren», sagt Pfister. Die GPK fordert deshalb, dass das Departement künftig bei der Statistik die Grösse der Demonstrationen erfasst und den Aufwand seitens Polizei gewichtet.
«Alleine aufgrund der jetzigen Statistik kann man noch keine Aussage zur Belastung der Polizei machen.»Pascal Pfister, GPK-Mitglied
Eine detaillierte Demo-Statistik veröffentlicht das JSD seit 2022. In der Auflistung wird jeweils erwähnt, wie viele Demonstrationen, Standkundgebungen und Mahnwachen zu welchem Thema stattfanden und ob die Anlässe bewilligt waren. Ebenfalls zeigt eine Grafik in der Demostatistik, dass die Anzahl von Demos seit 2015 zugenommen hat. «Alleine aufgrund der jetzigen Statistik kann man noch keine Aussage zur Belastung der Polizei machen», so Pfister.
Dass die Polizei aufgrund des Personalmangels stark gefordert ist, hält indes auch die GPK fest: Es fehle dem Kanton in verschiedenen Bereichen an Personal. Das sei aber «nirgends auch nur annähernd so stark ausgeprägt» wie bei der Kantonspolizei, erläuterte GPK-Präsident Cuénod. Darüber mache sich die GPK «grosse Sorgen».
Bereits im Januar teilte die Polizei mit, dass sie «trotz bereits getroffener Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitssituation» mit einer hohen Kündigungsrate kämpft. Die Gründe für diese Kündigungen werden derzeit von Staatsrechtsprofessor Markus Schefer untersucht – im Juni sollen die Ergebnisse vorliegen. Unabhängig von den noch ausstehenden Erkenntnissen empfiehlt die GPK in ihrem Bericht, das Augenmerk neben der Lohnfrage für Polizist*innen auch auf Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität wie psychologische Unterstützung, Kinderbetreuung und Erholung an den Wochenenden zu legen.
- den Jahresbericht des Regierungsrats: Die GPK fordert von der Regierung, dass sie in ihrem Jahresbericht auch auf Probleme und Herausforderungen und ergriffene Gegenmassnahmen eingeht. Er soll den Charakter eines Rechenschaftsberichts haben und kein «PR-Instrument zum Selbstzweck sein».
- die Cybersicherheit: Aufgrund der Cyberattacke auf das Erziehungsdepartements fordert die GPK eine Stärkung der gesamtkantonalen Sicherheitsarchitekur und einen Ausbau der personellen Ressourcen sowie attraktive Arbeitsbedingungen. Mit einer Motion fordert die GPK konkret die Zentralisierung der kantonalen IT.
- das Bau- und Gastgewerbeinspektorat: Schon letztes Jahr hatte die Kommission gefordert, dass die Anzahl der internen Weisungen bei Baubewilligunsentscheiden reduziert werde und die vorhandenen Weisungen wie zum Beispiel Merkblätter transparent gemacht werden. Die GPK rügt, dass diesbezüglich noch immer Intransparenz bestehe.
- den Fachausschuss Literatur: Aufgrund von eingeforderten Unterlagen zur «Causa Sulzer» kommt die GPK zum Schluss, dass das Rollenverständnis des Fachausschusses Literatur BS/BL unscharf sei. Die Kommission fordert eine Überprüfung seiner Rolle und Kompetenz.