«Wir werden Beat K. Schaller nicht wählen»

Zur neuen Legislatur bekommt der Grosse Rat ein neues Präsidium. Balz Herter (Mitte) ist als Grossratspräsident quasi gesetzt. Die SP wird am Mittwoch aber den vorgesehenen Statthalter Beat K. Schaller (SVP) nicht wählen – wie viele andere Linke.

schaller titelbild-2 (1)
Schaller konnte die SP beim Hearing nicht überzeugen, sagt Fraktionspräsidentin Michela Seggiani. (Bild: Grosser Rat Basel-Stadt, Collage: Bajour)

Ähnlich wie derzeit im Bundeshaus sorgt im Basler Parlament eine Personalfrage für Diskussionsstoff: Der Grossratspräsident für dieses Jahr ist mit Balz Herter quasi gesetzt. Wer aber wird sein Vize und damit 2026 höchster Basler? Die SVP will ihren Grossrat Beat K. Schaller auf den Bock lüpfen, doch das kommt vor allem auf der linken Ratsseite gar nicht gut an. Am Montagabend hat die SP-Fraktion Beat K. Schaller deshalb gar einem Hearing unterzogen – ein Novum vor solch einer Wahl. «Wir wollen von ihm wissen, wie er sich als Grossratspräsident verhalten würde», erklärte Jessica Brandenburger in der bz.

Am Tag nach dem Hearing klingt SP-Fraktionspräsidentin Michela Seggiani konsterniert: «Im Hearing haben wir darüber geredet, dass viele von Beats Voten oder auch seine Social Media Posts gegenüber Minderheiten diskriminierend oder gegenüber politischen Gegnern herabsetzend wirken», so Seggiani. Schaller habe zwar gesagt, er werde solche Äusserungen nicht wiederholen. Trotzdem hat der SP-Fraktion offenbar die Einsicht gefehlt: «Leider zeigte sich Beat in diesem Gespräch nicht offen für Kritik und hat kein Verständnis dafür gezeigt, warum gewisse seiner Äusserungen als diskriminierend wahrgenommen werden.»

Michela Seggiani
«Wir fordern die SVP auf, eine andere Kandidatur zur Wahl zu stellen.»
SP-Fraktionspräsidentin Michela Seggiani

Seggiani nennt ein für die Fraktion wichtiges Beispiel: Im November teilte Schaller einen Post einer AfD-Politikerin auf X, in dem sie vom «Untergang des Abendlandes» spricht. «Wie will er unser Parlament und die Bevölkerung gegen aussen vertreten, wenn er darin kein Problem sieht?», fragt sie.

Auf dem Bock müsse man sich unmissverständlich gegen diskriminierende Äusserungen stellen und ganz klar für demokratische Werte einstehen. Das tue Schaller in diesem Fall nicht. Beat K. Schaller selber möchte sich auf Anfrage dieser Redaktion am Tag vor der Wahl nicht zum Hearing äussern.

2025-02-05 Schaller-1

Die SP will nach einem Hearing die Kandidatur von SVP-Grossrat Beat K. Schaller als Statthalter boykottieren, um auszuschliessen, dass er nächstes Jahr zum höchsten Basler gewählt wird. Wegen verschiedener Aussagen sei er nicht für das Amt des Grossratpräsidenten geeignet. Was meinst du?

Mitdiskutieren

Seggiani hält fest, dass ihre Fraktion nicht «ohne Not» am Parteiturnus rütteln will: «Wir respektieren, dass die SVP für das Amt des Statthalters an der Reihe ist. Aber wir fordern die SVP auf, eine andere Kandidatur zur Wahl zu stellen.»

Es bleibe abzuwarten, ob die SVP heute im Verlauf des Tages oder morgen während der Grossratssitzung jemand anderes für das Amt vorschlagen werde. Falls die Person «valabel» wäre – und davon gäbe es einige, sagt Seggiani – sei die Geschichte gegessen.

Beat Schaller SVP
Die SVP-Fraktion hält an seiner Kandidatur fest: Beat K. Schaller soll und will Statthalter werden. (Bild: Grosser Rat Basel-Stadt)

Und wenn nicht? Ist eine Gegenkandidatur bereit? Seggiani sagt dazu nur: «Wir werden Beat K. Schaller nicht wählen. Es ist nicht an uns, heute Nacht die langen Messer zu schleifen», sagt sie scherzend. «Ideal wäre, wenn die SVP jetzt merken würde, dass es morgen für Schaller sehr knapp wird.» Von Seiten der Basta-Fraktion hört man Ähnliches: Auch sie wird Schaller nicht wählen. Und auch bei den Grünen stösst die Personalie Schaller nicht auf Begeisterung. «Man kann damit rechnen, dass es von unserer Fraktion wenig bis keine Unterstützung für Beat K. Schaller geben wird», sagt Grüne-Fraktionspräsident Harald Friedl.

Die SVP hält jedoch – wie bereits mehrfach beteuert – an der Personalie fest. SVP-Fraktionspräsident Lorenz Amiet sagt, Schaller erfülle die zwei wichtigen Grundvoraussetzungen für das Amt des Statthalters bzw. des Grossratsrpäsidenten: «Er ist erstens ethisch untadelig und zweitens ist er selbstverständlich in der Lage, den Betrieb des Grossen Rates zu orchestrieren.» 

Lorenz Amiet SVP
«Mich befremdet es, dass man die politische Haltung eines Kandidaten derart in den Vordergrund stellt für so eine Wahl.»
SVP-Fraktionspräsident Lorenz Amiet

Es gehe der Ratslinken aber nicht um diese Grundvoraussetzungen, sondern um Schallers politische Positionierung: «Er politisiert aus einer konservativen Position, das stimmt», sagt Amiet. «Mich befremdet es aber, dass man die politische Haltung eines Kandidaten derart in den Vordergrund stellt für so eine Wahl.» Für die SVP-Fraktion stehe jedenfalls fest: «Wir lassen Beat K. Schaller nicht fallen.» Einen Plan B habe die SVP nicht in der Hinterhand, es gelte jetzt die Wahl abzuwarten. «Zumindest bis vor Kurzem haben alle Personen, die insbesondere die Ratslinke gerne gehabt hätte, gesagt, sie hätten keine Zeit für das Amt. Ich bezweifle, dass sie morgen dann plötzlich Zeit haben werden.»

Wirklich klar ist deshalb am Dienstag lediglich dies: Die Personalfrage muss am Mittwoch geklärt werden. Ohne einen gewählten Statthalter wird die erste Grossratssitzung nicht fortgeführt werden können.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentar Michelle IDG-1

Michelle Isler am 10. April 2025

Hopp, Demokratie

Der Grosse Rat hat am Donnerstag einem Vorstoss zugestimmt, der die Einführung eines Schlichtungsverfahrens im Öffentlichkeitsgesetz fordert. Das ist ein gutes Zeichen für die Demokratie. Ein Kommentar.

Weiterlesen
19. März 2025

David Rutschmann am 10. April 2025

Basler Journis bekommen Schlichtungsstelle

Journalist*innen sollen weniger Hürden bekommen, um Dokumente der Regierung anschauen zu können. Für den Fall von Streitigkeiten über den Einblick in Interna will der Grosse Rat jetzt Schlichtungsverfahren einführen.

Weiterlesen
Microsoft

Valerie Wendenburg am 09. April 2025

Setzt der Kanton aufs richtige Daten-Pferd?

Der Regierungsrat setzt bei der kantonalen Verwaltung voll auf Windows 365 und löst eine Debatte über die Sicherheit sensibler Daten aus. Nicht nur die Datenschutzbeauftragte, auch Grossrät*innen reagieren mit Skepsis auf den Entscheid.

Weiterlesen
Tram Laetitia Block

Michelle Isler,David Rutschmann am 08. April 2025

Dürfen Polizist*innen gratis ÖV fahren?

Polizist*innen sind nicht nur im Mannschaftswagen unterwegs – manchmal nutzen sie auch Bus und Tram. Ob sie das kostenlos tun dürfen, ist nicht allen klar. SVP-Grossrätin Laetitia Block will jetzt Klarheit.

Weiterlesen
Michelle Isler

Das ist Michelle (sie/ihr):

Nach einem Masterstudium in Geisteswissenschaften und verschiedenen Wissenschafts- und Kommunikations-Jobs ist Michelle bei Bajour im Journalismus angekommen: Zuerst als Praktikantin, dann als erste Bajour-Trainee (whoop whoop!) und heute als Redaktorin schreibt sie Porträts mit viel Gespür für ihr Gegenüber und zieht für Reportagen durch die Gassen. Michelle hat das Basler Gewerbe im Blick und vergräbt sich auch gern mal in grössere Recherchen.


Kommentare