Basel sucht die Regierungsrät*in (BsdRR)
Mustafa Atici und Edibe Gölgeli wollen sich für den SP-Sitz von Beat Jans bewerben. Fast so spannend wie die Kandidaturen sind die – ungefragten – Verzichtserklärungen.
Derzeit brodelt die Gerüchteküche um die Nachfolge für den frei werdenden SP-Sitz von Beat Jans im Basler Regierungsrat, manche Politiker*innen scheinen ob des journalistischen Eifers fast schon entnervt zu sein. GLP-Mitglied Daniel Ordas lancierte am Wochenende auf Facebook den Hashtag #IchSteheNichtZurVerfügung und schrieb dazu: «Es kommen nur 114’036 Personen in Frage. Wenn 114’035 diesen Post teilen oder den Hashtag verwenden, könnte man das Enigma problemlos auflösen.»
Soweit kam es am Ende dann aber doch nicht. Zu Wochenbeginn hat sich einiges bereits von alleine geklärt. Anderes hingegen für noch mehr Fragezeichen gesorgt.
Am Montagnachmittag schrieb die SP auf X, ehemals Twitter, dass sich der ehemalige Nationalrat Mustafa Atici und Grossrätin Edibe Gölgeli intern zur Verfügung stellen. «Die Partei freut sich über die Bereitschaft dieser engagierten Politiker*innen!» Die Nomination erfolge am Mittwochabend in der Delegiertenversammlung. Am Wochenende bereits abgesagt hatte Sarah Wyss, und nun offenbar auch die Kronfavoritin Salome Hofer.
Tweets sorgen für Stirnrunzeln
Zwei Kandidat*innen mit Migrationshintergrund: Erfreuliche Nachrichten, möchte man sagen. Doch derweil irritieren andere Tweets und sorgen für Stirnrunzeln. So kündigte Michela Seggiani, Basler SP-Fraktionspräsidentin, ebenfalls auf X, ihren Verzicht an, nachdem sie letzte Woche noch Interesse an dem Amt kundgetan hatte: «Als Konkordanzpolitikerin mit Visionen reizt mich das Amt der Regierungspräsidentin. Dennoch ziehe ich die Kandidatur zurück. Themen wie erweiterter Zugang zu Kultur für alle und Chancengleichheit werde ich aber auch als Grossrätin mit aller Kraft weiter vorantreiben.»
Auf Nachfrage bekräftigt die Kleinbaslerin: «Ein solcher Wahlkampf sei ein langer und schwieriger Prozess.» Sie hätte ein Interesse daran, das Amt auszuführen, aber der Weg dorthin sei steinig. «Ich denke, Mustafa Atici kann einen besseren Wahlkampf machen.»
Frau Seggiani ist als willensstarker Charakter bekannt, da stellt sich doch die Frage, ob es wirklich die Furcht vor einem nervenaufreibenden Wahlkampf war, die sie zu ihrer Absage bewog. Oder fehlte es ihr vielleicht an Unterstützung durch die Parteileitung? Falls ja, warum? Den in letzter Zeit oft betonten Migrationshintergrund würde sie ebenfalls mitbringen.
Ist Seggiani der Parteileitung – wie manche vermuten – zu rechts? Gerade wenn es um die Drogenprobleme im Kleinbasel geht, scheint ihr vor allem wichtig gewesen zu sein, dass das Thema auf den Tisch kommt. Doch wie die BaZ im September berichtete, stiess sogar ihr weitgehend harmloser Vorstoss teils auf Widerstände und Kritik innerhalb der Partei.
Oder hat ihre Vorstandsmitgliedschaft bei den Gewerblern von Pro KMU gegen sie gesprochen? Dabei wäre es doch durchaus wichtig, dass sozialdemokratische Werte auch in Unternehmen hochgehalten werden.
«Als Konkordanzpolitikerin mit Visionen reizt mich das Amt der Regierungspräsidentin. Dennoch ziehe ich die Kandidatur zurück.»Michela Seggiani, SP-Fraktionspräsidentin
Möglicherweise sind das alles ohnehin nur vordergründige Argumente. Denn: Auch Atici ist als Unternehmer nicht am linksten Rand der SP einzuordnen. Im Gegenteil. Dafür aber bringt er eine starke (kurdische) Wählerbasis mit. Hinter vorgehaltener Hand heisst es sogar, dass Seggiani ihrem Parteikollegen Atici Platz machen musste. Der designierte Bundesrat Jans, der dem Unternehmer seine Karriere mitzuverdanken hat, soll sich für ihn stark gemacht haben.
Beim Basler SP-Vizepräsidenten Marcel Colomb ist diesbezüglich nicht viel zu erfahren. Er sagt lediglich: «Frau Seggiani hat unsere Unterstützung gehabt, sie wäre eine geeignete Kandidatin gewesen.» Mehr dazu mag er heute nicht sagen.
All eyes on the Bürgis
Nun sind die Augen auf die Bürgerlichen gerichtet: Werden diese nun mit der SVP zusammenspannen? Antworten auf diese Frage gibt es am Donnerstagmorgen, wie der Basler FDP-Parteipräsident Johannes Barth auf Anfrage sagt. Bisher nur soviel: «Wir sind parat, die FDP-Kandidatur steht.» Nun geht es noch darum, ob es zu einem bürgerlichen Schulterschluss kommt – notabene mit der SVP. Letztere wurde von der LDP, der dritten bürgerlichen Basler Partei, anlässlich der letzten bürgerlichen Schulterschlussdebatte noch als «Sauhaufen» bezeichnet. Ob die SVP einen eigenen Kandidaten bringt, ist noch offen. Patricia von Falkenstein meint in der BaZ, durch die SP-Kandidaturen hätten die Bürgerlichen nun eine «grössere Chance» auf einen Sitz.
Auch bei den Grünen bleibt es spannend. Basta-Nationalrätin Sibel Arslan, die in Bern in der Grünen Fraktion politisiert, hat sich noch nicht entschieden, ob sie für den frei werdenden SP-Regierungssitz kandidieren möchte. Ihre Partei hingegen hat den Verzicht auf Instagram bereits am Montag bekräftigt. Das Vorpreschen der Basta dürfte Arslan in eine schwierige Situation bringen.
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