Littmann-Galerie beschmiert
Wegen eines Statements gegen Antisemitismus wird Künstler Klaus Littmann unterstellt, den Krieg Israels in Gaza zu tolerieren. Nun denunziert ihn eine Sprayerei an seinem Schaufenster in der St. Johanns-Vorstadt. Dabei kritisiert er im gleichen Masse die israelische Politik.
«Zero Tolerance for Antisemitism.» Dieses Plakat hat der Künstler Klaus Littmann bald nach dem Terrorangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 in sein Schaufenster in der St. Johanns-Vorstadt gehängt.
«A lot of Tolerance 4 genocide» stand in grossen Lettern am Montagmorgen über auf das ganze Schaufenster gesprayt. Damit wird impliziert: Die als «Genozid» bezeichneten israelischen Kriegsvorgänge im palästinensischen Gaza, die auf den Hamas-Angriff folgten, werden toleriert.
Der umstrittene Genozid-Vorwurf im Falle Gazas wird immer wieder kontrovers diskutiert. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch verwenden den Begriff ebenso wie die UN-Sonderberichterstatterin für Palästina. Südafrika klagte im Dezember 2023 Israel wegen Verstosses gegen die Völkermord-Konvention im Gaza-Krieg an. Das internationale Strafgericht anerkannte einige Punkte der Argumentation Südafrikas. Es entschied, dass Israel sicherstellen müsse, mit seinem Vorgehen in Gaza nicht gegen die Völkermordkonvention zu verstossen. Immer wieder wurde kritisiert, dass Israel diese Anordnung ignoriere.
Klaus Littmann klingt frustriert, als man ihn diesbezüglich anruft. «Ich nehme das nicht als persönlichen Angriff. Aber es nervt, dass manche nicht differenzieren können oder wollen», sagt er.
Die Sprayerei sei nicht das erste Mal, dass sich jemand von seinem Plakat provoziert gefühlt habe. Mit unterdrückter Nummer habe man ihn angerufen und aufgefordert, das Plakat zu entfernen. Littmann sagt aber: «Es ist entscheidend, dass zwischen Kritik an der israelischen Politik und Antisemitismus klar unterschieden wird.»
«Die israelische Politik muss verurteilt werden. Aber Antisemitismus ist keine Form legitimer Kritik, sondern ein Verbrechen.»Klaus Littmann, Künstler
Sein Statement gegen Antisemitismus versteht er keineswegs als bedingungslose Unterstützung Israels. «Die israelische Politik in den besetzten Gebieten ist inakzeptabel und muss verurteilt werden», sagt er und fügt an: «Netanjahu ist für mich genauso ein Verbrecher wie die Hamas. Aber wer eben nicht einsehen will, dass die Hamas Verbrecher sind, setzt sich nicht ernsthaft sachlich mit der Lage auseinander.»
Antisemitische Äusserungen oder Handlungen seien keine Form legitimer Kritik, sondern ein Verbrechen, so Littmann. Der Aufruf zur Vertreibung oder Vernichtung eines Volkes – «sei es des palästinensischen oder des jüdischen Volkes» – sei ein Verbrechen und müsse ohne Ausnahme verurteilt werden.
Unterzeichner von Artists Against Antisemitism
Der in Riehen aufgewachsene Klaus Littmann ist als Künstler vor allem für künstlerische Baumpflanz-Aktionen bekannt: Im Wörthersee Stadion in Österreich hat er 299 Bäume gepflanzt, auf dem Münsterplatz eine begehbare Holzinstallation, eine «Arena für einen Baum,» gebaut. In der St. Johanns-Vorstadt kuratiert er einen Raum, dort befindet sich die von der Sprayerei betroffene Galerie.
Littmann ist auch Unterzeichner des Aufrufs Artists Against Antisemitism (AAA), der in Teilen der deutschsprachigen Kulturszene die Runde macht. Darin wird auch die umstrittene Parole «From the river to the sea», die von der Pro-Palästina-Bewegung immer wieder skandiert wird, als antisemitisch kritisiert – ebenso wie die BDS-Bewegung, die einen Boykott Israels fordert.
Die AAA-Kampagne war kürzlich schon einmal Thema in Basel. Deren Initiator, der Freiburger Elektropunk-DJ Björn Peng, sollte bei einem Konzert im Szenelokal Hirscheneck auftreten. Weil ein Teil des Hirschi-Kollektivs mit dem Wortlaut der Kampagne (Gleichsetzung von Antisemitismus mit Antizionismus) nicht einverstanden war, luden sie Peng wieder aus.
Die Schmiererei an seinem Galerie-Schaufenster hat Littmann am Donnerstag entfernen lassen. Anzeige erstatten werde er nicht. «Eine Anzeige gegen Unbekannt ergibt für mich wenig Sinn.»