Polizeikommandant Roth muss gehen
Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann zieht Konsequenzen. Nachdem vergangene Woche eine unabhängige Untersuchung der Personalsituation bei der Kantonspolizei Basel-Stadt katastrophale Zustände zu Tage förderte, rollt jetzt der erste Kopf: Kommandant Martin Roth muss gehen.
«Die Ausgangslage ist verheerend», sagte Polizeidirektorin Stephanie Eymann am Freitagnachmittag mit ernster Miene vor einem mit Journalist*innen gefüllten Raum. Sie habe eine intensive Woche hinter sich, erklärte sie. In der vergangenen Woche seit der Veröffentlichung des Berichts habe sie sich mit dem Kommandanten getroffen und alle Mitglieder der Polizeileitung zu einem Vieraugengespräch eingeladen. Ausserdem habe sie das Angebot von Schefer genutzt und mit ihm das Gespräch gesucht.
An negativen Begrifflichkeiten mangelt es nicht im 42-seitigen Bericht, den Staatsrechtler Markus Schefer mit Unterstützung der niedersächsischen Polizeidirektorin Claudia Puglisi und der Basler Juristin Anja Fankhauser im Auftrag des Polizeikommandanten erstellt hat. 372 aktuelle und ehemalige Mitarbeitende der Kantonspolizei hatten sich zu den Zuständen an ihrem Arbeitsplatz geäussert und beschrieben unter anderem eine Kultur der Angst im Korps, einen autoritären Führungsstil und mangelndes Vertrauen in die Polizeileitung.
Ihre Botschaft seit letztem Freitag sei klar gewesen: «Es gibt kein Zurück zum Tagesgeschäft. Jetzt muss etwas gehen.» Für den Weg in die Zukunft brauche es Vertrauen – in die Polizeileitung und in den Kommandanten. Dieses Vertrauen sei aber nicht mehr gegeben, erklärte Eymann. «Ich bin deshalb zu einem ersten Entscheid gekommen.» Im Einverständnis mit dem Regierungsrat als Anstellungsbehörde habe sie Polizeikommandant Roth mitgeteilt, «dass ich auf seine Arbeitsleistung verzichte.» Roth wird formell freigestellt, schon jetzt sei er jedoch nicht mehr im Dienst.
Eymann dankte Roth «in aller Form» für den «ehrenwerten Auftrag», den er mit der Untersuchung der Personalsituation gegeben habe. Da aber die Leitungsebene und der Kommandant «ein grosser Teil des Problems» seien, führe der «Weg in die Zukunft» über eine*n neue*n Kommandant*in. Mehrfach betonte Eymann diesen Schritt als einen «ersten Entscheid», an weiteren «Personalentscheiden» sei sie dran. Bis Roths Position neu besetzt sei – das sei keine Frage von Monaten, versicherte Eymann – verzichte sie auf eine Interimslösung. Das Tagesgeschäft könne mit den bestehenden Strukturen und Verantwortlichen aufrechterhalten werden.
Weitere Massnahmen spricht Eymann an diesem Nachmittag ebenfalls an, so konkret wie die Freistellung sind davon allerdings wenige. Das ist angesichts der kurzen Zeit seit der Veröffentlichung des Berichts und der stattlichen Anzahl von 30 Empfehlungen, die daraus hervorgehen, nicht erstaunlich. Nicht alle dieser Empfehlungen könnten mit gleicher Priorität behandelt werden, erklärte Eymann. Man sei jetzt dabei, erste Handlungsfelder zu definieren. Für den Veränderungsprozess bei der Polizei sei auch «eine erste Auslegeordnung für eine externe Beratung» im Gange. Heisst: Eymann holt sich externe Unterstützung fürs Krisenmanagement.
Prioritär behandeln will die Sicherheitsdirektorin Empfehlungen, die die Grundwerte der Polizei angehen. Bezüglich der Vorfälle von Sexismus und Rassismus wird zum Beispiel derzeit geprüft, wo eine geeignete Anlaufstelle für Betroffene angesiedelt werden könne. «Da müssen wir schnell vorwärtskommen», so Eymann. Weitere Themen, die sie angehen will, betreffen die innere Führung, das Thema Laufbahnentwicklung und Entlöhnung, Wertschätzung und Reputation oder auch die Analyse von bestehenden Projekten und damit verbunden die Frage, wo man sich allenfalls vom Grundauftrag der Polizei wegentwickelt habe. Nicht zuletzt werde es auch administrative und/oder strafrechtliche Untersuchungen geben in den organisatorischen Einheiten, bei denen der Bericht «erhebliche Verstösse gegen die berufliche Integrität» festhielt.
Bei den zahlreichen Rückfragen der anwesenden Journalist*innen blickte Eymann immer wieder zu ihrem Kommunikationschef Toprak Yerguz, der sie jeweils mit Nicken rückversicherte. Darauf angesprochen, dass von linker Seite derzeit eine PUK gefordert würde, sagte Eymann, sie wolle sich nicht abschliessend dazu äussern. Und stellte dann aber die Gegenfrage, was man von einer PUK erwarten würde. «Könnte sie einen Kulturwandel herbeiführen?» Eymann scheint das zu bezweifeln.