Gummischrot-Einsatz landet vor Gericht

Das harte Vorgehen der Polizei bei der Frauentags-Demo 2023 hat ein juristisches Nachspiel. Die Aktivist*innen haben 20’000 Franken gesammelt, um den Fall ans Appellationsgericht zu bringen.

Demo Bild 8. März 2023 Frauentag Demonstration Gummischoteinsatz
Der Polizeieinsatz vom 8. März 2023 war kontrovers. (Bild: Dominik Asche)

Der Frauentag 2023 ist Basel in schlechter Erinnerung. Eine unbewilligte Demonstration, die allerdings nicht gewalttätig war, wurde von der Polizei eingekesselt. Auch Gummischrot wurde eingesetzt. Am Ende des Einsatzes bilanzierte die Kantonspolizei auf X: «Die unbewilligte Demo hat nicht stattgefunden.»

Dieser Polizeieinsatz sorgte für grosse Kritik, er wurde als «unverhältnismässig und unprofessionell» bezeichnet. Forderungen nach dem Rücktritt von Polizeikommandant Martin Roth fanden nicht nur in der linksautonomen Szene, sondern auch bis hin zur staatstragenden SP Anklang (Bajour berichtete). Im vergangenen Jahr wurde Roth entlassen, allerdings nicht wegen dieses Einsatzes, sondern wegen der intern schlechten Stimmung bei der Polizei.

Doch die damals betroffenen Demonstrant*innen wollen nicht zurück zum «Business as usual»: Sie finden, der Polizeieinsatz müsse auch offiziell als unrechtmässig deklariert werden. Einige Betroffene hatten nach dem Einsatz Beschwerde eingereicht. Das führte zu einer internen Untersuchung des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD), bei dem die Kantonspolizei angesiedelt ist. Das JSD fand dabei aber nichts zu beanstanden.

Helma Pöppel
«Wir sind nicht einverstanden, dass das eigene Departement sich quasi selbst untersucht.»
Helma Pöppel, Aktivistin

«Damit wollen wir uns nicht zufriedengeben», sagt Helma Pöppel. Die politische Aktivistin war damals am 8. März 2023 mit dabei im Kessel und hat danach auch Beschwerde eingereicht. Gemeinsam mit weiteren Betroffenen setzt sie sich dafür ein, dass es eine weitere gerichtliche Aufarbeitung gibt. «Wir sind nicht einverstanden, dass das eigene Departement sich quasi selbst untersucht. Jetzt sind ‹Checks and Balances› gefragt, also eine unabhängige Untersuchung.»

Um den juristischen Weg gehen zu können, haben die Beteiligten ein Crowdfunding gestartet, das «Kesseli gegen Polizeigewalt». Am 8. März 2025, also dem zweiten Jahrestag des Polizeieinsatzes, startete die Kampagne. Nach einem Monat kamen nun die benötigten 20’000 Franken zusammen, damit die Aktivist*innen die Gericht- und Anwaltskosten decken können. Das JSD nimmt diesen Umstand zur Kenntnis, wie es auf Anfrage mitteilt.

Das heisst: Sie werden den Polizeieinsatz ans Appellationsgericht weiterziehen. Dort würden dann die polizeiinternen Einsatzberichte ausgewertet – aber auch das Videomaterial, mit dem die Aktivist*innen den geringen Abstand beim Gummischrot-Einsatz aufzeigen wollen. Oder auch Fotomaterial der Verletzungen, die Betroffene von jenem Einsatz haben. Die entsprechenden Bilder wurden auch immer wieder auf Social Media geteilt.

Zunächst werden die Aktivist*innen nun also Rekurs gegen den Entscheid des JSD einreichen. Die Regierung muss dann darüber entscheiden, ob sie selber über die Bücher geht oder ob der Fall direkt ans Appellationsgericht weiterziehen kann.

«Wenn wir mit dem Vorgehen des Appellationsgerichts nicht zufrieden sind, können wir uns auch vorstellen, den Fall bis an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen», sagt Helma Pöppel. Der 8. März 2023 könnte Basel noch lange beschäftigen.

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David Rutschmann

Das ist David (er/ihm):

Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitik. Way too many Anglizismen.

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