«Ich bin die linkeste Kandidatin in diesem Wahlkampf»

Sabine Bucher (GLP) hat es auf den frei werdenden Platz in der Baselbieter Regierung abgesehen. Im Interview gibt sie zu, dass Bildung nicht ihr Fachgebiet ist und erklärt, warum sie Eltern von einer Berufslehre überzeugen will.

Sabine Bucher GLP Baselland Regierungsrat Interview
Sabine Bucher will erste GLP-Regierungsrätin im Baselbiet werden. (Bild: Helena Krauser)

Sabine Bucher, Hand aufs Herz: Die FDP mit 18 Prozent Wähler*innenanteil gehört schon mehr in die Baselbieter Regierung als die GLP mit 8 Prozent.

Regierungsratswahlen sind keine Parteiwahlen – das sind Personenwahlen. Die Partei sollte nicht im Vordergrund stehen in der Regierung. Man setzt um, was das Parlament bestimmt. Als ich noch Gemeinderätin und Gemeindepräsidentin war, bin ich parteilos angetreten – das war mir wichtig.

Trotzdem beschäftigt die Bevölkerung, dass nach der SVP auch die FDP nicht mehr in der Regierung sein könnte.

Ja, das ist durchaus so. Ich habe mich auch gefragt, ob wir überhaupt antreten können: GLP und Mitte wären dann die rechtesten Parteien in der Regierung. Aber ich glaube, ich kann die Anliegen sowohl von rechts als auch von links gut einbringen. Als Steuerexpertin verstehe ich die Bedürfnisse unserer Wirtschaft und kann sie sehr gut vertreten. Und gleichzeitig habe ich eine grüne und soziale Seite – Nachhaltigkeit ist mir wichtig. 

Damit Ihre Wahl klappt, sind Sie auf die Unterstützung der SP angewiesen. Bei Ihrem Wahlkampfauftakt waren gemäss bz aber keine grossen Namen der SP zu sehen – und die Partei unterstützt ihren Wahlkampf gerade mal mit 3000 Franken (bei Thomas Noack waren es damals 43’000 Franken). Ist die Unterstützung nur halbherzig?

Samira Marti, Adil Koller und Nils Jocher sind in meinem Komitee. Und sie sind nicht die einzigen von der SP, die schon auf den sozialen Medien Videos und so weiter posten. Natürlich bin ich auf die Stimmen von links angewiesen – aber ich bin auch die linkeste Kandidatin in diesem Wahlkampf und hoffe, dass das auch linke Wähler motiviert.

«Die Juso haben ein idealistisches Staatsbild, das ich nicht erfüllen kann, weil ich zu realistisch bin.»
Sabine Bucher, Regierungsratskandidatin (GLP)

In der SP ist man sich nicht vollends einig, ob die Unterstützung Ihrer Kandidatur richtig ist: Die Juso hat Sie offen kritisiert und sieht Sie am rechten Rand der GLP. Die Grünen entscheiden noch über ihre Zustimmung. Wie wollen Sie linke, soziale Wähler*innen überzeugen?

Ich wäre nicht in der GLP, wenn ich besser in die SP passen würde. Ich stimme nicht in allem überein, was die SP will. Die Juso haben ein idealistisches Staatsbild, das ich nicht erfüllen kann, weil ich zu realistisch bin. Dass mich die Juso kritisieren, ist in diesem Punkt verständlich. Meine grosse Überschneidung mit der SP liegt – im Gegensatz zu den anderen Kandidierenden – bei Nachhaltigkeit und Umweltschutz, was mir sehr am Herzen liegt. Gleichzeitig denke ich, dass mein positiver, wertschätzender und rücksichtsvoller Umgang der SP sehr entspricht.

Die SP setzt sich neben Nachhaltigkeit auch sehr für einen ausgebauten Sozialstaat ein. Bei Smartvote haben Sie sich bei den Landratswahlen vor zwei Jahren gegen Ergänzungsleistungen für finanzschwache Familien und auch gegen Gratis-Kitas positioniert. Warum?

Bei der Frage, ob im Kanton Basel-Landschaft Ergänzungsleistungen für Familien mit tiefem Einkommen eingeführt werden sollen, hatte ich vor zwei Jahren mit «eher Nein» geantwortet, da bereits ein breites Auffangnetz und Unterstützungsmöglichkeiten für finanzschwache Familien bestehen wie Sozialhilfe, Prämienverbilligung, FEB-Beiträge, Mietzinsbeiträge, diverse institutionelle Hilfen etc. Da zusätzlich das System der Ergänzungsleistungen einzuführen, wäre sehr komplex und könnte Doppelspurigkeiten erzeugen. 

Und bei den Gratis-Kitas?

Ja, dort möchte ich auch der Wirtschaft eine gewisse Verantwortung geben. Die Wirtschaft, die auf die Fachkräfte angewiesen ist, darf einen Anteil dazu beitragen, dass die Kinderbetreuung unterstützt wird. Und wer darüber hinaus zusätzliche Unterstützung braucht, soll vom Staat unterstützt werden. Das bringt denen, die es nötig haben, mehr als Gratis-Kitas, die für alle Familien flächendeckend gelten würden.

Sabine Bucher GLP Baselland Regierungsrat Interview
Bucher bewirbt sich für die Nachfolge der FDP-Bildungsdirektorin Monica Gschwind. (Bild: Helena Krauser)

Ist es nicht zu einfach, den Unternehmen die Verantwortung zu geben? In Basel-Stadt haben wir auch höhere Zuschüsse zur Kita-Betreuung.

In Baselland sind die Gemeinden für die Kitas zuständig – Gratis-Kitas sind also kein Kantonsthema. Im Oberbaselbiet zum Beispiel ist der Verein Tagesfamilien sehr stark, da gibt es auch gar nicht so viele Kitas.

Gratis-Kitas sind das eine. Was ist mit höheren Zuschüssen?

Ich möchte betonen: Ich bin dafür, dass die Familien unterstützt werden, die es wirklich brauchen. Das haben wir heute schon, jede Gemeinde hat ihr FEB-Reglement (Familienergänzende Betreuung, Anm. d. Redaktion) – das ist nach Einkommen gestaffelt und man wird voll unterstützt, wenn man darauf angewiesen ist. Da sollten wir ansetzen, nicht flächendeckend.

«Die Anstellung von notwendigen Spezialistinnen und Spezialisten aus dem Ausland ist auch ohne Bilaterale möglich.»
Sabine Bucher

Kommen wir nochmals auf Ihr Smartvote zurück. Auf die Frage, ob die Schweiz die bilateralen Verträge durch ein Freihandelsabkommen mit der EU – ohne Personenfreizügigkeit – ersetzen soll, antworteten Sie mit «eher ja». Würden Sie heute auch noch so antworten?

Es hat sich geopolitisch schon einiges geändert. Aktuell bin ich für die Bilateralen III. Auch damit der Austausch über Grenzen für Studierende einfacher ist.

Woher kamen dann damals die Zweifel, dass ein Freihandelsabkommen besser sein könnte als die Bilateralen mit Personenfreizügigkeit?

Mich stört, dass wir ein Stück weit auch die europäischen Arbeitskräfte ausnutzen. Sie haben das Gefühl, sie erhalten in der Schweiz einen mega hohen Lohn, dabei schaffen wir eigentlich eine Zweiklassengesellschaft: Die aus dem Ausland arbeiten für tiefe Löhne und die Schweizer haben die besseren Jobs. 

Es kommen aber auch viele Führungskräfte. Die Wirtschaft ist stark angewiesen auf diese Fachkräfte aus dem Ausland. Sie sehen die Vorzüge der Personenfreizügigkeit nicht?

Die Anstellung von notwendigen Spezialistinnen und Spezialisten aus dem Ausland ist auch ohne Bilaterale möglich. Ich bin jedoch froh, wenn ich mich nicht im Detail mit diesen Verträgen befassen muss, sondern dies der Bundespolitik überlassen kann. So habe ich die Verträge nicht gelesen von den Bilateralen, vertraue aber auf meine Partei, die sagt, das sei eine gute Sache.

Sabine Bucher GLP Baselland Regierungsrat Interview
Die Steuerexpertin sitzt seit zwei Jahren im Landrat und dort in der Bildungs-, Sport- und Kulturkommission. (Bild: Helena Krauser)

Kommen wir mehr in Ihre Gefilde. Finanziell könnte es dem Kanton besser gehen, auch wenn es zuletzt überraschend einen Überschuss gab – würden Sie sich für eine Erhöhung der Vermögenssteuer aussprechen, wenn es finanziell knapper wird?

Nein. Der Vermögenssteuersatz wurde 2023 gesenkt, ist aber immer noch eher hoch im Gesamtschweizer Vergleich. Wir wollen ja nicht die vermögenden Personen verjagen – die zahlen oft auch hohe Einkommenssteuern.

Wo würden Sie dann ansetzen, damit nicht – wie so häufig – bei der Bildung gespart werden muss?

Ich will nicht bei der Bildung kürzen, denn das ist unsere Zukunft. Aber es gibt bei der Bildung Dinge, die man effizienter machen kann, damit die Lehrer wieder mehr Zeit für den Unterricht haben. Zum Beispiel indem sie nicht ganz so viel Bürokratie machen müssen. Man könnte sich etwa ausführliche Beurteilungsbögen bei den problemlosen Kindern sparen.

Und das würde Geld sparen?

Nein, das würde die Bildung stärken, weil die Lehrer sich auf ihre Hauptarbeit fokussieren könnten: Auf die Arbeit mit den Kindern.

Nochmal: Wenn die finanzielle Situation Sie zum Sparen zwingt, was würden Sie tun?

Im Bildungsbereich müssen die Gemeinden gerade auf der Primarstufe viel zahlen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass man die Gemeinden an der Grundstückgewinnsteuer partizipieren lässt. Die Wertsteigerung von Grundstücken ist nicht nur durch den Kanton gemacht, aber er ist momentan der Einzige, der davon profitiert. Von daher würde ich eher die Finanzierung der Gemeinden stärken, damit sie die hohen Kosten der Bildung weiterhin leisten können.

«Die Gemeinden stellen zu Recht infrage, ob es noch Sinn macht, dass sich Baselland so stark an den Uni-Kosten beteiligt.»
Sabine Bucher

Das hilft dem Kanton aber auch nicht beim Sparen, wenn er klamm ist.

Ich habe immer die Hoffnung, dass es mit der Digitalisierung irgendwann Einsparungen gibt. Das ist aber ein langer Prozess und die Einführung ist sicher teuer. Irgendwann werden solche Dinge effizienter und man spart vielleicht unter dem Strich Kosten. Auch könnten die Landräte zurückhaltender mit der Einreichung von Vorstössen sein. Sie gehören zu unserer Demokratie, sind aber teilweise eine unnötige Beschäftigung der Verwaltung und des Parlamentsbetriebs.

Im Kanton wird in der ganzen Debatte über Einsparungspotenzial momentan viel über die Unifinanzierung gesprochen. Das gipfelt in einer Gemeindeinitiative, die den Uni-Vertrag im Notfall kündigen will. Das lehnen Sie ab. Was ist Ihr Ansatz?

Ich lehne ab, den Univertrag voreilig zu kündigen, solange die Finanzierung und damit die Planungssicherheit für die Uni nicht gewährleistet ist. Die Gemeinden stellen zu Recht infrage, ob es noch Sinn macht, dass sich Baselland so stark an den Kosten beteiligt. Wo ich ein grosses Fragezeichen setze, ist bei den Restkosten, wo Basel-Stadt nur zehn Prozent mehr zahlt als Baselland zur Berücksichtigung des Standortvorteils. Ich habe den Eindruck, die Vorteile für die Stadt sind um einiges höher.

Schon die zehn Prozent Standortvorteil wurden in Basel-Stadt als «zu grosses Zugeständnis an Baselland» gesehen. Sie wollen also, dass Basel-Stadt noch mehr zahlt?

Ich bin mir nicht sicher, ob da richtig gerechnet wurde. Ich finde, wir müssen diesbezüglich eine ergebnisoffene Nutzenanalyse machen. Vielleicht geht es ja auch in die andere Richtung und es zeigt sich, dass Baselland mehr profitiert als gedacht – dann wäre es auch gerechtfertigt, dass wir uns paritätischer beteiligen. Ich gehe aber davon aus, dass Basel-Stadt mehr profitiert, weil der Unistandort auch für die städtischen Unternehmen attraktiv ist, die der Stadt hohe Steuerzahlungen bescheren.

Sabine Bucher GLP Baselland Regierungsrat Interview
Bucher war unter anderem als Gemeindepräsidentin von Läufelfingen in der Exekutivpolitik tätig. (Bild: Helena Krauser)

Was sonst muss sich bei der Uni-Finanzierung tun?

Es wäre möglich, die Studiengebühren zu erhöhen – vor allem ausländische Studierende zahlen im Moment sehr tiefe Studiengebühren. Klar, man will auch gute Studierende hierher holen und ein guter Forschungsstandort sein. 

Ausländische Studierende zahlen genauso viel Studiengebühren wie Schweizer Studis. Das sehen übrigens auch die Bilateralen III so vor – EU-Ausländer*innen dürfen nicht schlechter gestellt werden. Also, was tun?

Man könnte leistungsstarke Studierende subventionieren, damit man die Gebühren erhöhen kann. Oder man könnte die Wohnsitzkantone und eventuell auch -staaten mehr zur Kasse bitten.

In der Volksstimme erklärten Sie, der Regierungsrat brauche in der Uni-Finanzierung «ein gewisses Druckmittel» gegenüber Basel-Stadt. Können Sie das ausführen?

Es ging in dem Interview um eine Abstimmung im Landrat vor rund zwei Jahren. Ich finde, Baselland hätte in den Verhandlungen mit Basel-Stadt wenig in der Hand gehabt, wenn sich das ganze Parlament geschlossen hinter den Vertrag in seiner jetzigen Ausgestaltung stellt. Ich enthielt mich damals im Landrat, weil ich signalisieren wollte, dass ich eben nicht 100 Prozent hinter dem jetzigen Vertrag stehe. Man muss ihn neu aufgleisen. Vielleicht gibt es auch eine gesamtschweizerische Lösung, dass man alle Kantone mehr beteiligen kann – wenn man die anderen Uni-Standorte ins Boot holt.

«Es gibt in Baselland noch keine KI-Weiterbildung für Lehrkräfte. Das müssen wir schnell ändern.»
Sabine Bucher

Dafür andere Kantone zu gewinnen, wird schwierig. Aber wir wollen uns jetzt der Schule widmen. Was muss sich aus Ihrer Sicht ändern?

Digitalisierung und KI werden die Anforderungen der Wirtschaft und damit auch unsere Schule völlig verändern. Ich denke, kritisches Denken und soziale Kompetenzen müssen weiter gefördert werden, genauso wie Kreativität. Ich könnte mir vorstellen – neben Deutsch und Mathe als Grundlage – bei der Bildung künftig auf den individuellen Stärken aufzubauen. Man muss nicht mehr allen Kindern alles beibringen. Aber ich weiss, dass das eine Idealvorstellung ist, die sicher nicht so schnell kommen wird. Und dafür wurde auch bereits das Projekt Schulen 2040+ initiiert, bei dem ich als Vertreterin der Bildungskommission mitwirken darf.

Die Lehrer*innen sind ja jetzt schon überlastet, um mit der Digitalisierung mitzuhalten.

Eine Lehrerin sagte mir, dass es in Baselland noch gar keine KI-Weiterbildung für Lehrkräfte gibt. Das müssen wir schnell ändern. Und ja, wir müssen uns überlegen: Wo setzen wir welche digitalen Geräte sinnvoll ein – damit auch die Lehrpersonen da mithalten und Spass daran haben können.

Kommen wir zu einem Vorschlag Ihrer Konkurrentin Caroline Mall von der SVP: Sie spielt mit der Idee, Hausaufgaben abzuschaffen. Sind Sie dafür zu haben?

Bei meinem ältesten Sohn war es nach der Einschulung zur Gewohnheit geworden, jeden Tag Hausaufgaben zu machen. Das war eine gute Struktur. Aber Kinder sind unterschiedlich – manche lernen mit Hausaufgaben besser, andere nicht. Ich weiss nicht, ob man deshalb die Hausaufgaben abschaffen muss. Aktuell sind die Schulen sehr frei, wie sie das handhaben und diese Kompetenz ist bei ihnen in meinen Augen am richtigen Ort.

Sabine Bucher GLP Baselland Regierungsrat Interview
Buchers Kandidatur wird von der SP unterstützt, der zweitgrössten Partei im Kanton (Bild: Helena Krauser)

In eine ähnliche Richtung geht die Idee, dass man keine Noten mehr gibt oder Prüfungen und Tests abschafft. Was halten Sie davon?

Damit habe ich folgende Erfahrung: Mein Bruder ging in eine Schule, wo es keine Noten gab. Er hatte kein Abschlusszeugnis – nur die Bestätigung, dass er neun Jahre Schule absolviert hat. Für Lehrbetriebe ist dann schwierig, einzuschätzen, wo dieser Schüler steht. Manche Kinder werden durch den Vergleich mit anderen zusätzlich animiert oder motiviert. Andere fühlen sich unter Druck gesetzt. 

Wie wird man dem gerecht, wenn es so unterschiedliche Typen von Kindern gibt, die unter ganz anderen Bedingungen gut lernen können?

Statt das Schlechte unbedingt verbessern zu wollen, sollte man bei den Stärken ansetzen. Da sind sie motiviert, was der beste Antrieb fürs Lernen ist. Und das wäre in meinen Augen auch bei der integrativen Schule sinnvoll. Wir haben erlebt, dass Kinder ausgegrenzt werden, weil die anderen Schüler keine Geduld mit ihnen haben, wenn sie überfordert sind und sich deshalb auffällig und vielleicht störend verhalten. Das würde bei einem Fokus auf Stärken weniger passieren.

Gerade hat der Kanton Zürich beschlossen, Frühfranzösisch in der Primar abzuschaffen. Sie sind ebenfalls dafür. Warum?

Ich habe von vielen Sekundarlehrern gehört, dass die Kinder Mühe haben mit dem Deutsch, mit dem Leseverständnis. Ich glaube, Frühfranzösisch ging ein wenig zulasten der Deutschkompetenzen. Wenn man in der Primar Deutsch besonders fördert, wird es in der Sekundarschule einfacher, alle anderen Fächer zu unterrichten – und man hat auch mehr Zeit für Französisch.

Kritiker*innen sehen das als Schwächung der Landessprache.

Ich möchte das Französisch nicht schwächen. Man könnte stattdessen auf Sekundarstufe drei Jahre intensiv Französisch machen. Die Schulen im Laufental, die näher an der Welschschweiz sind, könnten statt Frühfranzösisch in früheren Stufen Französisch einfliessen lassen: Zum Beispiel französische Lieder im Kindergarten singen.

«Ich möchte Eltern davon überzeugen, dass die Berufslehre eine super Grundlage ist.»
Sabine Bucher

In Basel-Stadt propagiert Ihr möglicher Amtskollege Mustafa Atici bei jeder Gelegenheit die Berufsbildung. Hegen Sie ähnlich viel Sympathie dafür?

Sehr. Mein Sohn hat sich für eine Berufslehre entschieden – obwohl viele seiner Kollegen ans Gymi gehen. Ich finde das super. Ich sehe das genauso wie Mustafa Atici. Im Landrat gibt es gerade eine Vorlage, dass es zwei statt nur einer Lektion berufliche Orientierung an der Sek geben soll. Das ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

In Baselland bleiben regelmässig hunderte Lehrstellen unbesetzt.

Genau, das ist schade. Von daher möchte ich Eltern davon überzeugen, dass die Berufslehre eine super Grundlage ist – und dass man in unserem durchlässigen System auch später noch die schulische Laufbahn fortsetzen kann.

Sie wollen bei den Eltern ansetzen, nicht bei den Kindern?

Ja. Eltern einzubeziehen finde ich wichtig, denn sie spielen bei der Berufswahl der Kinder eine wichtige Rolle. In Sissach habe ich ein paar gute Beispiele erlebt, wo die Eltern auch eingeladen worden sind, zum Beispiel die Klasse ins Laufbahnzentrum zu begleiten. Und natürlich ist auch die Unterstützung und Begleitung der Kinder durch die Schule sehr wichtig und dementsprechend weiter auszubauen.

Sabine Bucher GLP Baselland Regierungsrat Interview
«Fachlich stark, menschlich nah» ist Buchers Wahl-Slogan. (Bild: Helena Krauser)

Im Interview mit der Starken Schule beider Basel sagten Sie, dass Sie als Steuerexpertin gerne langfristig das Finanzdepartement übernehmen wollen würden. Sie würden aber wohl die Bildungs,- Kultur- und Sportdirektion übernehmen.

Ich sage nicht, dass ich in die Regierung will, um die Finanzen zu übernehmen. Ich könnte den Finanzdirektor in seinen Themen unterstützen, wenn wir gemeinsam in der Regierung wären. In diesem Bereich habe ich im Moment die grössten Kompetenzen. Die Abschaffung von Hausaufgaben, zu der Sie mich befragt haben, sind nicht mein Fachgebiet – bei Steuererhöhungen kenne ich hingegen die systemischen Auswirkungen genau. 

Warum sollen die Wähler*innen glauben, dass Sie sich mit Leidenschaft für Bildungsthemen einsetzen?

Nur weil es nicht mein Fachgebiet ist, heisst das nicht, dass ich keine Erfahrung habe: Als Landrätin in der Bildungs,- Kultur- und Sportkommission und ehemalige Gemeindepräsidentin, die viel mit Primarschulen zu tun hatte, kenne ich die politischen Debatten gut. Als Mutter habe ich Einblick ins aktuelle Schulsystem. Ich weiss, dass wir unsere Schulen neu denken müssen und ich freue mich sehr darauf, dieses Projekt zusammen mit den vielen involvierten und motivierten Personen auszuarbeiten.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Vergangenes Jahr haben Sie eine schwere Erfahrung gemacht, eine Gehirnoperation, und mussten im Parlamentsbetrieb aussetzen. Hat die Erkrankung Ihre Sichtweise auf Politik verändert? Oder Ihre Motivation, solch eine Kandidatur zu wagen? 

Meine Sichtweise hat sich nicht verändert. Ich habe fast ein Dreivierteljahr kürzer treten müssen bis alles geheilt war. Mein Kopf war sehr schnell müde in dieser Zeit, aber ich hatte riesiges Glück, dass es mir psychisch immer gut ging. Und jetzt ist alles verheilt und ich sprudele vor Energie. Durch diese Erfahrung bin ich ein Stück weit gelassener geworden und blicke mit noch mehr Dankbarkeit aufs Leben.

Danke für das Gespräch.

Vielen Dank für Ihr Interesse.

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David Rutschmann

Das ist David (er/ihm):

Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitik. Way too many Anglizismen.

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