Bierbrauen war gestern

Die erste Schweizer Sojasauce kommt aus Basel. Die Brauerei Ferment verarbeitet Biosoja und -Weizen aus der Schweiz zum braunen Klassiker aus Ostasien. Dazu braucht es viel Zeit und einen kleinen Pilz mit grosser Wirkung.

Die halbe Welt ist im Bierbrau-Fieber – die Brauerei Ferment in Basel schwimmt gegen den Strom. Caroline Kulangara und ihr Mann haben sich der Produktion von Sojasauce verschrieben. Eine Seltenheit bei uns, obwohl Sojasauce inzwischen zur Grundausstattung jeder Küche gehört.

Das Sojasaucenbrauen nach traditionell japanischer Art haben sich Caroline und ihr Mann selbst beigebracht, ohne dass sie je in Japan waren. Nur mithilfe von Literatur, Videos, ihrer Experimentierfreudigkeit und ihrem bereits vorhandenen Wissen über Mikroorganismen – Caroline Kulangara und ihr Mann sind Mikrobiolog*innen.

Caroline Kulangara beim Umrühren der Soja-Maische. Seit Juli 2020 ist sie Vollzeit-Sojasaucenbrauerin
Caroline Kulangara beim Umrühren der Soja-Maische. Seit Juli 2020 ist sie Vollzeit-Sojasaucenbrauerin. (Bild: Eliane Hofstetter)

Die Idee gärte schon seit etwa zehn Jahren. Das Ehepaar liebt Sojasauce und allgemein die asiatische Küche. Lange Zeit haben die beiden aus Japan importierte Saucen im Internet bestellt. Das war mit Aufwand und auch Kosten verbunden – denn auch in Japan werden nur noch rund ein Prozent der Sojasaucen nach traditioneller Braukunst hergestellt. Der einzigartige Geschmack war es ihnen aber wert.

«Nach dem Atomunglück in Fukushima waren wir uns aber unsicher, ob man noch japanische Saucen mit Meersalz kaufen kann.» Sie fragten sich: «Ist das noch sicher?» 

Vom Experiment zum Beruf

Und so beschlossen Caroline und ihr Mann kurzerhand, ihre Sojasauce selber zuhause in Basel herzustellen. Die ersten Versuche wurden in der heimischen Küche unternommen: dämpfen, rösten, gären lassen, pressen, filtern, irgendwann war jedoch klar: sie möchten sich professionalisieren. Seit 2018 ist die Brauerei Ferment nun Wirklichkeit, seit Anfang 2020 sind die Sojasaucen im Verkauf.

In diesen Fässern gedeiht die Rohsauce und wird regelmässig umgerührt.
In diesen Fässern gedeiht die Rohsauce und wird regelmässig umgerührt. (Bild: Eliane Hofstetter)

Die Brauerei Ferment befindet sich in einer ehemaligen Werkstatt im Iselin-Quartier. Sie ist klein, aber mit topmodernen und teilweise skurrilen Geräten ausgestattet: Ein Pasteurisiergerät, ein Gärunterbrecher (ein Gerät, das grosse Ähnlichkeit mit einem Kühlschrank hat), eine riesige Paellapfanne, eine Mostpresse, eine Abfüllmaschine und vieles mehr.

Das Herzstück sind die grossen Holzbottiche. Hier drin gärt und fermentiert die Maische, Moromi genannt. Von den Rohstoffen bis zur fertigen Sauce braucht es zig Arbeitsschritte und sehr viel Zeit, erklärt Caroline. Wer hätte gedacht, dass für so ein Fläschchen Sauce so viel Gerät vonnöten ist.

Bevor Caroline sich Vollzeit um die Brauerei kümmerte, hat sie am Tropeninstitut in Basel in der Zellbiologie an Malaria geforscht und hat da schon Mikroorganismen kultiviert. Statt mit mikroskopisch kleinen Mengen arbeitet sie jetzt mit 250-Liter-Fässern voller Soja-Ansatz und statt Krankheitserreger kultiviert sie Edelschimmel. Seit Juli 2020 macht sie das 100 Prozent, ihr Mann hilft auch mit und röstet vor allem den Weizen (dafür wird die Paellapfanne verwendet), hat aber sein Labor und seine bisherige Arbeit behalten.

Von Pilzen und Bohnen

Sojasauce ist rein von der Zutatenliste her ein sehr pures Lebensmittel: Sojabohnen, Weizen, Wasser, Salz, fertig. Die Brauerei Ferment verwendet ausschliesslich Produkte aus der Schweiz: Das Salz stammt aus den Salinen, das Wasser aus den Alpen (dasjenige aus Basel enthält zu viel Kalk). Sowohl der Weizen als auch die Sojabohnen stammen aus biologischem Anbau und werden von der Mühle Rytz bei Bern bezogen.

War es schwer, Schweizer Sojaproduzent*innen zu finden? 

Die kurze Antwort der beiden: Nein. 

Die etwas längere: Die Schweiz, oder genauer das landwirtschaftliche Forschungszentrum Agroscope, fördert schon seit geraumer Zeit den Anbau von Speisesoja in der Schweiz. Nicht nur, weil man daraus viele verschiedene Sachen herstellen kann, sondern auch weil Soja gewisse Eigenschaften hat, die Stickstoff binden und dadurch die Bodenbeschaffenheit verbessern.

Aus weiss wird braun: Sojabohnen frisch aus dem Getreidesack.
Aus weiss wird braun: Sojabohnen frisch aus dem Getreidesack. (Bild: Eliane Hofstetter)

Eine der wichtigsten Zutaten für die Vollendung der Sauce ist aber ein kleiner unscheinbarer Pilz, dessen Sporen optisch an Matchapulver erinnern. Der Edelschimmel «Aspergillus Oryzae» verwandelt Weizen und Soja zu «Koji», dem elementaren Bestandteil der Sojasauce.

Koji ist auch das Herzstück in der Miso-, Sake- und Mirin-Herstellung. Ähnlich wie bei Camembert lässt man den Pilz drei Tage lang die Soja-Weizen-Masse durchwachsen. Der Pilz und dessen Enzyme wandeln dabei das Eiweiss und die Stärke der Sojabohne und Weizenkörner in Zucker und Aminosäuren um.

brauprozess

Deshalb gleicht die Brauerei Ferment auch einem Labor. Der Edelschimmel muss optimale Wachstumsbedingungen haben und regelmässig gerührt werden, damit guter Koji entsteht. Der Koji wird anschliessend in Salzlake gelegt – den Moromi. Nun heisst es abwarten und täglich rühren, die eigentliche Arbeit – den Moromi zur einer geschmackvollen Sauce zu verwandeln – übernehmen ab jetzt Bakterien und Hefen. 

Je besser es dem Pilz geht, desto besser schmeckt am Ende alles. Ein bisschen poetisch ist das ja schon: Stimmen die Bedingungen, ist alles im Gleichgewicht und der Geschmack wird ausgewogen.

Where the magic happens: Die Sporen des Edelschimmels Aspergillus Oryzae werden direkt aus Japan importiert - selber züchten funktioniert leider nicht.
Where the magic happens: Die Sporen des Edelschimmels Aspergillus Oryzae werden direkt aus Japan importiert – selber züchten funktioniert nicht. (Bild: Eliane Hofstetter)

Mindestens ein Jahr dauert es, bis aus der Maische (Moromi) die Sauce geworden ist. Unter den Deckeln der grossen Fässer aus Lärchenholz arbeiten die Mikroorganismen vor sich hin, bauen Stärke ab und produzieren Aroma und etwas Alkohol. 

In eines der Fässer dürfen wir einen Blick werfen. Der Moromi hatte bisher wenige Monate zum Reifen. Es blubbert und riecht nussig-herb, rein optisch erinnert das Ganze an Craft Beer, wenn die Stückchen in der Masse nicht wären. 

Etwa 120 Liter Sojasauce kommt am Ende pro Bottich heraus.

Mikroorganismen at work: aus Maische wird Sauce.
Mikroorganismen at work: aus Maische wird Sauce. (Bild: Eliane Hofstetter)

Die Sojasauce aus der Brauerei Ferment gibt es nicht nur für zu Hause. Auch lokale Gastrobetriebe verwenden die erste Schweizer Sojasauce in ihren Gerichten oder sie sind Abnehmerinnen von den «Resten», die beim Abpressen übrigbleiben.

In Zukunft will Caroline Kulangara neben der «hellen» Sojasauce (Usukuchi Shoyu) auch weiter Sojasaucensorten produzieren: mehrjährig gereifte Sojasauce (Koikuchi Shoyu), wie sie in Japan üblich ist, doppelt gebraute Sojasauce (Sashikomi Shoyu) für Sushi, eine nur aus Sojabohnen gebraute «glutenfreie» Sojasauce (Tamari Shoyu). Weitere Produkte der Brauerei Ferment sind: frischer Reis-Koji und Shio-Koji und zukünftig auch Miso, eine Suppenbasis.

Sojasauce aus Basel

Rezept

Schnelles Gemüse auf Reis

von Caroline Kulangara

Gericht

Zutaten

  • 300g Gemüse (z.B. Bohnen, Broccoli, Zucchini)
  • Ein 3 cm langes Ingwerstück fein in Streifen geschnitten
  • 4 Knoblauchzehen (einmal kurz mit der Seite eines breiten Messers gequetscht)
  • 3 EL Öl (z.B. Olivenöl)
  • 1/2 Teelöffel Kurkumapulver
  • 4 EL Usukuchi Sojasauce

Zubereitung

  • Das Gemüse dämpfen bis gar. Reis kochen.
  • 3 EL Öl in einer Bratpfanne erhitzen, Die gestossenen Knoblauchzehen und die Ingwerstreifen 2 Minuten anrösten bis sie goldbraun sind.
  • 1/2 Teelöffel Kurkumapulver dazugeben und ein paar Sekunden mit rösten.
  • 4 EL Usukuchi Shoyu dazugeben und mischen.
  • Das Gemüse dazugeben, mischen und nochmals 2-3 Minuten mit rösten.
  • Auf Reis servieren.

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