«Wahlkampf im Klassenzimmer ist eine schlechte Idee»
Riehen entscheidet am 3. März, ob auch 16-Jährige über Gemeinde-Angelegenheiten abstimmen dürfen. Wir haben zwei junge Menschen gefragt, was sie davon halten. Der 19-jährige Florian Guntrum erklärt, weshalb er dagegen ist.
Mein Name ist Florian Guntrum, ich bin 19 Jahre alt und ein Gymnasiast, wohnhaft in Riehen und seit rund einem Jahr bin ich Mitglied bei den Jungliberalen. Wenn ich mich nicht mit der Schule befasse, verbringe ich meine Freizeit auf dem Tennis- oder Fussballplatz und bin seit einiger Zeit begeisterter FCB-Fan.
In Riehen sollen bereits 16-Jährige über kommunale Dinge abstimmen können. Der Einwohnerrat sprach sich parteiübergreifend für das Anliegen aus. Weil aber die SVP das Referendum ergriff, entscheidet nun das Riehener Stimmvolk über eine mögliche Einführung.
Auch auf nationaler Ebene gibt es Bestrebungen, die in die gleiche Richtung zielen. So ist im Nationalrat ein Vorstoss der Basler Nationalrätin Sibel Arslan (Basta/Grüne) hängig, der 16- und 17-Jährigen das aktive Wahl- und Stimmrecht einräumen will.
Mit 16 Jahren besuchen die meisten Jugendlichen noch eine Schule. Sie bezahlen keine Steuern, dürfen nicht Autofahren und einen Gin Tonic bestellen dürfen sie auch nicht, im Coop gibts nicht mal ein Bier. Seit neustem dürfen sie auch nicht mehr mit Werbung für Tabakprodukte konfrontiert werden.
Minderjährige werden strafrechtlich anders behandelt, dürfen nicht heiraten und gewisse Verträge können sie noch nicht gültig abschliessen. Die Gesellschaft ist also klar der Meinung mit 16 soll man einige Entscheidungen nicht selbst treffen dürfen, auch wenn sie ausschliesslich einem selbst betreffen. Auch die kritische Betrachtung einer Zigarettenwerbung traut man ihnen nicht mehr zu.
«Wer noch keine individuelle Verantwortung wahrnehmen kann oder darf, der sollte auch nicht für alle entscheiden können.»Florian Guntrum,19
Nun will man in Riehen das Stimmrechtsalter 16 einführen. Schlüssig ist das nicht. Die individuelle Verantwortung traut man den Jungen nicht zu, die kollektive aber schon? Über Millionen-Projekte abstimmen, bevor man Tabakwerbung sehen darf, das geht nicht auf. Es müsste eigentlich genau umgekehrt sein.
Es stellt sich zudem die Frage, ob wir wirklich wollen, dass Parteien sich noch stärker als heute schon auf Jugendliche in den Schulen konzentrieren und um Stimmen weibeln. In Schulen herrscht nicht selten ein Gruppendruck, auch politisch. Es ist wichtig die politische Bildung in den Schulen zu stärken, aber Wahlkampf im Klassenzimmer? Das halte ich für eine schlechte Idee.
Der 17-jährige Nils Gerber sieht das anders. Er weibelt für das Stimmrechtsalter 16. Hier erklärt er, weshalb er gerne mitbestimmen würde.
Es ist für das politische Interesse vieler Jugendlichen sicher nicht förderlich, wenn sie an der Schule solchem Gruppendruck ausgesetzt sind. Auswertungen aus dem Kanton Glarus zeigen, dass das Interesse unter 16- und 17-Jährigen an lokaler Politik trotz Stimmrechtsalter 16 unterdurchschnittlich ist. Der erhoffte Effekt der stärkeren politischen Partizipation der Jungen ist also wohl eher Wunschdenken als Realität.
Die Einführung eines Stimmrechtsalter 16 wäre nicht der Untergang der Demokratie und es sind auch nicht wie manche meinen alle Jugendlichen links und ideologisch unterwegs. Trotzdem ist es abzulehnen, denn wer noch keine individuelle Verantwortung wahrnehmen kann oder darf, der sollte auch nicht für alle entscheiden können.