Wie autonom kann ein staatliches Museum sein?

Nicht erst seit dem Konflikt mit dem Ex-Direktor des Historischen Museums steht fest: Wie die staatlichen Museen in Basel künftig schalten und walten, muss neu geregelt werden.

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Das Historische Museum und der Skandal um Ex-Direktor Marc Fehlmann war einer der Gründe für die Teilrevision. (Bild: © Kanton Basel-Stadt: www.bs.ch/bilddatenbank)

Wie viel Autonomie werden die staatlichen Museen in Basel künftig haben? Diese Frage steckt hinter der Teilrevision des Museumsgesetzes, das der Grosse Rat heute Mittwoch – vermutlich ohne Widerstand –, beschliesst. Die zuständige Kommission stellt mehrere Änderungsanträge, die alle einstimmig beschlossen wurden und die auch der Regierungsrat unterstützt.

  • Neu soll unter anderem festgehalten werden, dass die staatlichen Museen Teil der staatlichen Zentralverwaltung bleiben, Leitung und inhaltliche Ausrichtung aber liegen bei den Museen.
  • Ausserdem sieht die Neuerung vor, dass die Museen einen Vierjahres-Globalkredit bekommen und dass das Präsidium der Museumskommission angehört wird, sofern personalrechtliche Massnahmen anstehen oder ein*e Direktor*in entlassen wird.
  • Zudem sollen die Museen mehr in die Provenienzforschung, also in die Forschung der Herkunft und Besitzverhältnisse, investieren. Das spielt etwa bei Naziraubkunst eine wichtige Rolle.
  • Mit Open Data sollen die Museen zudem digital zugänglicher werden.

Autonomie vs. Abhängigkeit

Knackpunkt bei der Teilrevision, über die schon seit Sommer 2020 in der Bildungs- und Kulturkommission (BKK) beraten wird, war laut FDP-Grossrat und Kommissionsmitglied David Jenny, wie genau die Autonomie der Museen definiert wird. Während etwa die SVP mehr Autonomie forderte und sogar eine Auslagerung der Museen ins Spiel brachte, sprachen sich die Präsidien der Museumskommissionen und die Museumsdirektionen für etwas weniger Selbstständigkeit aus. Am Ende steht ein Kompromiss: Es bleibt bei der staatlichen Verwaltung, die Direktor*innen haben inhaltlich, organisatorisch und finanziell allerdings freie Hand – soweit es die gesetzlichen Vorgaben erlauben.

«Die staatlichen Museen sind ein besonderer Fall, weil sie Teil der staatlichen Verwaltung sind, aber gleichzeitig nicht lupenrein in die staatliche Hierarchie gehören, sondern vieles selbst entscheiden können. Klar ist aber, dass die Sammlungen Eigentum des Staates (Universitätsgut) sind und bleiben und auch die Hauptfinanzierung vom Staat kommt», erklärt Jenny.

Basel hat fünf staatliche Museen: das Antikenmuseum und Sammlung Ludwig, das Historische Museum, das Kunstmuseum, das Museum der Kulturen und das Naturhistorische Museum. Sie alle fallen unter das geänderte Gesetz.

«Wünschenswert wäre eine noch grössere Autonomie für Museen gewesen.»
Joël Thüring, SVP-Grossrat und BKK-Mitglied

Der Mix aus staatlichem Korsett einerseits und Autonomie andererseits birgt Potenzial für Konflikte: «Obschon die Museen damit ein Mehr an Eigenständigkeit erreichen, bleibt weiterhin ein Spannungsverhältnis bestehen», heisst es im Bericht der BKK. Und weiter: «Aus Sicht der BKK müssen die Museen und die Verwaltung dies aushalten können.»

Wenn mit Stress gerechnet wird, warum den Museen nicht gleich mehr Selbstständigkeit geben?

«Wenn man solche Spannungen benennt und darauf hinweist, dass es solche geben kann, aber nicht geben muss, scheint mir das ehrlich», sagt Leonhardt Burckhardt, SP-Bürgerrat und Präsident der Freunde des Basler Kunstmuseums. «Der Normalfall wird aber so sein, dass sich die Museumsdirektorinnen und -direktoren gut bewegen können und auch in der Lage sind, auf Probleme aufmerksam zu machen.»

Staatliche Museen auslagern?

SVP-Grossrat und BKK-Mitglied Joël Thüring hatte sich von der Teilrevision mehr erhofft: «Wünschenswert wäre eine noch grössere Autonomie für die Museen gewesen.» Die Idealvorstellung der SVP, eine Auslagerung der Museen, etwa durch Übertragung in eine Stiftung, war aber nicht mehrheitsfähig. «Ich habe es immer bedauert, dass die Frage der Auslagerung nie von der Regierung im Vorfeld der Vorlage diskutiert wurde und sie nie seriös jemanden beauftragt hat, zu analysieren, was die Vor- und Nachteile wären.»

Solch eine Analyse würde keine Entscheidung vorwegnehmen, «aber das müsste man erst einmal seriös prüfen», findet Thüring. Doch dafür fehle der politische Wille. Laut BKK wurde das Für und Wider einer möglichen Auslagerung der Museen von einer externen Expertenrunde bewertet. Anschliessend entschied man sich dagegen.

Insgesamt zeigt sich Thüring zufrieden, dass eine Lösung gefunden wurde, die zumindest etwas mehr Autonomie schaffe und hinter der die Kommission und auch die Museen stehen würden.

Causa Fehlmann und ihre Folgen

Zur Teilrevision gehört auch das Personalmanagement. Das letzte Mal, dass personelle Interna eines staatlichen Museums wochenlang in den Medien diskutiert wurden, war bei der Causa Fehlmann. Der ehemalige Direktor des Historischen Museums wurde 2020 von der Grünen-Politikerin und damaligen Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann freigestellt. Ob dies rechtens war, wurde hitzig diskutiert, schliesslich befand das Appellationsgericht, die Freistellung sei gerechtfertigt gewesen.

Ein Nachgeschmack blieb. Dass im Museumsgesetz nun angepasst wird, das Präsidium der Museumskommission im Fall einer anstehenden Entlassung anzuhören, versteht sich als direkte Folge des Konflikts.

«Der Fall Fehlmann hat gewisse Bruchstellen offengelegt, deshalb war es angezeigt, eine gesetzliche Änderung vorzunehmen», bestätigt David Jenny. Man dürfe die Causa Fehlmann aber nicht überbewerten, so der Freisinnige. Andere wichtige Punkte in der Gesetzesrevision wie die Provenienzforschung oder das Globalbudget hätten damit nichts zu tun.

«Im Kunstmuseum gibt es keine grössere Ausstellung ohne Drittmittel.»
Leonhardt Burckhardt, SP-Bürgerrat und Präsident der Freunde des Basler Kunstmuseums

Leonhard Burckhardt stört sich nicht an der neuerlichen Einmischung des Kommissionspräsidiums bei personalrechtlichen Fragen. «Die Museumskommission spielt ohnehin eine wichtige Rolle als Beratungsgremium und hat die Vorschlagskompetenz für eine Direktion», sagt er. «Wenn man sie anhört im Falle einer Krise oder einer möglichen Trennung, ist das nur logisch.»

Konflikte zwischen der Direktion und der politischen Ebene könne es aus Burckhardts Sicht immer geben. «Ganz wurst, welche rechtliche Regelung gilt. Es könnte vielleicht leichter sein, die Verantwortlichkeiten klarzulegen und sauber zu definieren, wenn man sich von einer Leitungsperson trennen muss.»

Ähnlich sieht es Joël Thüring: «Ausschliessen wird man so einen Konflikt nie ganz können. Wir müssen jetzt schauen, ob die Neuformulierung hilft und es am Schluss verhebt. Jeder Fall ist einzigartig.»

Das liebe Geld

Die Anpassung des Gesetzes hat auch Folgen für die Finanzen der fünf Museen. Neu wird ein Globalkredit für vier Jahre gesprochen. «Das wird den Handlungsspielraum der Häuser beträchtlich erweitern und die Planung erleichtern. Der Planungshorizont der Museen ist aktuell mit einem Jahr zu kurzfristig. Das vierjährige Budget wird sehr viel mehr Sicherheit geben», lobt Burckhardt die Neuerung. 

SVP-Mann Thüring zeigt sich weniger euphorisch: «Das Globalbudget ist sicher ein Vorteil. Man muss aber beachten, dass das Budget vom Kanton gerade einmal für Löhne und Dauerausstellungen der Museen reicht, für alles weitere braucht es Drittmittel. Der Spielraum ist also nur minimal grösser.» Sonderausstellungen, die eigentlichen Publikumsmagneten, würden ausschliesslich über Drittmittel finanziert. 

Wie wichtig Drittmittel sind, weiss auch Kunstmuseum-Freunde-Präsident Burckhardt. «Im Kunstmuseum gibt es keine grössere Ausstellung ohne Drittmittel», sagt er. Durch das längerfristige Budget hofft er auf eine Besserung der Mitteleinwerbung. «Wenn man dann für einen längeren Zeitraum sagen kann, was geplant ist, mag das hilfreich sein für die Überzeugung eines Mäzenen oder einer Mäzenin.»

Thüring hofft derweil auf einen ganz neuen Ansatz beim Thema Kultur-Budget. «Aus meiner Sicht fehlt in Basel-Stadt eine Strategie, wofür der Kanton Geld ausgeben möchte und wofür nicht. Im Moment gibt er überall ein bisschen.» Um einigen mehr Geld geben zu können, stellt der SVP-Politiker in den Raum, ob es in Zukunft vielleicht nur zwei statt fünf staatliche Museen geben könnte. «Für solch eine Diskussion fehlt aber die Bereitschaft.»

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