Zufällige Begegnungen – analog und digital
Wenn der Zufall will, kann etwas Bereicherndes entstehen. So war das bei Cathérine Miville. In ihrer neuen Kolumne erzählt sie von einer ihrer erfreulichsten und interessantesten Neu-Begegnung, seit sie wieder in Basel ist.
Sehr gerne spaziere ich nach Theaterbesuchen oder Konzerten nach Hause. Auf meinem wirklich sehr privilegierten Heimweg kann ich meine Route durch die Innenstadt hin zur Hebelstrasse immer wieder variieren und mir dabei in Ruhe Gedanken über das gerade Erlebte machen.
So war ich letzthin nachts im Regen unterwegs. Vor der Peterskirche kam mir eine Velofahrerin entgegen und lachte mich an. Ich lächelte zurück, sie hielt und es stellte sich heraus, dass es sich um eine Verwechslung handelt. Die Frau war auf dem Weg zum Pfyffe und weil die irrtümliche Begegnung besonders nett war, verabredeten wir uns. Nach diesem Treffen habe ich dann mein altes Piccolo wieder ausgepackt, was ich eigentlich gar nicht mehr vorhatte – nach 45 Jahren. Zufallsbegegnungen können schon sehr fein sein, besonders wenn sie von einem Lächeln ausgehen.
Cathérine Miville ist in Basel geboren und aufgewachsen. Sie unternahm ihre ersten Karriereschritte am Theater Basel, später lebte sie lange Zeit in Deutschland, führte an verschiedenen Häusern und bei Dieter Hildebrandts Sendung «Scheibenwischer» Regie und leitete zuletzt als Intendantin das Stadttheater Giessen. Als vor drei Jahren Mivilles Vater, der Basler SP alt Ständerat Carl Miville-Seiler, starb, beschloss sie, nach Beendigung ihrer Tätigkeit als Intendantin, wieder in Basel zu leben. In ihrer neuen Kolumne «Ma ville» wirft die 70-Jährige regelmässig einen genauen Blick auf das kulturelle Leben in der Stadt und reflektiert, wie sich Basel entwickelt hat.
Eine Zufallsbegegnung im digitalem Raum führte zu einem meiner erfreulichsten und interessantesten neuen Kontakten zu einer Gruppe, seit ich wieder in Basel bin:
Im Frühjahr stolperte ich im Internet zufällig über die BKG Basler Künstler:innengesellschaft. Eigentlich steh ich ja nicht besonders auf Vereine oder Parteien, bin auch kaum wo Mitglied. Aufgefallen ist mir die BKG, weil sie sich explizit als spartenübergreifend versteht. Und da ich mir in Basel nach meiner langen Abwesenheit ein neues soziales Umfeld schaffe, bin ich zu einem «zäme rede» der BKG gegangen.
Es war ein wirklich schöner Abend im Kreis von sehr unterschiedlichen, interessanten Menschen. Danach habe ich den Antrag auf Aufnahme gestellt. Nun bin ich dabei. Der kontinuierliche Kontakt mit dieser extrem vielfältigen Gemeinschaft ist bereichernd für mich, weil da Kunstschaffende aller Ausdrucksformen und auch kunstaffine Menschen aus gänzlich anderen Berufen miteinander in regem, manchmal auch kontroversem Diskurs stehen und gemeinsame kulturelle Projekte realisieren.
Als ich dazu stiess, war die BKG gerade dabei, ihren neuen Namen zu etablieren. Inzwischen habe ich mich auch ein bisschen mit ihrer Geschichte befasst und kann nachvollziehen, warum die Namenswechsel vollzogen wurden.
BKG wird BKG wird BKG
Gegründet wurde die älteste Basler Vereinigung von Kunstschaffenden 1812 als Basler Künstlergesellschaft von Männern, die Kunst und ebenso gepflegte Geselligkeit mochten. In den ersten Jahrzehnten ihres Wirkens war die BKG unter anderem an der Entstehung des Basler Kunstvereins und der Kunsthalle Basel beteiligt. Sie ermöglichte auch deren Finanzierung durch die höchst erfolgreiche Aufnahme des ersten Basler Fähri-Betriebs beim Münster. Pfiffig nutzen die Mitglieder ihre Münster-Fähri nach langer vergeblicher Suche nach einem entsprechenden Raum auch als Vereinslokal. Sie waren jedoch auch sehr prägend im Stadtbild tätig.
Über 100 Jahre blieben die Herren unter sich, bis sie 1925 (endlich) auch Frauen zuliessen – jedoch ohne die namhaften Künstlerinnen im Namen der BKG sichtbar zu machen. Erst zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde dieser Schritt dann vollzogen. Die BKG nannte sich fortan gendergerecht mit Doppelpunkt BKG Basler Künstler:innengesellschaft.
Doch die Dynamik der Entwicklungen bei der digitalen Kommunikation machte erneut ein Updaten hin zu einem Namen ohne Sonderzeichen notwendig. Die Wahl fiel auf BKG Basler Kunstgesellschaft.
Verändert hat sich in den 211 Jahren seit der Gründung aber nicht nur der Namen und das Logo. Die Gruppe ist in ihrer Zusammensetzung deutlich diverser geworden. Zu den Maler*innen, Bildhauer*innen, und Architekt*innen gesellten sind im Lauf der Zeit auch Autor*innen, Fotograf*innen, Musiker*innen, Performance-Künstler*innen, Theater- und Filmschaffende und viele mehr.
Die BKG versteht sich heute als lebendige Plattform auf der sich Künstler*innen und Kunstliebhaber*innen auf Augenhöhe begegnen. So unterschiedlich die Gruppe aufgestellt ist, eines eint sie: Die Lust auf den Austausch und den lebhaften Diskurs untereinander – über alle (Sparten)-Grenzen hinweg sowie zwischen den aktiven Kunstschaffenden.
Auf dem Theaterplatz hat die BKG gestern ihren neuen Namen leuchten lassen. (Video: Christian Jaeggi)
Das nächste Projekt ist schon in Arbeit und findet vom 14. bis 23. August in der Galerie Eulenspiegel statt. Erstmalig werden bei «BKG präsentiert» die Nicht-Bildenen-Künstler*:innen der Gesellschaft die Federführung übernehmen, das Beigemüse – wie sie sich selbstironisch gerne selber nennen – wird zum Hauptgang.
In Planung sind kommunikative Performances, die sicher auch ausgiebig Gelegenheit für Zufallsbegegnungen eröffnen. Aber Achtung, Zufallsbegegnungen können nachhaltige Nebenwirkungen auslösen.