Spannender wird es nicht mehr

Es war spannender als jedes Penalty-Schiessen. Am Ende konnte die FDP-Regierungsratskandidatin Eva Biland den Match für sich entscheiden. Doch die knappe Ausmarchung dürfte in der Partei Spuren hinterlassen. Eine Analyse.

Eva Biland Kolumne
Eva Biland ist der Parteispitze näher und passt der doch konservativen Parteibasis offenbar besser. (Quelle: Dominik Plüss)

Es war klar, dass es spannend wird, aber so spannend? Die FDP nominierte am Mittwochabend ihre Vizepräsidentin, die Bettinger Ärztin Eva Biland (52), für den Basler Regierungsrat. Dafür brauchte es ganze vier Wahlgänge, bis das absolute Mehr erreicht werden konnte. Beim ersten Wahlgang lagen Biland (41 Stimmen) und Christian Egeler (39 Stimmen) praktisch gleichauf. Beim zweiten waren es dann 41 Stimmen für Biland und 40 für Egeler. Im dritten Wahlgang holten beide 40. Erst der Stichentscheid brachte Klarheit: Biland setzte sich mit 42 zu 37 Stimmen bei einer Enthaltung hauchdünn durch.

Die Basler Parteien, so scheint es, haben derzeit ein Problem: Entweder niemand will, und eine Notlösung muss her. Oder es wollen gleich zwei. Und zwar unbedingt. Während Egeler kantonal klar die bekanntere Figur gewesen wäre, zudem fachlich geeignet fürs Bau- und Verkehrsdepartement und somit der perfekte Gegner für die amtierende Regierungsrätin Esther Keller von der GLP, steht Biland der Parteispitze näher und passt der doch konservativen Parteibasis offenbar besser. Ebenfalls einen Einfluss gehabt haben dürfte die Aussage von FDP-Grossrat Daniel Seiler kürzlich in der BaZ: «Bei diesem Duell wählt man das Original und nicht die Kopie.» Das Original wäre demnach Keller und nicht der GLP-nahe Egeler gewesen.

Mit der Nomination von Biland ist Egeler bis im Herbst fast vergessen.

Und dann ist da natürlich die Frauenkarte, die Biland geholfen haben dürfte. Die FDP möchte ihr Image abstreifen, keine Frauen aufzubauen. Möglicherweise ist es dafür aber bereits zu spät. Es ist schwierig, eine Quasi-Männerpartei zu sein und dann bei den Regierungsratswahlen eine Frau zu nominieren. Wie schief es gehen kann, hat man 2019 bei der Kandidatur von Nadine Gautschi gesehen, ihr Ergebnis war geradezu erbärmlich und dies, obwohl die Bürgerlichen geschlossen hinter ihr gestanden hatten. 

Ein weiterer Vorteil dürfte für Biland der Wahlkreis Riehen sein, denn sowohl Biland als auch Egeler kandidieren auch für den Grossen Rat: Für die bisherigen Grossrät*innen in den grossen Wahlkreisen West und Ost stellt Biland die kleinere Gefahr dar, während man sich vor Egeler hätte fürchten müssen. Denn: Die FDP könnte bei den Grossratswahlen einen Sitz verlieren. Da kann so manch einer froh sein, dass Mitbewerber*innen Egeler nun keine Zusatzwerbung für den Grossen Rat bekommt. Im Gegenteil: Mit der Nomination von Biland ist Egeler bis im Herbst fast vergessen.

Christian Egeler
Christian Egeler, fachlich geeignet fürs Bau- und Verkehrsdepartement, wäre wohl der perfekte Gegner für die amtierende GLP-Regierungsrätin Esther Keller gewesen. (Quelle: Kanton Baselland)

Im Vergleich zu Egeler ist Biland im Kanton jedoch weniger bekannt, kommt hinzu, dass sie sich immer mal wieder den Vorwurf gefallen lassen musste, eine Corona-Schwurblerin zu sein, was sie entschieden dementiert. Sie sei keine Impfgegnerin, aber manche Massnahmen sähe sie kritisch.

Alles in allem dürfte die GLP nach diesem Abend gut lachen haben. Denn die nun nominierten Kandidat*innen – Anina Ineichen (Grüne), Oliver Bolliger (Basta), Eva Biland (FDP) und Stefan Suter (SVP) – werden Keller kaum gefährlich werden. Kommt hinzu, dass ein Angriff auf die amtierende Baudirektorin sowohl für linke als auch rechte Amtsinhaber*innen ein Risiko birgt. Denn jene Seite, die eine Mehrheit in der Regierung erlangen würde, dürfte über die Departementsverteilung entscheiden. Würden beispielsweise die Rechten gewinnen, wäre das Finanzdepartement (von SP-Regierungsrätin Tanja Soland) mit grosser Wahrscheinlichkeit weg. Und dann würden die Bürgerlichen dort über Polizeilöhne und anderes frisch fröhlich entscheiden können. Da man nicht weiss, auf welche Seite das Pendel ausschlagen würde, ist Keller für beide Blöcke das kleinere Übel. Ja, gar ein sicherer Wert, mit dem alles bleibt, wie es ist. Da passt es ganz gut, dass die GLP am 15. Juni eine Gute-Laune-Party mit Drinks und DJ abhält. Grund zu feiern hat sie vermutlich jetzt schon. 

Der Wahlkampf scheint am Mittwochabend vorerst seinen spannendsten Moment gefeiert zu haben.

Dass die knappe Ausmarchung bei der FDP hingegen ihre Wunden hinterlassen könnte, erklärt sich von selbst: Macht Biland das Rennen nicht, wird sie beziehungsweise ihre Unterstützer*innen Schuld behalten, dass die FDP für eine weitere Legislatur nicht in die Exekutive einziehen wird. Und je länger die Durststrecke im Rennen um ein Regierungsamt anhält, desto schwieriger wird es.

Der nächste freie Sitz dürfte dann der von Mitte-Regierungsrat Lukas Engelberger sein. Da hatte der Basler FDP-Parteipräsident Johannes Barth bereits angetönt, diesen angreifen zu wollen*. Umso absurder erscheint vor diesem Hintergrund und aus Mitte-Perspektive der bürgerliche Schulterschluss für diese Wahlen; ein Paket zu unterstützen im Wissen, dass sie von ihren Buddies bald selbst angegriffen werden. 

Die Schulterschluss-Zerreissprobe steht indes erst bevor. Die bisher eher skeptische Mitte muss noch entscheiden, ob sie gemeinsam mit dem SVP-Kandidaten Stefan Suter auf ein Ticket möchte oder nicht. Wenn man sich die Bilder des gestrigen Abends bei Primenews anschaut, dann scheinen die Würfel jedoch bereits gefallen: Lukas Engelberger liess sich gemeinsam mit Conradin Cramer (LDP), Eva Biland (FDP), Stephanie Eymann (LDP) und Stefan Suter (SVP) ablichten. Nun gut, immerhin hat er sich an den Rand gestellt.

Der Wahlkampf scheint am Mittwochabend vorerst seinen spannendsten Moment gefeiert zu haben. Denn: Die nun Nominierten werden kaum jemanden vom Hocker hauen.

*Anmerkung der Redaktion: Der Basler FDP-Präsident Johannes Barth ist mit der Interpretation der Journalistin nicht einverstanden. Ja, auch die FDP werde sich bei künftigen Vakanzen um einen Sitz in der Regierung bemühen, sagt er. Aber als Frontalangriff auf die Mitte möchte er diese Aussage nicht verstanden haben.

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