Doch nicht so mediterran wie gedacht
Die Motion für längere Öffnungszeiten in der Aussengastronomie war breit abgestützt und die Entscheidung des Regierungsrats wurde gefeiert. Nun bleiben die Gesuche allerdings aus. Nur ein einziges wurde eingereicht.
Es gab eine Woche im dunklen und nassen März dieses Jahres, in der Basel hoffnungsvoll in die Zukunft blickte – laue Sommerabende vor dem inneren Auge, das Versprechen von «mediterranen Nächten» auf dem Papier. Der Grund dafür war ein Beschluss des Regierungsrats. Mit neuen Boulevardplänen hat er die Voraussetzung für längere Öffnungszeiten in der Aussengastronomie geschaffen. Dies komme einem Bedürfnis der Bevölkerung entgegen, die Boulevardgastronomie länger zu nutzen und das Nachtleben zu geniessen, schrieb der Regierungsrat damals. Auch die Briefing-Leser*innen sprachen sich dafür aus.
Seit dem Beschluss können Gastronom*innen mit Lokalen in den Gebieten Birsig-Parkplatz, Weber-/Ochsen- und Utengasse, Meret Oppenheim-Platz, Bahnhof SBB, Badischer Bahnhof, Bahnhof St. Johann, Voltaplatz und Erasmusplatz längere Öffnungszeiten beantragen. Tatsächlich eingereicht wurde allerdings nur ein einziges Gesuch, das teilt der stellvertretende Abteilungsleiter und Fachstellenleiter des Präsidialdepartements Roland Frank mit.
Wenn offenbar so ein grosses Bedürfnis nach mediterranen Nächten bestand, weshalb gibt es dann nicht mehr Gesuche?
Gegen Lärm und Littering
Aktuell lässt der Sommer noch auf sich warten. Der omnipräsente Dauerregen lässt mehr an britische als an mediterrane Nächte denken. Aber irgendwann werden sie da sein – die warmen Temperaturen und die Gäste, die ihre Abende bis spät in die Nacht auf den Terrassen der städtischen Restaurants und Bars verbringen wollen. So zumindest die Annahme der Politik. Die Zurückhaltung von Seiten der Gastronomie weckt die Annahme, dass das Bedürfnis nach längeren Öffnungszeiten in der Szene weniger ausgeprägt ist als angenommen.
Der Beschluss aus dem März geht auf eine Motion von jgb-Grossrat Laurin Hoppler zurück. «Das Bedürfnis nach Begegnung im öffentlichen Raum auch zu später Stunde ist gegeben. Die Menschen halten sich draussen auf, auch wenn die gastronomischen Angebote bereits geschlossen haben», heisst es in dem Schreiben. Erfahrungen hätten aber gezeigt, dass die Probleme mit Lärm und Littering in diesem Fall zunehmen. Sitzende Gäste hingegen seien leiser als Menschen, die herumstehen und sich bewegen, ausserdem wäre die soziale Kontrolle durch das Personal gegeben und der Müll würde entsorgt. Mediterrane Nächte könnten in Sachen Littering und Lärm einen positiven Effekt haben – so also die Hoffnung.
Im Grossen Rat erhielt die Motion viel Zustimmung und wurde mit 72 Ja- zu 7 Nein-Stimmen überwiesen. Auch der Wirteverband unterstützte das Anliegen und bezeichnete den Beschluss der Regierungsrates als grossen Gewinn für die Attraktivität der Stadt. Und dennoch beantragen die betroffenenen Gastronom*innen keine Bewilligungen.
Komplizierter Prozess
Laurin Hoppler sagt, er habe mit mehr Gesuchen gerechnet, sei aber auch nicht sehr überrascht, da die Umsetzung noch neu ist. Von der geringen Anzahl höre er das erste Mal, für ihn bedeute das aber keinesfalls, dass das Bedürfnis nicht vorhanden ist. Im Gegenteil: «Die Erfahrungen anderer Städte mit mediterranen Nächten zeigen, dass es durchaus eine Nachfrage gibt.» Seine Vermutung ist, dass viele Betriebe nicht ausreichend über die Möglichkeit informiert sind und der Prozess aufwändig ist. «Bei diesem Gesuch geht es de facto nur darum, ob der Betrieb eine Stunde länger offen haben darf oder nicht. Die Fläche bleibt dabei unverändert. Dass dafür erneut Pläne eingereicht werden müssen und viel Bürokratie entsteht, ist schon nicht ganz nachvollziehbar», so Hoppler.
Weil es gar nicht so einfach ist, so ein Gesuch zu stellen, hat der Wirteverband eine ausführliche Anleitung formuliert.
Die Kurzversion:
- Erster Schritt: Formular «Bewilligungspflichtige Bauten und Anlagen»
- Zweiter Schritt: Formular «Anhang B, Gastgewerbe und gastgewerbeähnliche Betriebe»
- Dritter Schritt: Baubegehren einreichen
- Vierter Schritt: Anpassung Betriebsbewilligung
- Fünfter Schritt: Anpassung Nutzungsbewilligung Allmend
Alle Schritte im Detail gibt es hier
Auch Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverbands, geht davon aus, dass der Bewilligungsprozess eine Hürde und nicht allen Gastronom*innen bekannt ist, dass es ein Gesuch braucht, um von den flexibleren Aussenöffnungen zu profitieren. Ebneter ist aber zuversichtlich, dass die Möglichkeit rege genutzt wird, wenn sie denn bekannt ist. Er sagt: «Wir wissen nicht, wie viele Betriebe noch um eine Bewilligung ersuchen werden, gehen aber davon aus, dass fast alle Restaurants und Bars mit Aussenflächen in den entsprechenden Zonen dies tun werden – so wie am Tellplatz.» Dabei ginge es allerdings nicht in erster Linie darum, durchgehend eine Stunde länger zu öffnen, sondern vielmehr um die Flexibilität, die Terrassen bei Bedarf auch einmal 15, 30 oder eben 60 Minuten länger offenzuhalten. Die Betriebe am Tellplatz würden belegen, dass dies vor allem in den wärmeren und hellen Monaten genutzt wird.
Es gäbe sicherlich noch viele weitere Orte in Basel, bei denen das Bedürfnis nach mediterranen Nächten noch grösser wäre, sagt Hoppler. «Was wir heute haben, ist nicht genau das, was ich ursprünglich in meiner Motion gefordert habe – eigentlich ging es um eine flächendeckende Verlängerung der Öffnungszeiten.» Die Thematik bedürfe aber Kompromisse, dieser aus dem März sei ein Anfang und er hoffe, dass später noch weitere folgen können.
Vom 14. Juni bis 14. Juli findet die Fussball Männer-Europameisterschaft statt. Das Bau- und Verkehrsdepartement hat dafür längere Öffnungszeiten erlaubt. Die Gastrobetriebe im Kanton dürfen an Spieltagen bis 15 Minuten nach Abpfiff ihre Gäste bedienen.