«Für meine Patienten wäre es besser, wenn ich in der Politik wäre»
Bis jetzt fiel die FDP-Regierungsratskandidatin Eva Biland vor allem durch den Knatsch innerhalb ihrer Partei auf. Die Ärztin und ehemalige Bauverantwortliche aus Bettingen findet, ihren Patient*innen sei mehr gedient, wenn sie sich als Regierungsrätin um die Belebung der Innenstadt und die Lockerung des Wohnschutzes kümmert.
Eva Biland, welche Zuschreibung im bisherigen Wahlkampf hat Sie am meisten genervt?
Nach der Basisabstimmung am Parteitag wurde meine Wahl als Kandidatin der FDP darauf reduziert, dass ich eine Frau bin. Das war nicht in meinem Sinn.
Im Regionaljournal kann man hören, wie alt-Fraktionspräsident Christophe Haller sagt, die Diskussion über zu wenig Frauenförderung in der FDP wäre ein für alle mal beendet, wenn man jetzt eine Frau nominiert. Es war auch die Basis selbst, die mit der «Frauenkarte» argumentierte.
Bei den Voten war ich nicht anwesend und weiss auch nicht, wie viele Wortmeldungen in diese Richtung gingen.
Hat der Fokus auf die Frauenfrage Ihrer Kandidatur geschadet?
Nein, ich hoffe es nicht.
Die 52-Jährige hat sich als Dorfpolitikerin in Bettingen einen Namen gemacht. Bei der FDP erkannte man ihr Potenzial und holte sie zur Partei. Seit drei Jahren ist die Ärztin im Kantonalvorstand der Liberalen.
Die Tochter eines Auslandskorrespondenten und einer Ökonomin verbrachte einen Teil ihrer Kindheit in England und studierte unter anderem in Harvard und in Südafrika. Sie ist im Vorstand des Automobilclubs (ACS) Basel. Sie ist Mutter von zwei erwachsenen Kindern und lebt mit ihrem Mann, einem Bauunternehmer, in Bettingen.
Dafür kam eine neue Debatte auf: Diese Woche wurde bekannt, dass Sie nicht für den Grossen Rat antreten – zugunsten Ihrer Parteikolleg*innen und auch des LDP-Grossrats in Bettingen; man will der Schwesterpartei keinen Sitz streitig machen. Hat Sie das Vorgehen der Parteileitung verärgert?
Nein. Wie unser Parteichef Johannes Barth schon gesagt hat, ist Politik letztendlich eine Summe aus Kompromissen. Und da gibt es auch über den Herbst hinaus strategische Überlegungen, auch auf Quartiersebene und in Riehen, wo nächstes Jahr gewählt wird. Das zu berücksichtigen, ist absolut legitim.
Ist Ihre Kandidatur jetzt schon gescheitert, wie die bz schreibt?
Davon gehe ich nicht aus.
Aber ein harmonisches, gut vorbereitetes Bild gibt Ihre Partei nicht ab.
Ich war bei diesen Evaluationsgesprächen nicht dabei. Ich habe mich von Anfang an auf den Regierungswahlkampf fokussiert. Ich komme aus der Exekutive, dort habe ich mehr Erfahrung als im Parlament. Von daher ist es für mich kein Verzicht, wenn ich dann keine Parlamentarierin bin.
Aber damit setzt Ihre Partei Stimmen aufs Spiel, denn die wären Ihnen für die Grossratskandidatur bei gleichzeitiger Regierungskandidatur sicher.
Das stimmt. Aber ich denke, die langfristige Ausrichtung der Partei war ausschlaggebend.
Langfristig kann es mit dem Aufbauen Ihres Namens als FDP-Hoffnung aber auch nicht funktionieren, wenn Sie weder in die Regierung noch in den Grossen Rat gewählt werden. Ihnen würde wie Nadine Gautschi, der erfolglosen FDP-Kandidatin 2020, die politische Versenkung drohen.
Ich denke persönlich nicht an einen langfristigen Aufbau. Jetzt bin ich im idealen Alter für dieses Amt, es passt auch von meiner beruflichen Situation. Was in vier Jahren ist, kann ich noch nicht sagen.
Das Regierungsamt wäre ja aber schon ein grosser Schritt in die Politik. Also ganz oder gar nicht quasi?
Ich habe mir das lange und gut überlegt. Die Idee ist nicht in den letzten sechs Monaten entstanden. Ich habe ja als Hausärztin einen Beruf, den ich gerne mache. Aber die Grundversorgung zu gewährleisten ist sehr schwierig. Da denke ich manchmal: Für meine Patienten wäre es besser, wenn ich in der Politik wäre und dort etwas steuern oder verbessern könnte.
Was wäre das zum Beispiel?
Der Fachkräftemangel ist ein Riesenproblem. In der Medizin ist das leider hausgemacht: Wir haben in Basel immer noch den Numerus Clausus. Es braucht keine Zulassungsbeschränkung mehr, oder wenn, dann müsste man sie erst später einsetzen, wenn die Leute sich spezialisieren wollen. Wir brauchen einfach genügend Leute für die Grundversorgung. Aber anstatt auszubilden, müssen wir Ärzte importieren. Die Schweiz ist im oberen Viertel aller Länder, die Ärzte durch Einwanderung beziehen. Das ist weder nachhaltig noch kostengünstig. Mit einer Bildungsoffensive könnten wir das hinkriegen. Viele medizinischen Berufe sind ja leider völlig überakademisiert. Das müssen wir uns auch anschauen.
Bei so viel Leidenschaft für das Thema: Wäre nicht das Bildungsressort eher etwas für Sie?
Ich finde es auch interessant. Ich hatte mal das Bildungsressort als Bettiger Gemeinderätin. Das war natürlich nur eine Volksschule im Dorf.
Sie wollen aber doch den Sitz von Baudirektorin Esther Keller angreifen?
Das ist nicht klar definiert. Ich stelle mich zur Verfügung für ein Regierungsamt und bin damit letztendlich auch bereit, mich für jedes Ressort zur Verfügung zu stellen.
«Manche Patienten sagen mir: ‹Seien Sie mir nicht böse, aber ich kann Sie nicht wählen. Ich brauche meine Hausärztin.›»Eva Biland, Regierungskandidatin FDP
Sie haben gerade über Ihre Arbeit als Ärztin gesprochen. Wie blicken Sie darauf, dass Sie als Regierungsrätin diesen Job aufgeben müssten?
Mit gemischten, aber gut überlegten Gefühlen. Ich dachte, dass meine Patienten dann meine Wähler werden. Sie finden es toll, dass ich kandidiere, aber manche sagen mir: «Seien Sie mir nicht böse, aber ich kann Sie nicht wählen. Ich brauche meine Hausärztin.» (lacht)
Als Ärztin wurden Sie auch oft zur Corona-Thematik befragt. Dort haben Sie mit einigen Aussagen für Erstaunen oder auch Kopfschütteln gesorgt. Beschäftigt Sie das Thema immer noch?
Ja, das ist mir wichtig. Es ist eine wichtige Zeit, aber uns fehlt die Aufarbeitung. Es ist sicher vieles gut gegangen in der Schweiz. Aber ich habe es aus einem anderen Blickwinkel gesehen. Wir Hausärzte waren an der Front, mussten schwierige Entscheide treffen. Da hat mir die ethische Diskussion gefehlt. Aber ich bin weder Verschwörungstheoretikerin noch Impfgegnerin. Wir impfen jeden Tag in unserer Praxis. Aber es wurde viel moralisiert.
Im BaZ-Interview sagten Sie, dass Corona vorbei ist. Nehmen Sie das so im Praxisalltag wahr?
Es gibt Covid-Fälle, aber im Rahmen des Machbaren. Wir haben seither nie mehr schwere Verläufe gesehen. Was uns geblieben ist, ist eine überhöhte Nachfrage von Konsultationen.
Sie waren auch in den Schlagzeilen, weil ihr Smartspider ein rechteres Profil zeichnet als das von SVP-Kandidat Stefan Suter. Sind Sie wirklich so rechts?
Ich glaube nicht. Allein wegen meines sozialen Berufs schon nicht. Ich sehe mich eher als klassische liberale Person. Woher das kommt, weiss ich nicht. Vielleicht wegen meiner Haltungen zu Corona.
Sie haben die Fragen bei Smartvote – die nicht mehr online sind – so beantwortet, dass sie besonders in der Migrationspolitik Restriktionen befürworten.
Ich habe nicht grundsätzlich eine negative Haltung gegenüber Flüchtlingen. Im Gegenteil, wir haben vier Ukrainerinnen beherbergt vor zwei Jahren, als der russische Angriffskrieg startete. Meine Haltung ist, dass die Leute hier bleiben dürfen, die Anspruch haben – aber wir auch konsequent Leute wieder abschieben, die keinen Anspruch auf Asyl haben oder kriminell werden.
Wie sehen Sie die 10-Millionen-Initiative der SVP? Finden Sie auch, dass zu viele Menschen in die Schweiz kommen?
Ich würde die Initiative nicht unterschreiben. Die Anzahl Menschen können wir nicht deckeln, das wäre falsch. Aber man muss sich überlegen, wie man die Infrastruktur aufrüstet. An der Personenfreizügigkeit würde ich auf alle Fälle festhalten.
Und wie stehen Sie zum Stimmrecht für Ausländer*innen?
Da bin ich klar dagegen. Es schwächt aus meiner Sicht die Einbürgerung.
Kommen wir zu den nächsten Basler Glaubensfragen. Als Ärztin sind Sie viel mit dem Auto unterwegs. Wie geht es Ihnen mit vielen Baustellen in Basel?
Die Baustellen haben wir mit dem Klimaziel gewählt. Da kommen wir nicht drum herum. Ich hätte natürlich lieber eine liberalere Verkehrspolitik. Konkret bei der Parkplatzsuche und beim Verkehrsfluss gibt es sicher noch Verbesserungspotenzial.
Was fahren Sie denn für ein Auto?
Einen Mini-Cooper.
Ihre Anwohnerinnen-Parkkarte würde dann gar nicht so teuer werden.
(lacht) Ich habe es noch nicht ausgemessen.
Würden Sie die angekündigte Preissteigerung für Anwohner*innen-Parkkarten rückgängig machen?
Nein. Aber ich würde ganz klar darauf setzen, dass man nicht versucht, den motorisierten Verkehr zu verdrängen. Autos werden ja auch irgendwann CO2-neutral fahren können.
Bis 2037 sind doch nicht alle Autos klimaneutral.
Ich glaube an Technologie und dass das so machbar ist.
Können sich alle Autobesitzer*innen leisten, sich jetzt ein Elektro-Auto anzuschaffen?
Das ist schon eine Herausforderung. Aber die Industriebranche macht mir mehr Sorgen als der Personenverkehr. Bei den ganzen Baumaschinen wird es schwierig, sie umzurüsten bis 2037.
In Basel stehen auch zwei gigantische Verkehrsprojekte im Raum: der Rheintunnel und das Herzstück. Nehmen wir an, dass der Bund nur eins davon finanzieren könnte. Welches wollen Sie? Schwierig, ich hätte gerne beides. Aber das Herzstück wird an dem Problem nichts ändern, dass wir Transitverkehr in der Stadt haben. Für die Lebensqualität würde der Rheintunnel also mehr bringen.
Zumindest punktuell sinkt die Lebensqualität, wenn die Dreirosenanlage verschwinden muss.
Am Anfang und am Ende eines Tunnels hat immer jemand Verluste. Aber die Nordtangente war die Verluste auch wert, das hat extrem viel gebracht.
Können Sie als ACS-Vertreterin Politik für alle Verkehrsteilnehmer*innen machen oder konzentrieren Sie sich auf Autofahrer*innen?
Wir müssen eine Koexistenz von den verschiedenen Verkehrsteilnehmern haben. Mein Ziel wäre vor allem, dass wir den Mikroverkehr und den Makroverkehr noch besser trennen können: Einbahnverkehr für Autos auf der einen und Velos auf der anderen Seite. Das würde auch sehr viel mehr Verkehrssicherheit bringen. Für solche Dinge bin ich absolut offen.
Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es aber nicht nur mehr Platz für Velos, sondern durchaus auch weniger Autos.
Die Strassenauslastung in Basel ist zurückgegangen. Aber wir leben in einer alternden Gesellschaft. Wir bringen nicht alle Leute aufs Velo. Grundsätzlich bin ich aber dafür, dass man den ÖV fördert.
Stellen Sie sich vor – ganz theoretisch – Sie sind Diktatorin für einen Tag. Welche drei verkehrspolitischen Massnahmen würden Sie in der Verkehrspolitik umsetzen? Ganz ohne grün-rote Opposition!
Dann könnte ich sowohl den Rheintunnel und das Herzstück umsetzen, dazu bräuchte ich aber ein grosses Budget. Auch den Zubringer zum Flughafen finde ich wichtig.
«Wir brauchen mehr Wohnraum für alle. Für Arme, Alte, Studenten, aber auch gutbetuchte Leute. Aber das Wohnschutzgesetz wird langfristig ein Nachteil sein.»Eva Biland, Regierungskandidatin FDP
Apropos Autos: In der Stadt beschäftigen auch Superblocks. Glauben Sie, dass eine autofreie Zone und mehr Begrünung am Strassenrand das Richtige für Basel ist?
Mir gefällt der Ausdruck Superblock nicht. Das klingt wie «Blockieren». Und es könnte unter Umständen schwierig werden, wenn ein Anwohner auf das Auto angewiesen ist.
Aber wir würden es in der Stadt gerne so schön und grün haben wie Sie in Bettingen.
Das ist absolut legitim, dass man sich Wohninseln in der Stadt wünscht. Ich bin in England aufgewachsen, dort kennt man das mit den Commons schon seit Jahrzehnten. Da können wir besser werden: Wir müssen die Plätze grüner und kinderfreundlicher gestalten. Aber für mich muss das kein Superblock sein, der einen Verdrängungsmechanismus für Menschen mit Auto beinhaltet. Das wäre für mich zu ideologisch.
Und wie würden Sie dann die Parksituation verbessern? Die Quartierparkings sind ja bisher am Widerstand der Bevölkerung gescheitert, siehe Tschudimatte beim Kinderspital.
Quartierparkings sind zwingend notwendig. Wir in Basel haben da eine schlechte Bilanz: 44 Prozent der registrierten Autos haben eine Anwohnerparkkarte beantragt. In Luzern sind es nur 9 Prozent. Irgendwas macht Luzern besser. Ich nehme an, dass es unterirdische Parkplätze sind. Wenn wir oberirdisch den Platz nicht gewähren, müssen wir ihn unterirdisch finden. Da müssen wir den Kanton in die Pflicht nehmen.
Das könnten Sie ja als Bau- und Verkehrsdirektorin. Im Telebasel-Gespräch sagten Sie, Sie würden sich gegen Überregulierung im Baubereich starkmachen wollen.
Ja, wie gross die Überregulierung ist, habe ich erlebt, als ich Bauverantwortliche in Bettingen war.
Haben Sie ein Beispiel?
Es ging um ein Weggebiet in einem öffentlich zugänglichen Garten. Wir haben eine Behindertenfachstelle konsultiert, damit es ausreichend Platz für Rollstuhlzugänge hat. Dann hat aber das BVD eingewandt, es brauche mehr Grünfläche. Letztlich gab es acht Wochen Baustopp, weil sich die zwei Amtsstellen nicht einig waren. Da muss man sich doch vorher untereinander konsultieren und dann erst dem Bauherr sagen, was die Auflagen sind. Wir könnten viel vereinfachen.
Ihre Partei möchte ja auch beim Wohnschutz lockern.
Ich bin sehr für die Marktwirtschaft.
Auch beim Wohnen?
Wenn wir mehr Wohnraum hätten, würde der Preis für Wohnungen sinken, weil das Angebot wieder höher ist. So wird es immer schlimmer. Wenn niemand mehr umbaut, sinkt der Wert der Immobilien und damit das Steuersubstrat. Das bräuchten wir, um sozialen Wohnraum zu schaffen. So schneidet man sich ins eigene Fleisch.
Ist das ein FDP-Plädoyer für mehr sozialen Wohnraum? Das leistet der freie Markt aber nicht.
Wir brauchen mehr Wohnraum für alle. Für Arme, Alte, Studenten, aber auch gutbetuchte Leute. Dass bei grossen Projekten Arealentwicklungen jetzt 33 Prozent für gemeinnützige Wohnungen reserviert werden, finde ich nicht falsch. Aber das Wohnschutzgesetz wird langfristig ein Nachteil sein.
Die Mehrheit des Grossen Rats will den Wohnschutz wieder lockern. Die Linke befürchtet, dass gerade die Ausnahmen, die energetischen Sanierungen gegeben werden sollen, wieder Renditesanierungen ermöglicht.
Am Schluss bleibt es eine Überregulierung. Ich würde gerne ohne Wohnschutz in Basel bauen und mehr Wohnraum zulassen. Im Wissen, dass das auch sozialen Wohnraum schaffen wird.
Klingt nach Trickle-Down-Politik im Wohnungsbau. Was ist denn Ihre Message an die wenig privilegierten Mieter*innen, die sich dank des Wohnschutzes ihre Wohnung leisten können?
Ich wüsste gerne, wie viele das sind. Und wie deren Meinung dann in 15 Jahren aussieht, wenn seitdem nicht saniert wurde. Wenn unsere Wohnungen dann so aussehen wie die in Genf heute, weiss ich nicht, ob die Mieter glücklich sind. Ich glaube einfach nicht, dass man Wohnschutz durch ein Gesetz regeln kann. Wer schützt ältere Menschen davor, auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert zu werden? Da wäre es besser, wenn wir mehr Wohnungen zur Verfügung haben. Dann ist es auch möglich, liberale Mietzinsen für die Mieter zu machen.
Aber der Wohnraum wächst ja in Basel. In den vergangenen Jahren ist der Bestand jeweils um mehr als 800 Wohnungen gewachsen. Die Preise werden aber nicht niedriger.
Im Gesamtschweizer Vergleich ist das Wachstum wenig. Es ist zu wenig für das, was wir eigentlich brauchen.
Im Interview mit Prime News haben Sie in Bezug auf die Solardachpflicht von Enteignung gesprochen. War das vor allem wahlkämpferisch gemeint? Es ist eine weitere Auflage, bei der der Bauherr etwas investieren muss. Das belastet das Portemonnaie enorm. Dem Einzelnen wird immer mehr aufgehalst.
Das Umweltdepartement argumentiert, dass sich eine solche Anlage innerhalb von fünf Jahren rentiert.
Wir haben selbst Photovoltaik installiert an unserem Haus. Der Unterhalt ist auch nicht ganz ohne. Also die Zeithorizonte, bis sich das rentiert, sind oftmals länger.
Irgendwie muss Basel die Klimaziele bis 2037 erreichen. Wie dann?
Ich bin gar nicht gegen Solarpanels. Aber ich sehe die Pflicht nicht. Es gibt andere Möglichkeiten: Der öffentliche Raum hat noch so viele Flächen, auf Schulhäusern und Industriegebäuden, die nicht genutzt werden.
Das Potenzial auf Basels Dächern liegt bei fast 90 Prozent, die sich noch ausschöpfen lassen. Wie kriegen Sie die Leute dazu, das zu nutzen?
Wenn man Eigentümern immer Pflichten aufdrückt, werden sie renitent. Es ist ein bisschen wie bei der Kindererziehung. Ich finde, Anreize sind das Rezept für eine liberale Klimapolitik. Man könnte die Einspeisung von privaten Solarzellen in das Stromnetz zum Beispiel besser vergüten.
Oder Angebot und Nachfrage spielen lassen. Dann gibt’s allerdings eher weniger Geld für den eingespeisten Solarstrom, weil alle gleichzeitig einspeisen, wenn die Sonne scheint. Aber lassen wir das. Wir haben viel über Bauen und Verkehr gesprochen. Im Bau- und Verkehrsdepartement wären Sie viel Kritik ausgesetzt, es ist ein undankbares Amt. Warum haben Sie Lust darauf?
Ich kenne das Ressort aus einem kleineren Rahmen in Bettingen. Das hat mir sehr viel Spass gemacht. Ich finde Stadtentwicklung total spannend, man kann einer Stadt ein anderes Gesicht geben. Ich würde gerne die Innenstadt beleben.
Fehlt Ihnen nicht die Sachkenntnis der Basler Kantonspolitik? Sie sassen nie im Grossen Rat.
Ich komme aus der Exekutive. Das ist ein anderer Einstieg, aber nicht der falsche. Ich traue mir das zu.
Es ist zur Regel geworden, dass Basel-Stadt jedes Jahr einen Überschuss präsentiert. Dieses Mal waren es 434 Millionen Franken. Was würden Sie gerne damit machen?
Ich würde gerne Steuern senken. Gerade in einer Zeit, in der der Druck auf das Portemonnaie besonders hoch ist.
Gleichzeitig gibt es natürlich viele Baustellen in der Stadt – wortwörtlich, aber auch im übertragenen Sinne. Wenn Sie gezwungen wären, das Geld zu investieren – wofür würden Sie es verwenden?
Wir könnten an unserer Versorgungssicherheit arbeiten: Energie oder Medikamente beispielsweise. Da müssen wir uns in der Schweiz unabhängiger machen vom Ausland.
Wenn die Leser*innen eine Sache von Ihnen mitnehmen sollen, was wäre das?
Mein Claim wird für den Wahlkampf wird sein: «Menschen und Gewerbe atmen lassen.» Das heisst, dass wir dem Einzelnen möglichst viel Spielraum lassen. Aber auch unseren Unternehmen und dem Gewerbe, damit wir den Standortattraktivität erhalten, mit möglichst vielen Anreizen und möglichst wenig Verboten.
Wie sieht Ihre gewerbefreundliche Politik für Basel aus?
Am liebsten hätte ich eine Bürokratie-Diät. Braucht es immer diese und jene Formulare? So können wir den normalen Betrieb vereinfachen.
Zuletzt würden wir gerne noch von Ihnen erfahren, wie Sie dazu kommen, Taekwondo-Präsidentin von Riehen zu sein.
(lacht) Meine Kinder machen das, mein Sohn sogar professionell, er ist in der Nationalmannschaft. Wir haben eine tolle Schule in Riehen mit knapp 100 Schülern. Als der Leiter krank wurde, haben wir mit einer kleinen Elterngruppe den Verein gegründet und ich wurde Vorsitzende. Den Sport mache ich auch ein bisschen, als Hobby – ich habe aber nur den grünen Gürtel. Es ist aber ein schöner Sport. Es hat viel mit Koordination und Gleichgewicht zu tun.