Linke Unternehmer*innen – rechte Unternehmer*innen: Hauptsache erfolgreich

Wer erwartet hatte, dass sich der Gewerbeverband nach dem Führungswechsel politisch etwas unabhängiger oder offener zeigt, wird enttäuscht. Mit linken Gewerbler*innen will man zwar Dialog, sie im Wahlkampf zu unterstützen, bleibt aber ein No-Go. Der Gewerbeverband muss mit der Zeit gehen, kommentiert Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Gewerbeverband im Grossen Rat
(Bild: Michael Fritschi/Collage: Bajour)

Die linken Parteien stärker ins Boot holen zu wollen – dieses Etikett klebte sich der Basler Gewerbeverband vergangenen August an. Man wolle «parteiübergreifender» sein als in der Vergangenheit, sagte Direktor Reto Baumgartner damals im bz-Interview. Ob dieser Ansage hörte man förmlich beim Lesen des Artikels ein Raunen durch die Polit-Bubble gehen – das hätte es unter Vorgänger Gabriel Barell, der noch Stunk machte, als die bürgerlichen Parteien bei den nationalen Wahlen eine Listenverbindung mit der SVP ablehnten, nicht gegeben. Für einen kurzen Augenblick deutete sich frischer Wind und ein offener Horizont im Verband an. 

Kaum wird es mit den Gesamterneuerungswahlen ernst, ist vom Wind nur noch ein lauwarmes Lüftchen übrig. Denn unterstützt werden vom Gewerbeverband ausschliesslich bürgerliche Kandidat*innen. Der «parteiübergreifend»-Ansatz hat seine Grenzen: bei der Toleranz der bürgerlichen Mitglieder. Für Direktor Baumgartner kein Problem: «Naturgemäss sind die Bürgerlichen uns näher. Ich sehe keinen Widerspruch zur Ankündigung, offener sein zu wollen – wir sind nach wie vor lösungs- und konsensbereit mit allen Parteien.» 

Der «parteiübergreifend»-Ansatz hat seine Grenzen: bei der Toleranz der bürgerlichen Mitglieder.

Die Ankündigung, politisch offener zu sein, erfährt dadurch trotzdem einen ziemlichen Dämpfer. Die Unternehmer, die nicht von ihm als Kandidierende unterstützt werden (z. B. Jérôme Thiriet (Grüne), Jean-Luc Perret (SP), Serge Meyer (GLP)) und andere KMUler*innen dürften sich fragen, ob sie mit ihrem Unternehmen (weiterhin) Mitglied im Gewerbeverband sein wollen. Von den linken Kandidierenden hat offenbar niemand den Gewerbeverband-Test bestanden, der auch eine ziemlich stramm bürgerliche Gesinnungsprüfung umfasst. Wer offiziell unterstützt werden will, muss einen Betrieb führen oder eine leitende Position innehaben, die politischen Leitlinien des Gewerbeverbands vertreten und ausserdem bei einem Fragebogen mindestens 30 Punkte erreichen. Vor allem am Fragebogen wird es wohl gescheitert haben. Laut bz wurden die Kandidierenden unter anderem nach ihrer Haltung zur Stadtklima-Initiative befragt.

Kann dann überhaupt jemand mit «linken» Positionen vom Gewerbeverband unterstützt werden?, habe ich Baumgartner gefragt. Die Antwort: «Die politische Gesinnung ist egal, aber nicht, wie sich die Kandidierenden bei den Abstimmungen im Grossen Rat verhalten.» Der Verband sehe sich nicht als Partei, sondern als Sprachrohr der KMU. De facto läuft es mit dieser Haltung aber doch darauf hinaus, dass linke Kandidierende keine Unterstützung bekommen, bürgerliche hingegen schon. Der Präsident des Gewerbeverbands, Hansjörg Wilde, ist dieses Frühjahr übrigens der SVP beigetreten und steht erstmals auf der Liste für den Grossen Rat

De facto läuft es mit der Haltung des Gewerbeverbands darauf hinaus, dass linke Kandidierende keine Unterstützung bekommen, bürgerliche hingegen schon.

Dem Gewerbeverband steht es selbstverständlich frei, bei Wahlen und Abstimmungen zu empfehlen, wen und was er möchte. Er verschreibt sich explizit der politischen Interessensvertretung und lobbyiert entsprechend im Grossen Rat. Es hat jedoch Gewicht, von der grössten Arbeitgeberorganisation im Kanton Basel-Stadt unterstützt zu werden. Linke Unternehmer*innen dürften sich zu Recht fragen, ob der Gewerbeverband der richtige Verein für sie ist.

Und eine andere Frage darf erlaubt sein: Warum nicht verschiedene Wirtschaftsvertreter*innen empfehlen, um die ganze Bandbreite des Basler Gewerbes abzubilden? «Die Nicht-Unterstützung von Kandidierenden schliesst nicht aus, dass wir einen Austausch und guten Dialog mit ihnen haben», sagt Baumgartner.

Der Verband zementiert seine Position des exklusiven Clubs und macht – wenn es politisch hart auf hart kommt – weiterhin einen Unterschied zwischen rechts und links politisierenden Unternehmer*innen.

Ich frage mich, ob dieser Austausch auf Dauer so fruchtbar sein kann, wenn der Gewerbeverband doch immer wieder eine klare Linie nach links zieht und sich im auch unternehmerisch zunehmend umweltbewussten Basel ein Paralleluniversum erschafft, in der es keinen Abbau von Parkplätzen gibt und ein Autobahnausbau bejubelt wird. Der Gewerbeverband muss mit der Zeit gehen, sonst geht er mit der Zeit. Netto Null 2037 schafft auch viele geschäftliche Möglichkeiten und wird kommen, dafür muss der Verband seinen Mitgliedern Lösungen präsentieren. Linke, unternehmerisch denkende Stimmen in den eigenen Reihen (und im Parlament) können da nur hilfreich sein. 

Am Ende ist es eine strategische Frage: Für wen ist der Gewerbeverband in Zukunft da und wer für ihn? Der Gewerbeverband zementiert seine Position des exklusiven Clubs und macht – wenn es politisch hart auf hart kommt – weiterhin einen Unterschied zwischen rechts und links politisierenden Unternehmer*innen. Das ist ein Fehler.

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