Basel zittert um seinen Forschungsstandort
Die Schweizer Beziehung zur Europäischen Union ist belastet. Nach den geplatzten Verhandlungen zum Rahmenabkommen wurde die Schweiz aus dem Forschungsprojekt «Horizon» gekickt. Die Idee, sich mit einer Kohäsionsmilliarde wieder einzukaufen, ist gescheitert. Ausgerechnet mit einer Stimme aus Basel.
In der Schweiz machen sich Politiker*innen und Forschende Sorgen. Wegen des gescheiterten Rahmenabkommens verwehrt uns die EU den Zugang zum Forschungsprogramm Horizon Europe. Das heisst, Schweizer Forscher*innen können nicht mehr an europäischen Projekten teilnehmen und die Schweiz wird als Forschungsstandort degradiert.
Mit der Verdopplung der Kohäsionsmilliarde wollten Parlamentarier*innen die EU umstimmen. Die Idee dazu stammt vom Baselbieter SP-Nationalrat Eric Nussbaumer. Doch die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat lehnte im Rahmen der Budgetdebatte das Anliegen ab.
Folgen für Basel
Das könnte für den Forschungsstandort Basel gravierende Konsequenzen haben. Das weiss auch die Basler Regierung, die nach einem Vorstoss der LDP-Grossrät*innen Beat von Wartburg und Catherine Alioth eine Standesinitiative beim Bundesrat einreichte. Im Schreiben in Richtung Bundesbern betont Regierungspräsident Beat Jans, wie wichtig die europäische Zusammenarbeit für Basel-Stadt ist, schliesslich haben wir hier mit der Universität Basel, dem Schweizerischen Tropeninstitut, dem ETH-Department an der Schanzenstrasse einen intensiven Austausch mit europäischen Hochschulen. Auch die Baselbieter Regierung setzte mit einer Standesinitiative Druck auf.
Aber der Nationalrat lehnte das Anliegen ab. Und ausgerechnet Neo-Nationalrätin Patricia von Falkenstein, ihres Zeichens LDP-Präsidentin, stimmt als einzige Basler Vertreterin gegen das Vorhaben.
Auf Anfrage bestätigt von Falkenstein, dass sie gegen die Aufstockung der Kohäsionsmilliarde gestimmt hatte. Die LDP-Präsidentin sei sich sehr wohl bewusst, dass das Horizon-Projekt besonders für den Forschungsstandort Basel von grosser Bedeutung ist. Aus ihrer Sicht sei die Idee aber falsch aufgegleist, «weil es weder sinnvoll noch nachhaltig ist, sich ein Verhältnis mit der EU erkaufen zu wollen».
Eric Nussbaumer sieht das ein wenig anders. «Wenn Sie in einer politischen Debatte blockiert sind, müssen Sie eine Idee haben. Der Bundesrat hat bis heute keine», sagt er gegenüber «SRF». Er habe damit «dem Bundesrat eine Brücke bauen» wollen, «damit man in einem Bereich mit der Europäischen Union das Gespräch aufnehmen könnte, der auch für die EU vorteilhaft ist». Die Mehrheit des Nationalrates habe aber nun die «Blockade» gewählt.
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Von Falkenstein sagt zwar, dass es sich bei der Massnahme immerhin um einen konkreten Ansatz handle, «aber ob es der richtige ist, stelle ich infrage. Wenn die EU durchblickt, dass die Schweiz bereit ist, sich Verträge ‹zu erkaufen›, dann begeben wir uns für zukünftigen Vertragsverhandlungen ins Abseits.»
Ausserdem sei sie ohnehin unsicher, ob die EU überhaupt diese Gelder akzeptiert hätte, fügt die Politikerin an und wird konkret: «Die Schweiz hat das Rahmenabkommen ‹verkachelt›. Jetzt braucht es konkrete Ansätze, am besten im Paket – und mit mehr Substanz.» Hier sieht von Falkenstein aber den Bundesrat in der Pflicht. Er solle den Weg ebnen, um den Zugang zu dem für die Schweiz wichtigen Forschungsprogramm zu gewährleisten.
Am 23. November 2021 beantragte die Aussenpolitische Komission (APK) des Nationalrates eine Verdopplung der Kohäsionszahlung. Die sogenannte Kohäsionsmilliarde ist eine Zahlung der Schweiz, die an die Europäische Union geht und für verschiedene Entwicklungsprojekte eingesetzt wird. Aber weshalb soll diese nun verdoppelt werden?
Einer der Gründe: Die Schweiz wurde im Europäischen Forschungsprojekt «Horizon» blockiert. Dieser Umstand trifft Schweizer Forscher*innen besonders stark, weil ihnen die vollwertige Teilnahme an Projekten verwehrt wird und auch das damit verbundene Prestige verloren geht.
Verschiedene parlamentarische Vertreter*innen aus der APK wollten diese Verknotung entflechten und schlugen vor, die Zahlung zu verdoppeln. Somit erhofften sie sich, die EU würde die Schweiz wieder als vollwertiges Mitglied des Forschungsprojekt aufnehmen.
Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich bei der Kohäsionsmilliarde um rund eine Milliarde Franken – präzis sind es: 1046,9 Millionen Franken. Das Problem: Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU stehen seit der Bodigung des Rahmenabkommen unter keinem guten Stern.