Keine Konzerte mehr im Parterre One

Das Parterre One auf dem Kasernenareal war einst eine beliebte Konzertlocation. Doch diese Zeiten sind vorbei. Neu finden hier vor allem Partys und Comedy-Shows statt. Die Basler Kulturlandschaft strauchelt.

ParterreOne
Trotz komplettem Umbau der Loaction finden im Parterre One so gut wie keine Konzerte mehr statt. (Bild: Valerie Zaslawski)

Vorbei sind die Zeiten, in denen im Parterre One Gitarren klimperten und Drums und Bässe hämmerten: Der Booker Robert Vilim hat das Unternehmen im Juni verlassen – und seither finden keine Konzerte mehr statt. Der Schwerpunkt liegt nun auf Partys, Clubnächten und weiteren kulturellen Formaten wie Comedy-Shows. Das ist bemerkenswert, ist der Laden doch erst vor acht Jahren komplett umgebaut und vergrössert worden, womit die idealen Voraussetzungen für Konzerte geboten wären. 

Konzerte finden nun nur noch im zweiten Kulturlokal der Parterre Gruppe statt, dem Atlantis, das derzeit allerdings eher den Stempel «Boomer-Programm» trägt. Und das, obwohl die treue Kundschaft aus den 1970er- und 1980er-Jahren langsam schwindet. So beeindruckt im November-Programm wohl einzig die Zürcher Indie-Pop-Sängerin Eileen Alister, die für ihre Frühlingstournee immerhin Stopps in London, Berlin und Barcelona plant.

Doch wie CEO Peter Sterli gegenüber Bajour sagt, habe sich «die Verteilung der Programminhalte in der Praxis bewährt», wobei weiterhin «punktuell» Konzerte im Parterre One stattfänden. Zumindest im November ist dies jedoch nicht der Fall. 

Peter Sterli Parterre
«Die Fokussierung auf Konzerte im Atlantis und auf Club- und Eventformate im Parterre One entspricht einer klaren und nachvollziehbaren Programmstrategie.»
Peter Sterli, CEO der Parterre Gruppe

Auch das Booking sei an beiden Standorten nach wie vor «personell vollständig und fachlich kompetent besetzt», versichert Sterli. Die Programmplanung werde auch nach Vilim kontinuierlich fortgeführt. Das heisst: Um die neue Party- und Clubstrategie des Parterre One kümmert sich neu Davide Macri; im Atlantis zeichnet nach wie vor Alessandro Zarola verantwortlich. 

Schwierige Zeiten

Zweifellos: Es sind schwierige Zeiten, die die Basler Kultur- und Gastrolandschaft derzeit erlebt. Ein Laden nach dem anderen macht dicht, wie die Friends Bar – oder ändert sein Konzept wie das Rouine oder das Sääli des Goldenen Fass. Und so spricht auch Sterli von einer spürbaren Veränderung in den vergangenen Jahren: «Parterre Basel hat darauf reagiert, indem die kulturellen Aktivitäten gezielt an den jeweiligen Standorten weiterentwickelt und auf deren spezifische Stärken abgestimmt wurden.» Und: «Beide Betriebe werden ihrer jeweiligen Funktion gerecht. Die Fokussierung auf Konzerte im Atlantis und auf Club- und Eventformate im Parterre One entspricht einer klaren und nachvollziehbaren Programmstrategie.»

Tis
Möglich, dass das als Sorgenkind betitelte Atlantis von der neuen Strategie profitieren wird.

Tatsächlich müssen sich Clubs heute überlegen, wie sie den Traum vom (durchaus kostspieligen) Konzertort, der sich nur in den seltensten Fällen rechnet, realisieren wollen. Insbesondere, wenn sie, wie das Parterre One, keinen grossen Publikumsraum besitzen, was man nicht einfach mit horrenden Ticketpreisen wettmachen kann.

Finanzielle Schieflage

Ein Überleben ist zudem schwierig, wenn weder private noch staatliche Gelder in den Laden investiert werden. Wie das im Parterre One und dem Atlantis der Fall ist. Seit die Zürcher Mäzenin Yvonne Hürlimann der Parterre-Gruppe den Rücken gekehrt hat, ist der grosse (private) Geldhahn abgedreht worden. Auch Mittel aus der Trinkgeld-Initiative haben weder das Parterre One noch das Atlantis erhalten. Doch man darf davon ausgehen, dass die Fördergelder das Problem ohnehin kaum gelöst hätten. 

So ist es kein Geheimnis, dass die Parterre Gruppe in den letzten Jahren mit ihren Finanzen zu kämpfen hatte. 2023 machte Bajour publik, dass es sich um Betreibungen in Millionenhöhe handelte – und auch 2024 hatte sich die finanzielle Schieflage nicht merklich verbessert. Damals erklärte Sebastian Schlegel vom Musikbüro im Interview mit Bajour: «Wir werfen keine Rettungsanker aus.» Die Förderung sollte vielmehr die funktionierende Struktur aufrechterhalten. Und ob diese in der Parterre Gruppe funktioniert, hat laut Insider*innen zumindest die Jury in Frage gestellt.

«Mit durchschnittlich drei bis vier gut besuchten Konzerten sowie zwei bis drei Partys pro Woche leisten sie einen kontinuierlichen Beitrag zur kulturellen Vielfalt der Stadt.»
Peter Sterli, CEO der Parterre Gruppe

Trotzdem dürfte die Absage für Fördergelder im 2024 für das Parterre One ein herber Schlag gewesen sein, hatte man doch fest mit dem Geld gerechnet, wie mehrere Involvierte gegenüber Bajour bestätigten.

Optimismus stirbt zuletzt

Sterli scheint das alles nicht ganz so dramatisch zu sehen. Er ist der Meinung, dass nach wie vor beide Standorte im Basler Kulturleben etabliert seien. «Mit durchschnittlich drei bis vier gut besuchten Konzerten sowie zwei bis drei Partys pro Woche leisten sie einen kontinuierlichen Beitrag zur kulturellen Vielfalt der Stadt.»

Von den grossen Versprechen von damals, sieben Tage die Woche Kultur zu bieten, distanziert sich Sterli mittlerweile. Dies sei im aktuellen Marktumfeld nicht vorgesehen. 

Es kann sein, dass die günstigere Club- und Partystrategie aufgeht und das früher im Jahr als Sorgenkind betitelte Atlantis davon profitieren wird. Unklar ist, wie gut das neue Konzept des Parterre One angenommenwird.

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Valerie Zaslawski

Das ist Valerie (sie/ihr):

Nach einem ersten journalistischen Praktikum bei Onlinereports hat Valerie verschiedene Stationen bei der Neuen Zürcher Zeitung durchlaufen, zuletzt als Redaktorin im Bundeshaus in Bern. Es folgten drei Jahre der Selbständigkeit in Berlin, bevor es Valerie zurück nach Basel und direkt zu Bajour zog, wo sie nun im Politikressort tätig ist.

Kommentare

karina
11. November 2025 um 19:17

Basel braucht Alternativen

Ich finde den Artikel sehr sehr einseitig. Er tut so, als sei «Konzert = Kultur» und «Party/Club = Abwertung». Das ist ein völlig veraltetes Kulturverständnis. Für viele von uns in den 30ern/40ern ist genau diese Art von Nachtkultur relevant: Tanzflächen, Begegnung, neue Sounds und Formate. Das Parterre One schafft damit gerade das, was Basel seit Jahren angeblich fehlt. Dass man in einer schwierigen finanziellen Lage von reinen Live-Konzerten weg hin zu tragfähigeren Eventformaten geht, ist kein «Verlust», sondern schlicht realistisch. Und Clubkultur ist auch Kultur. Man kritisiert hier Veränderung, statt zu erkennen, dass Basel Alternativen braucht. Das Parterre One füllt genau diese Lücke.