Tanja Soland top, Esther Keller flop
Eine Bajour-Umfrage auf Facebook und Instagram zeigt: Wer Geld hat, gewinnt, wer Bäume fällt, verliert. Eine kleine Einordnung fünf Monate vor den Gesamterneuerungswahlen in Basel.
Folgende Wasserstandsmeldung wollen wir unseren Leser*innen nicht vorenthalten: Würde heute, exakt fünf Monate vor den Basler Gesamterneuerungswahlen, gewählt, hätte Tanja Soland das beste (63 Prozent), Esther Keller das schlechteste (23 Prozent) Resultat gemacht. Zumindest ist dies das nicht repräsentative Ergebnis einer Umfrage, die wir im Rahmen einer Marketing-Aktion gemacht haben.
Wir haben rund 10'000 zufällig ausgewählte Menschen ab 18 Jahren mit Wohnsitz im Kanton Basel-Stadt über Facebook und Instagram befragt, wie zufrieden sie mit unseren aktuellen Regierungsrät*innen sind. 418 Personen haben den Fragebogen ausgefüllt.
Dass die SP-Finanzdirektorin Soland, die jedes Jahr von Neuem rosige Zahlen oder besser gesagt massive Überschüsse präsentieren darf, bei der Bevölkerung beliebt ist, erstaunt wenig. Dadurch hat sie einen gewissen Handlungsspielraum, um den Menschen entgegenzukommen. Die Regierungsrätin mit klar linkem Profil wird auch von Bürgerlichen geschätzt: Sie senkt Steuern, «weil sie muss», wie sie im Interview mit Bajour einst sagte. Auch menschlich legt Soland eine auffällige Ruhe an den Tag, die manchmal fast ein wenig unterkühlt wirken mag. Nicht unplausibel, dass ihre Hündin Canela zur inneren Balance einen Beitrag leistet; dank ihr muss Soland den Kopf immer mal wieder aus den Akten nehmen und Gassi gehen. Relevanter als persönliche Befindlichkeiten dürfte für ihre Beliebtheit indes sein, dass Soland einen links-grünen Block hinter sich hat, der ihre Politik unterstützt.
«Das gute Resultat freut mich. Eine Erklärung dafür habe ich nicht. Ich kann nur sagen, dass mir die Regierungsarbeit Freude macht.»Tanja Soland, Finanzdirektorin (SP)
Genau an einem solchen Block fehlt es der Bau- und Verkehrsministerin Keller von der GLP. Sie wird sowohl von links als auch von rechts kritisiert. Während ihr Vorgänger Hans-Peter Wessels von der SP insbesondere wegen seines Parkplatzabbaus unter Beschuss der Bürgerlichen stand, hatte er immerhin die SP und grösstenteils die Grünen hinter sich. Keller aber macht den Linken (in Sachen Begrünung der Stadt) zu wenig schnell fürschi und in den Augen der Rechten sowieso alles falsch. Die langen Wartezeiten beim Bauinspektorat treiben Hauseigentümer*innen auf die Palme (Keller krempelt die Behörde derzeit allerdings um). Auch die vielen Baudebakel hat mehr oder weniger Keller als Vorsteherin zu verantworten. Jüngstes Beispiel ist hier der verzögerte Neubau des Naturhistorischen Museums.
Als Bau- und Verkehrsdirektor*in hat man es nicht einfach, das ist bekannt. Nicht nur weil es zu den öffentlichkeitswirksamsten Departementen gehört, sondern auch: weil die Zeithorizonte hier lange sind. Dies spielt eher den Nachfolger*innen in die Hände als einem selbst. Wenn Keller einen Baum pflanzt, dann braucht dieser nunmal ein paar Jahre, bis er schön und buschig ist. Bäume gefällt sind hingegen schnell.
«Als Bau- und Verkehrsdirektorin muss ich Entscheide treffen, die nie alle glücklich machen. Ich bin aber überzeugt, dass die Bevölkerung langfristig von diesen Veränderungen profitiert.»Esther Keller, Bau- und Verkehrsdirektorin (GLP)
Keller hat sich mit ihren grossen Versprechungen zu Amtsantritt, Klima und Digitalisierung zu priorisieren, die Stadt grüner und agiler machen zu wollen, wohl keinen Gefallen getan. Denn an diesen Versprechungen wird sie nun gemessen – und mit ihrer nach wie vor als verstaubt verschrienen Verwaltung geht es oftmals nicht so vorwärts wie sich das manch eine*r wünscht.
Kommen wir zu Stephanie Eymann (50 Prozent). Die Sicherheitsdirektorin der LDP macht bei der Bajour-Umfrage Platz zwei und sitzt damit wie Soland fest im Sattel. Eymann ist nahe an den Leuten, eine richtige Kleinbaslerin halt, fast jeden Abend trifft man sie an einer Veranstaltung. Nicht umsonst war sie am diesjährigen Baselstädtischen Schwingertag auf der Sandgrube Ehrenpräsidentin und hat ein Sennenhemd getragen. Dieses hatte sie noch vom ESAF in Pratteln im Schrank.
«Sie ist wie sie ist», sagen ihr Wohlgesinnte. Sie packe an, gebe alles für ihre Leute. «Repressiv und knallhart», finden ihre Gegner*innen, welche die Vorsteherin vor allem wegen ihrer Polizeistrategie bei Demonstrationen kritisieren. Was man Eymann lassen muss: Sie fährt eine konsequente Politik, egal, was man von dieser halten mag.
Und dann SP-Wirtschaftsminister Kaspar Sutter und Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger von der Mitte. Für die beiden gilt: Hört man nichts von ihnen, ist man zufrieden. Sie scheinen mit ihren 44 beziehungsweise 41 Prozent Zustimmung nicht viel falsch zu machen. Sutter hat erst letztes Jahr seinen Masterplan für soziales Wohnen präsentiert. Erinnert sich jemand daran? Und dann war da natürlich noch die Solaroffensive. Und Engelberger dürfte während der Coronazeit als Vorsteher der Gesundheitsdirektorenkonferez gepunktet haben. Wegen der Spitalplanung hingegen stand er erst kürzlich in der Kritik.
Mehr im Fokus stand Conradin Cramer mit seinen 29 Prozent, der heutige LDP-Regierungspräsident war im April, als die Umfrage stattgefunden hatte, noch Vorsteher des Erziehungsdepartements. Ebenfalls ein Departement, das nahe an den Leuten und damit öffentlichkeitswirksam ist. Kommt hinzu: Die Basler Schule erhält nicht gerade viel Lob, im Gegenteil.
Auch Cramer dürfte zumindest in Sachen Schulpolitik der politische Unterstützungsblock fehlen. Denn gerade bei der integrativen Schule, die in den vergangenen Jahren für viel Aufsehen gesorgt hat, kann man es sowohl Links als auch Rechts nicht wirklich recht machen. Während viele Bürgerliche (sowie die Förderklassen-Initiative) die Abschaffung der integrativen Schule fordern, hielt Cramer am Modell fest und präsentierte ein Massnahmenpaket, das zu Verbesserung führen sollte. Seit Mai ist nun SP-Erziehungsdirektor Mustafa Atici in charge und Cramer darf Basel-Stadt als Vorsteher des Präsidialdepartements nach aussen repräsentieren. Dies soll seine Stärke sein, vielleicht schneidet er in künftigen Umfragen besser ab.
Die Umfrage hat übrigens auch im Baselbiet stattgefunden, dort wurden 7600 Personen aufgefordert, mitzumachen. 178 haben den Fragebogen komplett ausgefüllt. Hier hat Finanzdirektor Anton Lauber (Mitte) das Rennen gemacht, auch wenn das Baselbiet im Vergleich zum Stadtkanton jeden Rappen eher umdrehen muss. Platz zwei macht Bildungsdirektorin Monika Gschwind (FDP), gefolgt von Baudirektor Isaac Reber (Grüne) und Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer (SP). Gesundheitsdirektor Thomi Jourdan (EVP) bildet das Schlusslicht. Auch er musste, wie Lukas Engelberger, sich in jüngster Vergangenheit der Kritik bezüglich Spitalplanung stellen. Und auch er hat, wie Esther Keller, zu Beginn seiner Amtszeit grosse Versprechungen gemacht.