Beerdigt ist das Einwohner*innen-Stimmrecht noch nicht
Ausländer*innen dürfen auch künftig in Basel nicht politisch mitbestimmen. Auch in einem dritten Anlauf scheitert das Anliegen an der Urne. Es dürfte aber nicht der Letzte sein.
Alle guten Dinge sind nicht drei. Das müssen zumindest die Befürworter*innen des Einwohner*innen-Stimmrechts heute so festhalten. Bereits zum dritten Mal innerhalb von 30 Jahren wurde in Basel über die Einführung eines Stimmrechts für Ausländer*innen abgestimmt. 1994 und 2010 wurden entsprechende Vorlagen deutlich abgelehnt.
Und so auch heute: Die Stimmbevölkerung sagt mit einer 55,6 Prozent-Mehrheit Nein. Nicht nur in den konservativeren Gemeinden Riehen und Bettingen war der Nein-Anteil deutlich, sondern auch im städtischen Basel.
Die heutige Abstimmung geht zurück auf eine Motion der SP-Grossrätin Edibe Gölgeli aus dem Jahr 2019. Gölgeli sei zwar enttäuscht, sagt sie zu Bajour. Geschlagen gibt sie sich aber nicht: Sie verweist darauf, dass bei der letzten Abstimmung im Jahr 2010 der Nein-Stimmen-Anteil bei 80 Prozent lag. «Wir kommen dem Ziel näher. Das zeigt auch, dass die Stimmbevölkerung den Handlungsbedarf erkennt», bilanziert sie.
Befürworter*innen hatten im Vorfeld argumentiert, dass es auch aus demokratiepolitischer Sicht sinnvoll sei, langjährigen Einwohner*innen mitbestimmen zu lassen. Denn im Kanton Basel-Stadt ist der Anteil Stimmberechtigter bei knapp über 50 Prozent. «Die Idee der Demokratie ist, dass Entscheide von möglichst vielen Menschen mitgetragen werden», sagte auch Politikwissenschaftlerin Eva Gschwind Anfang des Jahres zu Bajour. Und Gölgeli kommentierte: «Wenn die Stimmberechtigten ein kleines Stück ihrer Macht teilen, um zu verhindern, dass eine Minderheit über die Mehrheit bestimmt, gewinnt die Demokratie an Stärke.»
Offenbar haben diese Argumente zu wenig überzeugt. SVP-Grossrat Felix Wehrli hält gegenüber Bajour fest, was auch andere Gegner*innen der Vorlage immer wiederholten: Wer mitbestimmen will, kann sich einbürgern lassen. «Das wäre eigentlich der richtige Weg, sich zur Schweiz zu bekennen und alle Rechte und Pflichten zu übernehmen», sagt Wehrli.
Das letzte Wort scheint aber in Basel noch nicht gesprochen. Einerseits klingt Gölgeli alles andere als kapitulierend: «Ich würde sagen, man muss jetzt eine Legislatur abwarten und es dann sicher erneut aufgreifen. Ob es dann eine Initiative ist oder aus dem Parlament kommt, das weiss ich nicht. Aber ich glaube, man muss schon dranbleiben.»
In Position gebracht hat sich bereits vor dem Wahlsonntag ein Komitee aus den Reihen der FDP, das eine neue Initiative lancieren will. Wie FDP-Politiker Jafar Ghaffarnejad im Vorfeld zu Bajour sagte, soll dabei ein System nach dem Prinzip «Wahl- und Stimmrecht nach Antrag und Prüfung» vorgeschlagen werden.
Das heisst: Menschen, die eine Niederlassungsbewilligung haben, sollten nach fünf Jahren nicht einfach so die Möglichkeit bekommen, sich an Abstimmungen und Wahlen zu beteiligen, sondern dafür zunächst einen Antrag stellen und eine Prüfung bestehen müssen. «Es geht darum, dass man beweisen sollte, dass man integriert ist und genügend Sprachkenntnisse und konkretes Wissen über die Strukturen und Prozesse unserer Gesellschaft mitbringt, um eigenständige Entscheidungen treffen zu können», sagte Ghaffarnejad. «Mit einem C-Ausweis ist schliesslich nur sichergestellt, dass die entsprechende Person mindestens fünf Jahre in der Schweiz lebt und sich strafrechtlich nichts zuschulden hat kommen lassen, über die Integration sagt er nichts aus.»
Noch bevor die Stimmbevölkerung definitiv über das Ausländer*innenstimmrecht entschied, formierte sich ein Komitee, das eine neue Initiative zum Thema plant.
Vor der Abstimmung wollte Ghaffarnejad noch nichts Genaueres über die Zusammensetzung des Komitees sagen – und das bleibt auch heute Sonntag so. Er sagt lediglich: «Das Anliegen bleibt bei uns auf dem Tisch. Das Resultat zeigt, dass diese Vorlage für die Bevölkerung zu weit ging.»
Wann ein Initiativkomitee an die Öffentlichkeit tritt oder wer zu den Unterstützer*innen gehört, will Ghaffarnejad noch nicht verraten. Er betont aber, dass die Initiative eine Brücke zwischen der Integration und der Einbürgerung bauen solle. «Wir wollen eine Lösung anbieten, welche von der breiten Gesellschaft akzeptiert und getragen wird», sagt er.